02 Arthur und der Botschafter der Schatten
Tisch ihres Zimmers. Ich nahm es an mich und kehrte in meinen Raum zurück.
Auf dem Bett liegend, rief ich das Mailprogramm auf. Ich war noch nicht ganz so geübt im Umgang mit dem Touchscreen, und so öffnete ich versehentlich den Ordner mit den gesendeten Mails. Ich wollte ihn gleich wieder schließen, als mir auffiel, dass Larissa in den letzten Tagen erstaunlich viele Mails an eine bestimmte Adresse geschickt hatte.
Ich warf einen verstohlenen Blick über die Schulter und öffnete eine der Mails.
Ich debattierte kurz mit mir, ob sich das, was ich vorhatte, gehörte. Üblicherweise lese ich weder die Tagebücher noch die Mails von anderen Leuten. Aber diesmal gewann meine Neugier die Oberhand.
Und was ich sah, ließ mir den Atem stocken.
In Windeseile öffnete ich alle Mails, die Larissa an besagte Adresse geschickt hatte. Die erste hatte sie verfasst, nachdem wir beschlossen hatten, nach Córdoba zu reisen. Die nachfolgenden Mails waren alle stets auf einen Zeitpunkt datiert, zu dem wir eine weitere wichtige Entdeckung bei unserer Suche gemacht hatten.
Erschüttert ließ ich das Handy sinken.
Larissa hatte jeden unserer Schritte verraten!
Sie hatte dem unbekannten Empfänger alles mitgeteilt, was wir herausgefunden hatten und wohin uns die nächste Phase unserer Suche führen würde. Leider war weder aus den Mails noch aus der Adresse ersichtlich, um wen es sich dabei handelte. Der Empfänger benutzte das Pseudonym catatonarium und ein Konto bei einem der großen Freemail-Anbieter.
Meine Nachricht an den Bücherwurm war vergessen. Ich musste wissen, was das zu bedeuten hatte! Bevor ich das Zimmer verließ, atmete ich zwanzig Mal tief durch. Aber selbst das reichte nicht aus, um meine Erregung wirklich zu dämpfen.
Larissa war aus der Dusche zurück und saß auf ihrem Bett, als ich eintrat. Sie trug frische Klamotten und trocknete sich gerade die Haare. Ich blieb einen Meter vor ihr stehen und hob das Handy in die Höhe.
»Willst du mir vielleicht mal erklären, wem du alle Schritte unserer Reise verraten hast?«
Sie ließ das Handtuch sinken und kniff ihre Augen zusammen. »Hast du geschnüffelt? Mal ein bisschen gucken, was und an wen die liebe Larissa so alles schreibt?«
»Ich wollte eine Mail an deinen Opa schreiben, und da ...«
»Da bist du ganz zufällig in den falschen Ordner geraten, ja?«
»Darum geht es doch gar nicht. Wen hast du die ganze Zeit informiert? Und warum? Meinst du nicht, ich habe ein Anrecht auf die Wahrheit? Schließlich stecke ich ebenso in der Sache drin wie du.«
Sie erhob sich und baute sich vor mir auf. »Du steckst ganz und gar nicht so drin wie ich. Oder geht es hier um deine Eltern?« Sie stupste mir mit dem Zeigefinger im Rhythmus ihrer Worte auf die Brust. »Es sind meine Eltern, und deshalb bin ich es, die die Entscheidungen trifft.«
»So war das aber nicht abgesprochen«, protestierte ich.
»Es war auch nicht abgesprochen, dass meine Eltern entführt und jahrelang gefangen gehalten werden!«
»Trotzdem will ich wissen, wem du diese Mails geschickt hast.«
Endlich nahm sie ihre Hand herunter. »Na schön. Das ändert jetzt auch nichts mehr. Für dich stehe ich ja bereits als Verräterin fest. Die Mails gingen an den Burschen im Park.«
»Den Schatten?«, rief ich. »Aber wieso?«
»Weil er mir das befohlen hat, wenn ich meine Eltern lebend wiedersehen will. Reicht das als Grund? Bei dem Brief meiner Eltern lag ein Zettel, auf dem diese Mailadresse und die Anweisung standen.«
»Und warum hast du mir nichts davon gesagt?«
»Ganz einfach: weil du bestimmt nicht damit einverstanden gewesen wärst. Außerdem ist es sowieso egal. Er bekommt doch das Buch der Wege.«
»Du willst es ihm also wirklich geben?«
»Meinst du, ich habe diesen ganzen Weg gemacht, um das Buch wieder irgendwo zu verstecken? Wofür hältst du mich?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das Buch kann in den Händen der Schatten großen Schaden anrichten, das weißt du.«
Larissa tigerte im Zimmer herum. »Ja, das weiß ich. Na und? Woher wissen wir das denn? Von irgendwelchen Gestalten, die verschwinden, sobald man sie braucht! Von Bewahrern, die vor Altersschwäche und Angst kaum laufen können! Sieh uns doch nur an! Wir reisen um die halbe Welt und rennen doch nur immer hinterher. Und wofür? Um ein paar alte Schwarten von einem Versteck ins nächste zu schleppen. Bücher, mit denen wir vielleicht unser Leben und das aller Menschen zum Besseren verändern könnten.«
»Aber
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