0197 - Höllentanz der Riesen
senkten sich die fahlgelben Wolken tiefer herab, wie gewaltige lodernde Kerzenflammen. Die stahlblauen Farben in den Wolkenbanken erloschen. Düsteres Grau nahm ihre Stelle ein. Vor den Kameras der Außenübertragung wirbelte Ammoniakschnee vorüber.
Das Licht übermittelte den Beobachtern eine düstere Drohung.
Einmal sprang ein Dancer aus den Schwaden hervor, eine groteske Gestalt, die bald wieder vom Dunst verschluckt wurde. Das Wesen war über vier Meter groß gewesen und hatte über die doppelte Anzahl von Beinen verfügt wie alle anderen Dancers, die sie bisher gesehen hatten. Picot wurde den Gedanken nicht los, daß dort draußen irgend etwas Schreckliches vorging. Die aufgewühlte Atmosphäre schien ein Vorhang zu sein, der voller Barmherzigkeit ein Schauspiel verdeckte, was für menschliche Augen unerträglich gewesen wäre.
Die Wissenschaftler wurden unruhig und führten heftige Diskussionen miteinander.
Der Konsum an starkem Kaffee stieg sprunghaft an. Vier Stunden vor Anbruch der Dunkelheit beruhigte sich das Wetter. Die Sicht betrug fast hundert Meter. Auf dem Hang in der Nähe der LION torkelten einige riesenhaft wirkende Dancers herum. Wenn sie sprangen, verschwanden sie fast in den tief über dem Land dahinjagenden Gaswolken. Der Anblick ließ die Männer in der Kommandozentrale der LION erschauern.
„Nutzen wir die Chance", sagte Tschato ruhig. „Es kann sein, daß es auf Tage hinaus nicht mehr besser wird."
Picot schaute zur Borduhr hinauf. wEs ist schon ziemlich spät, Sir", wandte er ein.
„Wir werden uns beeilen", sagte Tschato. Damit wurde auch den Wissenschaftlern klar, daß der Kommandant durch nichts in seiner Entschlossenheit zu beirren war. Die gleichen Besatzungen, die bereits am ersten Erkundungsflug teilgenommen hatten, machten sich fertig für den Start.
Als die Shifts aus dem Hangar flogen, waren keine Dancers mehr auf dem Hang zu sehen. Picot mußte feststellen, daß der Sturm noch ungemein heftig war. Sobald der Shift aus dem Schutz der LION herausgeglitten war, packte ihn eine Bö und drohte ihn nach unten zu drücken. Captain Vertriggs Raupenpanzer schoß meterweit davon, bis ihn sein Pilot unter Kontrolle hatte. Picot sah den schwergepanzerten Shift Tschatos zwischen den Wolken untertauchen. Dann gelang es ihm, den eigenen Shift wieder nach oben zu treiben. Bereits auf der Höhe des Hanges verschwand die LION im Dunst. Für Picot war es, als sei eine letzte Verbindung zur Sicherheit durchgerissen. Es kostete Mühe, den Shift auf dem richtigen Kurs zu halten. Stellenweise konnte er sich nur nach den Kontrollen richten, denn die Welt um sie herum versank in einem Wirbel grauer Wolken. Schlagartig wurde dann die Sicht besser.
Picot konnte das Neo-Molkex sehen, das den Boden bedeckte. An verschiedenen Stellen war es aufgebrochen, und schmutzige Masse quoll darüber hinweg. Sie stießen auf eine Gruppe von Dancers. Jedes einzelne der Geschöpfe maß mindestens sechs Meter, aber nur die Beine waren gewachsen und hatten sich vervielfacht. Der Pfahlkörper besaß noch seine ursprüngliche Größe. Der Anblick war abstoßend und faszinierend zugleich. Die Dancers ähnelten gigantischen Spinnen, die einen lächerlich winzigen Körper mit unzähligen Beinen transportieren mußten. Wie Gespenster taumelten die Wesen davon.
„Sie scheinen immer größer zu werden", bemerkte Dawson mit rauher Stimme. nVielleicht waren das andere", meinte Picot. „So schnell kann kein Lebewesen wachsen." Seine Worte besaßen wenig Überzeugungskraft. Die Vorstellung, daß die Dancers immer weiter wachsen könnten, bis sie mit ihren Beinen alles niederstampfen konnten, lähmte Picots Entschlusskraft. Er faßte sich erst wieder, als Dawson einen Warnruf ausstieß und der Shift schräg nach unten abgetrieben wurde. Picot riß die Steuerung herum. Schwerfällig gehorchte der Shift. Picot blickte aus der Kanzel. Nur Tschatos Maschine war zu sehen.
„Sir!" rief er Tschato über Normalfunk. „Vertrigg scheint verschwunden zu sein. Captain Vertrigg, hören Sie mich?"
Nur von Tschato kam Antwort. „Er muß hinter uns sein, Dan", erklärte Tschato.
„Wir wurden nach unten gedrückt", berichtete Picot. „Dabei verloren wir ihn aus den Augen." Er schaltete den Masseanzeiger ein, der auf Mikrowellenbasis arbeitete. Die unzähligen Überlagerungen machten eine genaue Ortung jedoch unmöglich.
Noch einmal versuchte Dawson mit dem Funkgerät sein Glück.
Dann meldete sich wieder Tschato.
„Versuchen
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