02 - Die Gefangene des Wikingers
Gott«, flüsterte Alfred. Dann lief er auf sie zu. Sie brachte ihr Pferd zum Stehen und mit einem neuerlichen Tränenschwall aus Erschöpfung sank sie in seine Arme.
Er hielt sie fest, strich ihr sanft das Haar aus dem Gesicht hob sie hoch und dabei raste sein Herz voller Erleichterung. Sturm dankte er seinem Gott für ihre Rückkehr.
Er wusste nicht warum er sie so sehr liebte - wie eines seiner eigenen Kinder. Vielleicht lag es daran, dass er einst ihre Mutter geliebt und bewundert hätte. Vielleicht lag es daran, dass er ihr Pate war, der sie bei der Taufe gehalten hatte. Er wusste nicht warum, aber er liebte sie wie sein eigen Fleisch und Blut und er hielt sie zärtlich in den Armen. Sie war ziemlich groß für eine Frau, aber so zart und schwerelos wie eine Feder. Sie war einfach zu tragen. Er vergaß Allen, eilte zum Haus und rief nach seiner Frau.
Rhiannon schmiegte sich eng an ihn, vertrauensvoll wie ein Kind. Ihre so unglaublichen blauen Augen blickten ihn an.
»Dänen griffen uns an, Mylord. Drachenschiffe. Sie segelten an unsere Küste und metzelten uns nieder. «
Ihre Augen schlossen sich. Ihr war kalt, sie war erschöpft und völlig durchnässt.
Plötzlich durchfuhr Alfred unbändige Wut über die unsinnige Verschwendung von Menschenleben. Er blickte auf sie nieder und schüttelte den Kopf. »Das waren keine Dänen. «
Sie starrte ihn an. »Mylord, mein Cousin! Ich war da! Sie überfielen uns wie hungrige Wölfe, sie … «
»Dir wurde eine Botschaft übersandt, Rhiannon. Ich bat in Übersee um Hilfe. Bei dem irischen Prinzen von Dubhlain, einem Mann, der die Dänen genauso heftig hasst wie wir. «
Sie schüttelte den Kopf. Er verstand nicht.
»Ich sah keine Iren!« versicherte Rhiannon dem König. Sie biss die Zähne fest zusammen. Sie konnte den Wikinger, der sie fast getötet hatte, nicht vergessen - goldblond und genauso winterkalt wie sein Heimatland. »Drachenschiffe kamen!« flüsterte sie. Sie konnte Alfred von ihrem Zusammentreffen mit diesem Mann nichts erzählen. Er wäre sehr wütend, dass sie nicht sofort geflohen war.
»Die Schiffbauer des Prinzen sind vermutlich Normannen, Rhiannon, genauso wie viele seiner Männer. «
Wieder schüttelte sie den Kopf. Sie war so müde, und sie konnte dem König offensichtlich die Gefahr, in der er schwebte, nicht klar machen. »Mylord, vielleicht bin ich nicht ganz klar im Kopf, vielleicht drücke ich mich unverständlich aus … «
»Nein!« unterbrach er sie streng. Sein Zorn stieg. Er fühlte sich krank bei dem Gedanken an die, die unnötig gelitten hatten, und fürchtete, dass ihn der Verrat vielleicht den Beistand des irischen Prinzen gekostet hatte, jetzt, wo er ihn am nötigsten brauchte. Er drückte Rhiannon sanft an sich. Er machte ihr keinen Vorwurf, aber er zitterte vor Ärger. »Nein, du drückst dich sehr klar aus, aber du verstehst meine Worte nicht! Ich bin verraten worden! Du hast deine Leute den Mann angreifen lassen, den ich um einen Freundschaftsdienst gebeten habe. Du hast deine Hand gegen mich erhoben.«
Rhiannon keuchte entsetzt: »Ich würde dich nie verraten, Alfred! Wie kannst du mich dessen verdächtigen? Ich habe gegen den Feind gekämpft! Wir haben den Feind immer bekämpft!«
»Ich klage dich nicht an, aber ich sage dir, dass du den Mann hättest willkommen heißen sollen. Stattdessen hast du ihn angegriffen. «
»Ich schwöre dir, dass ich davon nichts wusste!«
Er liebte sie; aber plötzlich konnte er ihr nicht ins Gesicht blicken. Er durfte einfach die Truppen nicht verlieren, die er jetzt so nötig brauchte. Der Sieg war so nahe; er schmeckte ihn schon süß auf der Zunge. Er könnte es nicht ertragen, wenn er ihm entrissen würde. Er brauchte den Prinz von Irland und wenn der irische Prinz die Bestrafung der Verantwortlichen verlangte, musste er vermutlich gezwungenermaßen den Preis dafür bezahlen.
Er erhob seine Stimme, als er das Haupthaus betrat. Er trug Rhiannon vor das Feuer und legte sie dort nieder. »Alswitha!« rief er nach seinem Weib, und schon kam sie, auf dem Arm seine jüngste Tochter Althrife. Schnell setzte sie das Kind ab, warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und umarmte Rhiannon zur Begrüßung. »Was ist mit ihr passiert?« fragte sie, entsetzt über Rhiannons abgerissenes Aussehen.
Alfred konnte den Zorn, der ihn ergriffen hatte, nicht verhehlen. »Irgend jemand aus ihrem Haus beschloss, den Befehl des Königs nicht auszuführen; das ist passiert.«
»Nein, das kann nicht wahr
Weitere Kostenlose Bücher