02 Arthur und der Botschafter der Schatten
so lange gesteckt? Und wie seht ihr überhaupt aus?«
Wir sahen an uns herunter. Die alten Häuser und der Keller hatten ihre Spuren an unserer Kleidung hinterlassen. Staub, Schmutz und Reste von Spinnweben hingen an unseren Hemden und Hosen. Und mein Kopf pochte, als wolle er gleich explodieren.
»Alles in Ordnung«, beruhigte ich sie. »Haben Sie vielleicht etwas Kühles für meine Stirn?«
Nachdem ich mit einer eiskalten Wasserflasche versorgt war, die ich gegen meine Beule presste, erzählten wir in groben Zügen, was wir erlebt hatten.
Lidija regte sich fürchterlich auf. Was fiel uns nur ein, nachts in fremde Häuser einzubrechen? Und dann noch in die Meninski-Residenz? Das konnte doch nur das Werk dieses Burschen sein, der uns begleitet hatte! Sie hatte ja gleich gewusst, dass ihm nicht zu trauen war.
»Wo ist denn dieser Kerl überhaupt hin?«, fragte sie aufgebracht.
Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Nach Hause, nehme ich an, wo immer das auch sein mag.«
»Ich habe vorhin nichts gesagt, weil er dabei war. Aber ihr solltet wissen, dass der Pomet in den Komödien von Držić kein harmloser Geselle ist. Er ist nicht nur ein charmanter Narr, sondern zugleich ein Glücksritter und Spieler, der nach Macht und Reichtum strebt. Sein ganzes Leben sucht er nach Fortuna, der Glücksgöttin, um von ihr den Schlüssel zu seinem persönlichen Glück zu erhalten. Er ist schlau, er ist witzig, er hat den Überblick und auch eine gewisse Weisheit. Aber er ist auch egoistisch und daran interessiert, genau die Macht zu erlangen, welche die anderen besitzen. Ihr könnt sicher sein: Wer auch immer das ist, der euch da in der Verkleidung Pomets hilft, er verfolgt dabei zuerst seine eigenen Interessen.«
Ich wollte sie nicht darüber aufklären, dass Pomet meiner Meinung nach kein Imitator war. Das hätte sie sowieso nicht akzeptiert. Ich hatte ja selbst meine Probleme damit. Aber ich war ihr für den Hinweis auf seinen Charakter dankbar. Auch mir kam er nicht ganz astrein vor.
»Danke für den Tipp«, sagte ich. »Ich werde das im Hinterkopf behalten, wenn er wieder auftaucht.«
Larissa holte das Buch aus ihrer Tasche.
»Das Buch der Wege«, verkündete sie.
Lidija machte große Augen. »Darf ich?«, fragte sie, und als Larissa nickte, zog sie das Buch zu sich hin und schlug es in der Mitte auf. »Das ist Arabisch«, sagte sie.
Tatsächlich waren alle Seiten des Buches mit arabischen Schriftzeichen bedeckt. Das lateinische liber auf dem Titel war das einzige für uns lesbare Wort.
»Wissen wir sicher, dass es sich um das Buch der Wege handelt?«, fragte ich.
»Was soll es sonst sein?« Larissas Ton war gereizt.
»Keine Ahnung. Aber es steht nirgendwo was von Wegen drauf.«
»Glaubst du, du bist der Einzige, der die Bücher finden kann?« Ihr Ton war spitz. »Vielleicht fällt es dir schwer, das zu akzeptieren, aber auch andere verfügen über diese besondere Fähigkeit!«
»Hey, hey«, versuchte ich sie zu beruhigen und zählte innerlich bis zehn. »Ich ziehe deine Fähigkeiten nicht in Zweifel. Du hast das Buch gefunden, keine Frage. Ich würde nur gern wissen, ob es auch das richtige ist. Das ist schließlich auch in deinem Interesse.«
»Vielen Dank für deine Fürsorge. Dann kannst du ja nun beruhigt sein. Denn dies ist das Buch der Wege. Und jetzt will ich nicht mehr darüber reden.«
Sie nahm das Buch vom Tisch und packte es wieder in ihre Tasche. »Zeigst du mir mein Zimmer?«, fragte sie Lidija.
Die Antiquarin hatte unserer Auseinandersetzung wortlos zugehört. Man merkte ihr an, dass sie etwas sagen wollte, sich aber zurückhielt. »Natürlich. Folgt mir.«
Hinter der Tür, durch die sie immer verschwand, lag eine kleine Küche. Rechts führte eine Treppe nach oben. Wir stiegen in den zweiten Stock, wo sie uns zwei winzige Schlafzimmer zuwies. »Das Bad ist eine Etage tiefer«, sagte sie.
»Hast du was dagegen, wenn ich zuerst dusche?«, fragte mich Larissa.
Ich schüttelte den Kopf. »Geh nur.«
Lidija verabschiedete sich und zog sich in ihre Wohnung im ersten Stock zurück.
Ich warf mich in meinem Zimmer aufs Bett. Ich wusste nicht, warum, aber ich war überzeugt, dass sich Larissa mit dem Buch irrte. Vielleicht sollte ich den Bücherwurm einschalten? Der konnte sicher mehr dazu sagen. Zum Beispiel, ob das Buch der Wege tatsächlich in arabischer Sprache abgefasst war. Ich beschloss, ihm eine E-Mail zu schreiben.
Larissa war noch in der Dusche. Das Handy lag zum Glück auf dem
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