02 Arthur und der Botschafter der Schatten
einer Hand an meinem Kopf ab, der sich in ihren Bauch bohrte.
Das war alles sehr verwirrend für mich. Ich spürte Larissas Körperwärme und nahm den angenehmen Geruch ihrer Haut wahr. Bevor ich recht wusste, warum mir der Kopf so schwirrte, war sie bereits vom Eimer herabgesprungen und schob ihn einen halben Meter weiter. Sie schien diese körperliche Nähe völlig kalt zu lassen.
Als der letzte Draht gefallen war, zogen wir vorsichtig die Dämmfolie nach unten und lagerten sie in einer Ecke hinter der Tür. Zum Glück für uns bestand die Röhre nicht aus einem durchgehenden Stück, sondern war kurz vor der Wand mit einem weiteren Rohr zusammengesteckt. Ein umlaufender Metallring, dessen Spannung durch eine große Schraube reguliert wurde, presste die Verbindungsstelle zusammen. Larissa faltete ihr Mehrzweckwerkzeug zweimal hin und her und hielt dann einen Schraubenzieher in der Hand.
Diesmal brauchte ich sie nicht zu halten, denn die Schraube ließ sich überraschend einfach drehen. Kurz darauf reichte sie mir den abgenommenen Metallring entgegen.
Sie steckte den Leatherman in sein Etui am Gürtel zurück und stieg auf den Boden.
»Jetzt ist Kraft gefordert«, sagte sie. »Du musst versuchen, die beiden Rohre auseinanderzuziehen.«
Ich guckte skeptisch nach oben. Auch ohne den Druckring sahen die Röhren ziemlich fest miteinander verkantet aus. Trotzdem stieg ich ohne Widerrede auf den wackeligen Eimer. Diesmal war es Larissa, die meine Beine umfasste. Ich riss mich zusammen, um mich ganz auf meine Aufgabe zu konzentrieren.
Die Röhren waren ziemlich glatt und ich fand keinen richtigen Halt für meine Finger. Ich packte das längere Stück, so gut ich konnte, und ruckelte und zog daran. Zu meiner Erleichterung ließ es sich sofort ein paar Millimeter bewegen. Mit jedem Ruckeln schob es sich weiter hervor. Als ich schließlich das Gefühl hatte, es fehlten nur noch wenige Zentimeter, umfasste ich das längere Rohr, hob meine Beine vom Eimer und drückte sie gegen die Wand. Dann stieß ich mich mit aller Kraft ab. Einmal, zweimal, dreimal – und das Rohr rutschte komplett aus dem Stück in der Wand heraus. Ich hing plötzlich frei in der Luft und wollte gerade loslassen, als das Rohr kurz hinter mir mit einem gewaltigen Knarren abknickte und mich auf dem Boden absetzte.
Der Lärm, den das Abknicken des Rohres gemacht hatte, war gewiss auch in der Fabrikhalle zu hören gewesen. Eine halbe Minute standen Larissa und ich regungslos da. Aber niemand kam zur Tür, um nachzusehen, was wir hier drin veranstalteten.
»Gut«, sagte Larissa. »Dann sind sie wahrscheinlich abgehauen und haben uns hier allein gelassen. Denn jetzt wird es noch lauter.«
Das eine Röhrenstück ragte etwa zehn Zentimeter aus der Wand heraus. Larissas Plan war, es zur anderen Seite durchzuschlagen und dann durch die so entstandene Öffnung in den Nebenraum zu klettern. Aber das war weitaus leichter gesagt als getan.
Zunächst nahm ich den Eimer und schlug damit gegen das Rohr. Die Kante bog sich bei jedem Schlag weiter nach innen ein, aber die Röhre bewegte sich keinen Zentimeter in der von uns gewünschten Richtung. Nachdem ich fast ein Dutzend Mal dagegengehauen hatte, ließ ich den Eimer sinken.
»So kommen wir nicht weiter«, keuchte ich.
Larissa legte ihren Zeigefinger an die Lippen und überlegte. »Wir müssen anders vorgehen«, sagte sie. Sie ging zum Lumpenstapel in der Ecke und fischte zwei verdreckte Decken heraus, von denen sie mir eine hinhielt. Ich nahm sie mit spitzen Fingern entgegen. »Lass uns mal versuchen, an der Röhre zu drehen. Dadurch lockert sie sich vielleicht in der Wand und lässt sich dann leichter bewegen.«
Wir postierten uns rechts und links unter dem Rohrstück. Larissa legte ihre Decke um den Rand der beschädigten Röhre. »Damit wir uns an der scharfen Kante nicht die Hände aufreißen«, erklärte sie. Ich zögerte einen Moment. Eigentlich wollte ich dieses schmutzstarrende Stück Stoff nicht richtig anfassen. Wer weiß, was da für eklige kleine Tiere drin lebten.
»Worauf wartest du?« Larissa schien der Dreck nichts auszumachen.
Ich fügte mich in mein Schicksal und legte die Decke ebenfalls um das Rohrstück. Aus ihren Falten rieselten kleine Teilchen herunter und ich kniff schnell die Augen zusammen. Zum Glück lag mein T-Shirt eng an. So konnten keine Kneifer und Krabbler durch den Kragen hineinrutschen. Trotzdem begannen mein Kopf und Rücken sofort zu jucken.
»Sind wir endlich
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