02 Arthur und der Botschafter der Schatten
gingen die Mauer entlang, die das Gebäude eingrenzte.
Auf der Rückseite der Halle fanden wir tatsächlich eine Stahltür vor. Ich rüttelte daran. Sie bewegte sich ein kleines Stück, war also offenbar nicht verschlossen, sondern nur verklemmt. Das war die Gelegenheit für mich, Larissa zu zeigen, dass ich nicht nur ein nutzloser Herumsteher war.
Ich stemmte mich gegen die Wand und stieß mich mit aller Kraft ab, die Türklinke in den Händen. Erst bewegte sich die Tür nur um Millimeter. Dann flog sie plötzlich auf und ich landete unsanft auf dem harten Steinboden.
Larissa hatte mein Missgeschick gar nicht erst abgewartet, sondern war bereits zurückgelaufen, um die Koffer zu holen. Ich rappelte mich auf und hielt mir die schmerzende Hüfte. So viele blaue Flecken wie in der letzten Stunde hatte ich mir im ganzen letzten Jahr nicht zugezogen!
Vorsichtig humpelte ich zur Türöffnung und spähte auf die Straße. Außer ein paar geparkten Lkw-Anhängern war nichts zu entdecken. Dies schien ein reines Industriegebiet zu sein.
»Wohin jetzt? Links oder rechts?«, fragte ich Larissa, als sie mit den Koffern auftauchte. »Hier können wir wahrscheinlich erst mal endlos latschen, bis wir jemanden finden, der uns den Weg zum Bahnhof zeigt. Falls wir überhaupt auf eine Person treffen, die Deutsch oder Englisch spricht.«
Larissa sagte nichts. Stattdessen zog sie das Handy aus einer ihrer Taschen und hielt es hoch. »GPS lautet das Zauberwort.« Sie drückte ein paarmal auf dem Display herum und wartete. Wenige Sekunden später erschien eine Straßenkarte, in der unser Standort markiert war.
»Das sieht aus wie Google Maps«, bemerkte ich.
»Das ist Google Maps«, erwiderte sie. »Jetzt müssen wir nur noch sehen, ob der Bahnhof hier vielleicht in der Nähe ist.«
Sie zog Daumen und Zeigefinger auf der Glasfläche des Geräts auseinander und zoomte so aus der Karte heraus. Wir beugten uns über das Display.
»Da, das sieht so aus wie Gleise«, sagte ich und deutete auf eine kleine Linie.
Larissa zoomte mit einem weiteren Fingerschwung darauf ein. »Stimmt. Und da ist ein Bahnhof, wie man an dem blauen Eisenbahn-Icon erkennt.«
»Wie weit ist das von hier?«
Sie studierte die Karte. »Vielleicht zwanzig Minuten zu Fuß?«
»Dann nichts wie los! Du sagst den Weg an.«
Ich packte mir die beiden Koffer und marschierte hinter Larissa her, die uns mithilfe des Handys den Weg wies. Nach zehn Minuten wurden die Straßen bereits etwas belebter, und eine gute Viertelstunde später erreichten wir eine kleine Anhöhe, auf der ein mächtiges Gebäude thronte. In großen Lettern stand über dem Eingang Sevilla Santa Justa .
Den Namen kannte ich von meiner Reiseplanung. Mir fiel ein Stein vom Herzen. »Das ist der Bahnhof, von dem der Zug nach Córdoba fährt!«
Larissa blickte auf die Uhr. »Halb zehn. Hoffentlich geht noch einer um diese Zeit.«
In der lang gestreckten Bahnhofshalle herrschte noch jede Menge Betrieb, obwohl die meisten Läden bereits geschlossen hatten. Lediglich der Fahrkartenverkauf und das Bahnhofsrestaurant hatten noch geöffnet. Zum Glück für uns sprach der Mann hinter dem Schalter Englisch. Er händigte uns Fahrkarten aus, die eher wie die Bordkarten eines Flugzeugs aussahen. Wir hatten noch Zeit für eine Cola, dann machten wir uns auf zu unserem Zug. Die Bahnsteige lagen unter der Erde. An der Rolltreppe, die hinab zu den Gleisen führte, stand eine junge Frau in der Uniform der spanischen Bahngesellschaft Renfe und wollte unsere Fahrkarten sehen.
War diese Überprüfung schon ungewöhnlich, so wurden wir auf dem Bahnsteig noch mehr überrascht. Kurz hinter der Rolltreppe versperrte eine Sicherheitskontrolle den Weg. Wir mussten unsere Koffer und Umhängetaschen auf ein Laufband legen, das durch ein Röntgengerät lief. Auch unsere Fahrkarten wurden noch einmal kontrolliert und der gelochte Coupon abgerissen.
»Das ist ja wie auf dem Flughafen«, staunte Larissa.
» Sí «, nickte der Uniformierte, der den Zugang überwachte. » Como en el aeropuerto .« Dann fuhr er auf Englisch fort: »Wir hatten vor einigen Jahren einen furchtbaren Terroranschlag auf mehrere Züge in Madrid. Es gab viele Tote und Verletzte. Seitdem kontrollieren wir alle wichtigen Züge auf Sprengstoff.«
»¡ Gracias !« Ich bedankte mich für die Erklärung mit einem der wenigen spanischen Worte, die ich mir vor unserer Abreise eingeprägt hatte.
Wir gingen weiter. Mit der Fahrkarte hatten wir zugleich einen
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