02 Arthur und der Botschafter der Schatten
Quartier de Belsunce , dem arabischen Viertel der Stadt.«
Er rief einem Kellner, der ein langes, farbiges Hemd mit weißen Stickereien auf Kragen und Ärmeln trug, ein paar Worte zu, und kurz darauf kam dieser mit einem Silbertablett zurück, auf dem drei silberne Teekannen und drei kleine Gläser standen. In hohem Bogen goss er den Tee ein, ohne einen Tropfen zu verschütten.
Das Getränk schmeckte vorzüglich. Ich musste kurz an Esteban denken und an den merkwürdigen würzigen Tee, den er uns in seinem Wohnzimmer serviert hatte. Der Pfefferminztee hier hatte allerdings nichts mit seinem gefährlichen Gebräu gemein, sondern war einfach nur intensiv und belebend. Schweigend saßen wir da und ließen die Atmosphäre auf uns einwirken. An den Nachbartischen hockten ausschließlich Männer, die lautstark miteinander diskutierten, Tee tranken und Gebäck aus silbernen Schalen aßen.
Kokou riss mich aus meinen Gedanken. »Wir sollten so langsam zurück zum alten ’afen«, sagte er. »Dort können wir noch einen ’appen essen und dann müssen wir auch schon wieder aufs Schiff.«
Er bezahlte, ließ dem Kellner ein Trinkgeld auf dem Teller mit der Rechnung liegen und führte uns erneut hinein ins Labyrinth. Inzwischen war es fast völlig dunkel geworden. Die Häuser, an denen wir jetzt vorbeikamen, machten einen unwirtlichen Eindruck. Türen waren mit Brettern zugenagelt, Fenster mit rostigen Gittern verriegelt. Statt nach gutem Essen roch es nach altem Urin.
Vor uns hörten wir das Echo eines einsamen Paars hochhackiger Schuhe. Aus einem Durchgang rechts vor uns kam eine junge Frau. Im müden Licht der Straßenlaterne sah man, dass sie gut gekleidet war und so gar nicht in diese Ecke der Stadt passte. Sie erblickte uns, stutzte einen Moment und bog dann eilig vor uns auf die Treppe ein, sichtlich bemüht, möglichst viel Abstand zwischen sich und uns zu legen.
Die Treppe mündete am Ende in einen kleinen Platz. Die junge Frau war bereits nicht mehr zu sehen. Wir hatten den Platz fast erreicht, als wir laute Hilferufe hörten. Mit zwei gewaltigen Schritten war Kokou um die Ecke verschwunden. Wir folgten den Bruchteil einer Sekunde später.
Vor uns sahen wir zwei Männer, die die Frau in einen Wagen zerren wollten, dessen Türen offen standen. Ein dritter Mann lieferte sich ein Handgemenge mit Kokou. Einen Moment lang verharrten wir unentschlossen, dann stürzte sich Larissa auf die beiden Kerle, die an der Frau zerrten. Ich tat es ihr nach.
Larissa sprang einem der Männer von hinten um den Hals und klammerte sich fest. Der versuchte, sie abzuschütteln, und ließ dabei die Frau los. Ich trat dem anderen Mann in die Kniekehle, so wie ich es Karasamoff bei Torres hatte machen sehen. Mit einem Schmerzensschrei knickte er ein und zog sein Opfer mit sich herunter. Gleichzeitig holte er mit der Hand aus. Ich duckte mich zwar, aber er erwischte mich noch an der Stirn. Die Kraft seines Schlages war so groß, dass ich gegen den Wagen taumelte.
Kokou hatte seinen Gegner, der kleiner war als er, inzwischen niedergerungen und mit einem kräftigen Faustschlag außer Gefecht gesetzt. Larissas Widersacher hatte sie abgeschüttelt und stürzte sich auf den Koch. In seiner Hand blitzte ein Schnappmesser auf.
Kokou konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Das Messer fuhr ihm in den linken Oberarm. Er heulte vor Schmerz auf und wich zurück. Der Messermann setzte ihm nach. Kokou stolperte über einen losen Stein und fiel rücklings hin. Mit einem triumphierenden Grinsen näherte sich sein Gegner. Ich stieß mich vom Auto ab und warf mich einfach mit aller Kraft in seine Seite.
Der Mann fiel gegen die Hauswand, ging aber nicht in die Knie. Mit gefletschten Zähnen ging er auf mich los und hätte mir wahrscheinlich das Messer in den Leib gerammt, wenn Kokou ihm nicht die Beine weggeschlagen hätte. Der Messerschwinger stürzte in meine Richtung, und ich konnte gerade noch zur Seite springen, bevor er vor mir aufschlug. Das Messer fiel ihm beim Aufprall aus der Hand und rutschte unter das Auto.
Der dritte Mann hatte es mit Larissa und der Frau zu tun, die ihm einen erbitterten Kampf lieferten. Er stieß Larissa von sich und schob die Frau zum Auto hin. Sie beugte sich über seinen Arm und biss ihn kräftig ins Handgelenk. Der Kidnapper jaulte auf und ließ sie für einen Moment los. Das reichte ihr, um sich seinem Griff zu entwinden. Sie wollte davonlaufen, doch der Messerschwinger kniete bereits wieder und riss sie grob zu
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