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02 - Beiss mich, wenn du kannst

02 - Beiss mich, wenn du kannst

Titel: 02 - Beiss mich, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly Raye
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langsam taten mir die Muskeln weh. Auch wenn ich nicht nach draußen schauen konnte, weil wir uns in einem sicheren, fensterlosen Raum befanden, fühlte ich doch, wie die Sonne auf den Horizont zukroch. Meine Kräfte ließen nach, meine Lider senkten sich, und ich bettelte innerlich darum, dass sich Jack verdammt noch mal beeilen sollte.
    „Du siehst beschissen aus", sagte er, als er endlich kostbare fünfzehn Minuten vor Sonnenaufgang in den Raum spaziert kam.
    Okay, ich wusste, dass ich mit Gewissheit keinen Miss-Vampir-Wettbewerb gewinnen würde, aber so schlecht sah ich nun auch wieder nicht aus. „Oh, danke schön. Ich hab dich auch lieb." Ich öffnete den dicken Umschlag, den er mir überreichte.
    „Ich habe vier Automaten um ihre Bargeldbestände erleichtert. Ich hoffe, das ist genug."
    „Das ist sogar mehr als genug." Ich sah ihm in die Augen. „Dafür schulde ich dir was."
    „Vergiss es." Er kniff die Augen zusammen, während er mich musterte. „Du solltest dich wirklich lieber mal hinlegen."
    „Das werd ich auch, sobald ich einen sicheren Ort gefunden habe." Ich warf einen raschen Blick auf die Wanduhr. Noch dreizehn Minuten.
    Ohgottohgottohgott! Dann stopfte ich den Umschlag in die Tasche. „Ich muss gehen."
    „Das schaffst du nie." Mandy schloss eine der Laden mit einem lauten Klank.
    „Ein paar Blocks von hier habe ich ein kleines Hotel gesehen."
    „Da waren Mandy und ich auch schon mal", sagte Jack, „um, na ja, du weißt schon, und wir haben allein an der Anmeldung ganze fünfzehn Minuten gebraucht."
    So was wollte ich im Augenblick wirklich nicht hören. „Ich werd's schon irgendwie schaffen", erwiderte ich. Er schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern. „Ich muss es einfach schaffen."
    „Nicht unbedingt." Mandy und er tauschten Blicke aus, und dann begriff ich mit einem Mal. Es traf mich wie ein Faustschlag in den Magen.
    „Ich weiß, woran ihr denkt, aber das könnt ihr vergessen", sagte ich ihm. Er sprach es dennoch aus. „Du könntest hier pennen." Igittigitt.
    Er lächelte, als er meine entsetzte Miene sah. „Mensch, du stellst dich aber wirklich an."
    „Und ob ich mich anstelle. Wir befinden uns in einem Raum voller toter Menschen. Nichts für ungut", fügte ich an Mandy gewandt hinzu.
    „Schwesterchen, du bist ein Vampir!" Er ging zu einer der großen Schubladen hinüber und zog am Griff. Sie glitt hinaus, und zum Vorschein kam eine leere Bahre, die aus einem Tisch aus rostfreiem Stahl bestand, der die Länge eines Menschen hatte. „Du wirst es überleben."
    „Ich bin ein gebürtiger Vampir. Und das heißt, ich bin noch nie gestorben."
    „Nach den Maßstäben der Gesellschaft bist du trotzdem tot." „Darum geht 's hier doch gar nicht." „Und worum sonst?" „Sie sind tot."
    „Das bist du auch bald, wenn du keinen Platz findest, wo du heute pennen kannst. Jetzt stell dich nicht so an. Ich hab's auch schon gemacht." Er starrte Mandy bewundernd an, die gerade ein paar saubere Laken aus einem großen Regal auf der anderen Seite des Raums holte.
    Ich weiß. Mein Bruder. Starrt eine Frau an.
    „Du wirst mir langsam wirklich unheimlich", sagte ich.
    „Daran ist aber nichts Unheimliches. Es ist einfach nur ein Sarg auf Gleitschienen. In so was hat unsere Art jahrelang geschlafen. Ach was, Dad tut's ja heute noch."
    „Dad ist ein Exzentriker - und ich rede auch nicht von dieser Schublade. Ich meine Mandy und dich." Ich senkte die Stimme und blickte kurz zu Mandy rüber. Sie schien nichts von unserer Unterhaltung mitbekommen zu haben.
    Gerade faltete sie in aller Seelenruhe ein Laken, das von einem der Stapel heruntergefallen war. „Denk doch mal drüber nach, Jack. Früher hast du dich in Bettwäsche aus feinster ägyptischer Baumwolle gekuschelt, und jetzt kriechst du in eine Schublade im Leichenschauhaus. Wegen einer Frau." Einer menschlichen Frau, fügte ich im Stillen hinzu.
    Er lächelte. „Mandy ist noch in der Ausbildung."
    „Und?"
    „Und darum arbeitet sie fast rund um die Uhr, was eine Beziehung nicht gerade erleichtert. Also haben wir einen Weg gefunden, damit fertig zu werden. Wenn ich während ihrer Schicht hier übernachte, dann kann sie mir einen Gute-Nacht-Kuss und einen Guten-Morgen-Kuss geben, und ich muss meine Zeit nicht erst damit vergeuden, nach Hause zu gehen."
    „Du wohnst doch nur zehn Minuten von hier."
    „Zehn Minuten ohne Mandy sind zehn Minuten zu viel."
    Okay, also jetzt jagte er mir wirklich Angst ein.
    Ich befühlte seine Stirn.

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