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02 - Aus Liebe zu meiner Tochter

Titel: 02 - Aus Liebe zu meiner Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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bringen könne, rechtzeitig zu entscheiden. In zwei Jahren würde John sieben. In diesem Alter wird die Erziehung eines moslemischen Jungen automatisch dem Vater übertragen -oder, in diesem Fall, der Familie des Vaters. Außerdem war John seinen pakistanischen Ausweisen zufolge zehn Monate älter als in Wirklichkeit - einer von Riaz' cleveren Tricks. Wenn es Christys angeheirateten Verwandten gelänge, das Verfahren hinauszuzögern, würden sie am Ende siegen.
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    Es gab noch eine Alternative: jemanden anzuheuern, der die Jungen entführte. Christy wußte, daß Peshawar ein Zentrum des afghanischen Widerstands war und daß es dort genügend bewaffnete Männer gab, die nichts zu verlieren hatten. Sie wußte aber auch, daß es so gut wie unmöglich war, unbemerkt in das Dorf der Familie zu gelangen, und daß der kürzeste Weg zur Grenze durch gefährliches Bergland führte. Wenn die Entführung fehlschlug, wäre jeglicher Kontakt zu den Kindern unterbrochen. Schließlich beschloß sie, die Sache vor Gericht durchzufechten.
    Um ihren Status als Moslem zu bekräftigen, bekannte Christy sich in Gegenwart eines islamischen Geistlichen, der in der Nähe von Detroit lebte, zum Islam. »Ich glaube, daß es nur einen Gott gibt«, sagte sie feierlich auf englisch und anschließend auf arabisch. »Ich glaube, daß Mohammed von Gott gesandt wurde.« Während der Zeremonie war sie sich keiner Falschheit bewußt. Schließlich glaubte sie an Gott, und je mehr sie über Mohammeds Lehren las - insbesondere über seine Achtung vor Frauen und Kindern -, desto mehr war sie davon beeindruckt. Wenn Mohammed noch lebte, sagte der Geistliche, wäre er über das Verhalten von Christys angeheirateten Verwandten entsetzt.
    Auch in dieser Hinsicht konnte ich Christys Entscheidung nach vollziehen. Während meines Aufenthalts in Teheran hatte ich mich eingehend mit dem Islam beschäftigt. In meinem Fall war das aus Berechnung geschehen, denn ich wollte das Vertrauen Moodys und seiner Familie gewinnen. Wenn sie erst glaubten, ich hätte mich mit meinem Leben im Iran abgefunden, dachte ich, würden sie mir mehr Bewegungsfreiheit lassen -
    die Voraussetzung für jeden Fluchtplan. Als Moody mir Mahtab wegnahm, hatte ich das Bedürfnis zu beten, zu Gott, zu Jesus, zu Allah, zu jeder nur erdenklichen Quelle der Hilfe und des Beistands, wo immer sie auch sein mochte. Ich durfte keine Möglichkeit ausschließen.
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    Je besser ich Christy kennenlernte, desto mehr mochte ich sie. In einigen mir bekannten Fällen war ich nicht sicher, ob der zurückgelassene Elternteil das entführte Kind tatsächlich besser betreuen konnte. Die elterliche Entführung ist immer eine schmerzliche Sache und muß grundsätzlich verhindert werden, aber es gab Beispiele, wo ich mich fragte, ob die Alternative wirklich viel besser war. In Christys Fall hatte ich keine solchen Bedenken. Ihr Fall weckte sofort mein Interesse. Zum einen war Christy außerordentlich sympathisch, warmherzig, aufrichtig und ein mütterlicher Typ. Zum anderen machte der Tod von Christys Mann deutlich, in welch furchtbare Lage zurückbleibende Ehepartner und ihre Kinder geraten können. Ich erinnerte mich, wie ich Moody im Iran einmal den Tod gewünscht, wie ich mir sogar vorgestellt hatte, ihn im dichten Verkehr Teherans vor ein Auto zu stoßen. Wie andere in meiner Situation hatte ich angenommen, daß Mahtab und ich dann nach Hause fahren könnten, daß mit Moodys Tod unsere Gefangenschaft ein Ende haben werde.
    Aber da irrte ich mich. Zu meinem Entsetzen mußte ich erfahren, daß meine Tochter und ich nach Moodys Tod Eigentum seiner Familie gewesen wären! Vielleicht hätten mir seine Verwandten erlaubt, das Land zu verlassen, oder, noch schlimmer, sie hätten darauf bestanden, daß ich ging, aber ich war überzeugt, daß sie Mahtab nie hätten ausreisen lassen. Sie hätten sie dabehalten, sei es aus Stolz oder aus Bosheit, oder weil sie überzeugt waren, daß das Leben im Iran besser sei als das im verhaßten Amerika.
    Ich war immer wieder beeindruckt von Christys Einsatz für die Kinder und der Tiefe ihres Gefühls. Sie versicherte sich nicht nur der Hilfe der Religion, sondern bat alle ihre Bekannten, an die pakistanische Botschaft in Washington zu schreiben. Noch ehe sie alle erreicht hatte, wurde die Botschaft mit Hunderten von Briefen und Bittschriften überschwemmt. Die dortigen Beamten teilten ihr zwar mit, über ihren Sorgerechtsfall könne nicht außerhalb Peshawars verhandelt werden,

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