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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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lebend rausgekommen seid«, sagte er. Er konnte also doch sprechen! Seine Stimme klang tief und weich. »Esteban wartet seit vielen Jahren wie eine Spinne im Netz auf seine Opfer. Und wer sich erst einmal in seiner Gewalt befindet, der hat kaum noch eine Chance.«
    »Dann waren das alles nur Halluzinationen?«
    Der Fremde nickte. »Esteban ist alt und kennt viele Geheimnisse. Er besitzt die Fähigkeit, Illusionen zu erzeugen. Im Laufe der Zeit ist er wahnsinnig geworden. Jetzt besteht sein Existenzzweck nur noch darin, Nichtsahnende in seine Falle zu locken.«
    Ich überlegte einen Moment. »Das muss ein mächtiges Mittel sein, wenn es in jedem von uns eine andere Wahnvorstellung hervorgerufen hat.«
    Der Maure nickte erneut. »Es war euer Glück, dass ich zufällig in der Nähe war und euch aus Estebans Gewalt befreien konnte.«
    Ich rappelte mich mühsam auf. Meine Beine fühlten sich noch ein wenig wie Pudding an und ich musste mich an der Kirchenwand abstützen.
    »Dann bin ich gar nicht durch die Glastür gesprungen?«
    »Auch das war eine Illusion. Du bist bewusstlos im Laden gelegen und deine Freundin kniete neben dir. Erst nachdem ich euch nach draußen gezogen hatte, war der Spuk vorbei.«
    »Aber die Tür war doch verschlossen!«
    Der Maure lächelte. »Ebenfalls eine Täuschung. Esteban hat seine Tür immer geöffnet, damit er nur kein Opfer verpasst.«
    Ich nahm meine Basecap ab, strich mir mit der Hand über den brummenden Schädel und nahm noch einen tiefen Zug aus der Wasserflasche. »Warum unternimmt niemand etwas gegen ihn?«
    »Weil keiner von seiner Existenz weiß – außer den Suchern und den Bewahrern. Für den Rest der Welt ist er unsichtbar und sein Laden nicht mehr als eine verfallende Ruine.«
    Ich sah den Mauren an. Nach unseren Erfahrungen in Amsterdam und Bologna vermutete ich, dass er nicht einfach nur ein arbeitsloser Müßiggänger war, der rein zufällig bei Montalbas Truppe herumhing und uns ebenfalls rein zufällig gerettet hatte. Jetzt fiel mir auch wieder der Mann ein, der uns bei der Ankunft vor dem Bahnhof von Córdoba beobachtet hatte. Ich war mir fast sicher, dass es der Maure gewesen war. Wahrscheinlich war er uns seitdem gefolgt. Zum Glück, wie ich einräumen musste.
    »Sie wissen eine ganze Menge. Sucher, Bewahrer – dann kennen Sie auch die Vergessenen Bücher?«
    Er schwieg einen Moment und seine dunklen Augen schienen weit in die Ferne zu schauen. Dann kehrte er zu meiner Frage zurück.
    »Du vermutest richtig. Ich studiere die Bücher und alles, was mit ihnen zu tun hat, schon seit langer Zeit.«
    Diese Antwort hatte ich erwartet. Ich warf Larissa einen vielsagenden Blick zu. Sie war von der Auskunft ebenfalls nicht besonders überrascht.
    Der Maure wechselte das Thema. »Wenn ihr erlaubt und euch wieder stark genug fühlt, zeige ich euch etwas von meiner Stadt«, sagte er.
    Ich machte ein paar vorsichtige Schritte. Langsam kehrten meine Kräfte zurück. Die Kratzer auf meinen Händen brannten zwar ein wenig, aber das war, neben meinen Kopfschmerzen und ein paar blauen Flecken, offenbar alles, was ich von unserem Abenteuer zurückbehalten hatte. »Sind Sie hier geboren?«, fragte ich.
    »Das nicht. Aber ich lebe schon ziemlich lange hier«, erwiderte er und lächelte.
    Das war dieselbe Art von vagen Aussagen, die ich bereits von Gerrit kannte. Für den Augenblick beschloss ich, ihn nicht weiter auszufragen. Dazu würde später noch genug Gelegenheit sein.
    Ich sah Larissa fragend an. Sie nickte. Mit einem einheimischen Führer würden wir vielleicht schneller auf das stoßen, wonach wir suchten. Auch wenn wir nicht wussten, was es war.
    Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel herab. Gleich um die Ecke war das kleine Geschäft, in dem Larissa das Wasser gekauft hatte. Wir versorgten uns mit neuem Vorrat. Dann setzten wir unseren Weg fort.
    Schon nach wenigen Schritten war ich wieder in Schweiß gebadet. Im Gegensatz zu uns schien unserem Begleiter die Hitze nichts auszumachen. Er musste meine Gedanken wohl erraten haben.
    »Wer die Temperaturen nicht gewohnt ist, braucht einige Zeit, um sich darauf einzustellen«, lachte er und ließ zwei Reihen schneeweißer Zähne sehen. »Wichtig ist, dass ihr euch langsamer bewegt als üblich.«
    Das war genau der richtige Ratschlag für die zappelige Larissa. Langsam war ein Begriff, der in ihrem Wortschatz schon im Alltag keinen Platz hatte, geschweige denn in einer Situation wie dieser.
    »Mir macht die Sonne nichts aus«,

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