02 - Die Gefangene des Wikingers
verstehen. Auch in hundert Jahren würde sie ihn nicht verstehen.
Grendal kümmerte sich wieder um sie. Nachdem sie angekleidet war und gefrühstückt hatte, fragte sie sich, ob sie hinuntergehen sollte, oder ob Eric sie holen würde.
Vermutlich würde er sie nicht holen.
Am Nachmittag klopfte es an ihrer Tür. Die Nonne, die sie in der ersten Nacht am Bett des Ard-ri gesehen hatte, trat lächelnd ein. »Ich bin Bede, Erins Schwester«, stellte sie sich vor, nahm Rhiannons Hände und küsste sie herzlich auf die
Wange. »Die Zeiten sind so schwer für uns! Sonst sind wir immer sehr herzlich und heißen jeden Willkommen, und wenn du ihn gekannt hättest, hättest du meinen Vater ebenso innig geliebt!«
»Ich bin sicher, dass ich das getan hätte«, erwiderte Rhiannon höflich.
»Du hast dich Vater gegenüber sehr freundlich verhalten. «
»Habe ich das?«
»Das hast du«, klang eine Stimme an der offenen Türe.
Erin von Dubhlain stand da, blickte ihre Schwester an und
lächelte dann Rhiannon entschuldigend zu. »Du musst schrecklich erschrocken sein, als Vater dich so packte. «
»Ich…« Sie schwieg und beschloss, dass es besser wäre, nichts mehr zu sagen! Euer Vater hat meine Gedanken gelesen und in mein Herz geblickt! wollte sie ausrufen, aber sie tat es nicht und war froh darüber, denn Erin fuhr schnell fort:
»Weißt du, er hielt dich für mich. «
»Ich verstehe nicht, Mylady?«
Bede lachte leise, und Erin warf ihr ein liebevolles Lächeln zu. >ja, jetzt kann sie lachen! Aber diese meine nette, heilige Schwester hat sich einst mit Vater verschworen!«
»Ich habe mich nicht verschworen!« protestierte Bede.
» Hmmpf !« meinte Erin. »Weißt du, sie haben mich mit einem Trick in eine Ehe gezwungen. Eher hätte ich einen Gnom oder einen Zwerg oder einen großen hässlichen Bären genommen, als einen Wikinger«, erklärte Erin. »Aber weißt du, es herrschte Krieg - ein schrecklicher, grauenvoller Krieg -, und Vater und Olaf schlossen Frieden, und ich war der Unterpfand für diesen Frieden. «
»Oh!« rief Rhiannon aus. »Aber Ihr scheint jetzt so … « Erin lächelte erfreut nahm Rhiannons Hand und ließ sie am Fußende des Bettes niedersetzen. »Keine Frau ist jemals durch eine Ehe - oder durch einen Mann - derartig glücklich gemacht worden. Die ganzen Jahre waren für mich beglückend, auch wenn sie gar nicht gut angefangen haben. «
»Weißt du, es war schlimm«, informierte Bede Rhiannon, »Erin und Olaf haben sich nämlich gekannt. Erin lief überall mit einer goldenen Rüstung herum, und sie hat gegen ihren eigenen Ehemann gekämpft.«
»Bede!«
»In ihr steckt viel von ihrem Vater«, sagte Bede liebevoll. »Rhiannon, ich danke dir noch mal aus ganzem Herzen für das, was du zu meinem Vater gesagt hast. «
»Bitte, dankt mir nicht. Ich - es tut mir ja so leid, dass er gestorben ist. «
Erin stand auf und wanderte nervös im Zimmer auf und ab. »Und jetzt, wo er gestorben ist planen die ganzen Männer, die ihm in der Halle unten die letzte Ehre erwiesen haben, einen Krieg gegen meinen Bruder!«
»Ich verstehe nicht«, sagte Rhiannon. »Warum sollten sie das tun?«
Erin schüttelte den Kopf. »Ich weiß es auch nicht. Ich habe es niemals verstanden. Als ich ein Kind war, gab es unter den Königen ständig Krieg. Dann kamen die hinlangen, und Vater vermittelte ihnen allen einen Friedensvertrag. Und jetzt… jetzt kämpfen sie wieder. Gott helfe Niall!« Sie drehte sich um. »Hast du alles, was du brauchst? Ist dein ganzes Gepäck vom Schiff schon gebracht worden?«
»Ja, Mylady, es ist gebracht worden. Danke. «
»Mylady?« Sie lächelte strahlend, ihre grünen Augen leuchteten, und wieder dachte Rhiannon, dass Erin eine unglaublich schöne Frau sei. »Ich bin deine Schwiegermutter. Du musst nicht so formell sein. Außer, dass du mich jetzt entschuldigen musst weil ich mich um so viel kümmern muss. « Sie ging auf die Tür zu, blieb dann stehen und blickte zurück. »Bede, kümmere dich doch bitte darum, dass Rhiannon die Familie kennenlernt. Der gestrige Tag war sehr schwierig, aber heute… wir müssen weiterleben. « Sie wollte gehen, kam dann aber wieder zurück und lächelte Rhiannon an. »Ich bin so glücklich, dass Eric dich gefunden hat. Er war immer sehr unstet, reiste als Wikinger in die entferntesten Länder, und deshalb bin ich ziemlich überrascht dass er an König Alfreds Hof eine junge, wunderschöne, christliche
Frau gefunden hat. Du kannst dich darauf verlassen,
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