02 - Beiss mich, wenn du kannst
Kriegsveteranen", sagte er schließlich und wies mit der Pfeife nach rechts.
„Gleich hier die Straße hoch. Die veranstalten morgen Abend ein Spaghetti-Essen. Da werden sicher alle möglichen Männer rumlaufen - und alleinstehend sind die meisten von denen auch noch. Ich weiß ganz bestimmt, dass Howard Eisenbacher da sein wird. Der is ne verdammt gute Partie. Hat seine bessere Hälfte vor ungefähr zwanzig Jahren verloren und lebt seitdem von der Lebensversicherung. Seine Pension bringt er auf die Bank, da dürfte inzwischen ein ganz schönes Sümmchen zusammengekommen sein."
„Das klingt wirklich toll, aber eigentlich suche ich nach jemandem, der ein paar Jahre jünger ist."
Er schüttelte den Kopf. „Da kann ich Ihnen nicht helfen. Die meisten Leute hier sind Rentner, genau wie die vom Veteranenclub. Abgesehen von meinem Neffen. Lloyd ist allerdings ein gutes Stück jünger als der Rest von uns."
„Wirklich?" Ich lächelte. „Kann er mit einem Hammer umgehen?"
„Der Junge ist schon mit einem Hammer in der Hand auf die Welt gekommen. Es gibt kein Auto, das er nicht reparieren kann, keinen Baum, den er nicht fällen kann. Also, ich und Ernest hier, ohne ihn wären wir glatt verloren. Er hilft uns auch im Laden."
„Heute?"
„Er ist tatsächlich gerade hinten." Er grinste. „Würden Sie ihn gerne kennenlernen?"
„Machen Sie Witze? Ich möchte ihn schrecklich gerne kennenlernen." Einer erledigt, fehlten noch sieben. „Er hat nicht zufällig rote Haare?"
„Doch, die hat er tatsächlich."
Vielleicht ging doch noch nicht alles den Bach runter.
Ich lächelte und wartete, während Ernest Lloyd holen ging.
Ich starrte den Mann an, der jetzt aus den Tiefen des altmodischen Gemischtwarenladens auftauchte.
Er war gut eins achtzig groß, mit breiten Schultern und Beinen wie Baumstämme. Er trug ein rotes Flanellhemd, Jeans und Wanderstiefel. In der einen Hand hatte er eine Axt, in der anderen ein Bündel Feuerholz. Er roch nach frisch geschlagenem Holz und Tannenzapfen. Ein Mann wie aus dem Bilderbuch.
Ein haariger Mann wie aus dem Bilderbuch.
Ich starrte auf die leuchtend roten Haare, die büschelweise aus dem Ausschnitt seines Hemdes ragten. Noch mehr Haare auf dem Rücken seiner fleischigen Hände. Ein dichter Schnurrbart und Bart umrahmten seinen Mund und verdeckten den Großteil seines Gesichts. Aus seinen Ohren spross leuchtend roter Flaum.
Er hatte überall Haare, nur nicht da, wo sie hingehörten.
Sein Kopf glänzte wie eine Billardkugel, und mein Herz setzte vor Enttäuschung kurz aus.
Ich war so was von erledigt.
„Das hier ist mein Neffe, Lloyd", sagte Morty. „Lloyd, diese kleine Lady wollte dich unbedingt kennenlernen. Sie sucht nach einem alleinstehenden Mann, der kein alter Knacker ist - wie wir."
„Wirklich?" Hoffnung leuchtete in Lloyds blassgrünen Augen auf. Eigentlich richtig nette Augen, wenn man erst mal den Anblick dieser Mischung aus Meister Proper und Yeti verkraftet hatte.
Ich sah ihm in die Augen - und schon wusste ich alles über ihn.
Lloyd Herbert Price. Vierundvierzig. Einzelkind. Eltern verstorben. War noch nie verheiratet. Süchtig nach dem Discovery Channel. War noch nie verheiratet. Ging gern angeln und jagen und zog in seiner Blockhütte sein eigenes Tierleichen-Ding durch. War noch nie verheiratet. Tagsüber arbeitete er für seinen Onkel und abends stopfte er Tiere aus.
Und hatte ich auch schon erwähnt, dass er noch nie verheiratet war?
Das lag natürlich nicht daran, dass er sich nicht bemüht hätte. Er hatte einfach nie die richtige Frau gefunden, die seine Interessen teilte und der es nichts ausmachte, dass er auf dem Bücken genauso viele Haare hatte wie auf der Brust.
Puuh. So genau wollte ich es gar nicht wissen.
Ich konzentrierte mich auf die Hoffnung in seinem Blick und lächelte ihn strahlend an.
„Ich bin Lil Marchette. Das heißt", ich räusperte mich, während mir mein panisches Gehirn einige wichtige Dinge in Erinnerung rief - auf der Flucht, wegen Mordes gesucht, unauffällig verhalten -, „das heißt, ich arbeite für Lil Marchette. Eine wunderbare Frau. Eine Göttin unter den modisch Gutgekleideten. Jedenfalls, mein Name ist Evie, und ich arbeite bei Dead End Dating, einer fabelhaften neuen Partnervermittlung in der Stadt." Mein Lächeln wurde noch intensiver. „Und es wäre mir eine Ehre, wenn ich Ihnen helfen könnte."
„Danke, aber wir brauchen keinen Partner, so groß ist der Laden nun auch wieder nicht", meldete sich Morty
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