02 - Die Nacht der D?monen
Aubrey mit jedem Zoll dem dunklen, verführerischen Vampir des berühmten Mythos.
»Du gehst schon wieder?«, fragte er und warf einen kurzen Blick über die Schulter nach Neuchaos.
Jessica dachte an Fala. »Ich wäre gerne länger geblieben, aber die Drohungen waren nicht besonders ermutigend.« Ihr Tonfall war trotz ihrer wahren Worte unbeschwert. Sie hatte schon immer Sarkasmus und Scherze der Angst und dem Flehen vorgezogen.
»Viele verlangen nach deinem Blut«, antwortete Aubrey ernst, »aber tatsächlich würden es nur sehr wenige meiner Artgenossen wagen, dich zu töten.«
Sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten, als er diese Worte sagte, aber da war etwas, dicht unter der Oberfläche – eine Nuance, die sie nicht verstand.
Allerdings wusste sie, dass es gefährlich war, einem Vampir direkt in die Augen zu sehen, und so versuchte sie nicht, die Wahrheit in seinen Augen zu finden, wie sie es sonst getan hätte.
Stattdessen trat sie angriffslustig einen Schritt vor. Sie war dieses Ratespiel Leid.
»Ich nehme mal an, dass du zu diesen wenigen gehörst«, sagte sie, aber irgendwie klangen ihre Worte falsch.
Aubreys Stimme war weich, als er antwortete. »Ich bin einer der Gründe, warum sie es nicht wagen würden. «
»Und warum?«, fragte sie und kam noch näher.
Er antwortete nicht, sondern musterte sie nur mit beunruhigend intensivem Blick.
»Ich mag es nicht, wenn man mit mir spielt, Aubrey«, verkündete Jessica. Sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen und sich zu konzentrieren. »Wenn du vorhast, mich umzubringen, oder wenn es sonst jemand beabsichtigt, dann tut es. Ich habe Besseres zu tun, als darauf zu warten. «
Aubrey wirkte leicht amüsiert, aber gleichzeitig konnte sie sehen, dass er sich in die Defensive gedrängt fühlte. Er war es nicht gewöhnt, dass ein Mensch so kühn mit ihm redete. Aber er hob eine Augenbraue und bedeutete ihr weiterzusprechen.
Sie antwortete, indem sie ihm eine Ohrfeige gab, hart genug, dass sein Kopf zur Seite flog und ihre Handfläche schmerzte.
Das hatte sie nicht geplant. Zu lange hatten Ungeduld, Wut und Verwirrung ihr Leben beherrscht und diese Begegnung war einfach zu viel gewesen.
Sie hatte sich gewünscht, dass er sie ernst nehmen würde, und das hatte sie nun erreicht. In seinen Zügen spiegelte sich statt leiser Belustigung pures Entsetzen. Jessica wusste, dass er die meisten Menschen aus weitaus geringerem Anlass töten würde, aber im Moment war sie zu aufgewühlt, um sich zu fürchten.
19
AUBREYS ERREGUNG WAR nicht weniger stark als Jessicas. Noch nie im Leben hatte ihn ein Mensch derart überrascht. Und obwohl sie gerade etwas schockierend Tollkühnes getan hatte, war ihr Gesichtsausdruck ohne die geringste Spur von Angst.
Sie stand noch immer ganz dicht vor ihm. Ihre ebenholzfarbenen Haare fielen wie ein Wasserfall in der Schwärze der Nacht über ihre Schultern.
»Also? Was habt ihr Vampire mit mir vor?«, fragte sie energisch. »Warum bin ich noch nicht tot?«
»Darüber sind sich wohl noch nicht alle einig«, antwortete er und versuchte, seine Stimme unbeschwert klingen zu lassen.
»Du bist der Einzige hier. Was hält dich ab?« Sie forderte ihn heraus, erwiderte seinen Blick ohne das geringste Zögern.
Sie stand vor ihm, die Arme über der Brust verschränkt, den Kopf hoch erhoben, als würde sie auf ihn hinunterblicken, das schwarze Haar aus dem Gesicht geschüttelt, die grünen Augen stark und herausfordernd. Ihre selbstbewusste Haltung glich der eines Raubtiers.
Zum Raubtier musste man geboren sein. Selbst einige der Vampire verhielten sich wie Beute. Jessica hingegen benahm sich, als hätte sie vor nichts Angst.
»Also?«, wiederholte sie und beugte sich vor. Sie kam ihm bewusst zu nahe, um eine Reaktion zu erzwingen.
»Was willst du von mir?«, fragte Aubrey schließlich. Ihr Geist war einen Moment lang ein weißes Blatt für ihn. Trotz all der Jahre, in denen gelernt hatte, jede Situation zu manipulieren, hatte er keine Ahnung, was sie von ihm erwartete.
»Ich weiß genauso viel über Vampire wie du«, sagte Jessica. »Vielleicht sogar mehr. Ich habe es alles aufgeschrieben und anderen Menschen die Möglichkeit gegeben, es zu lesen. Ich habe ihnen sogar von dem einzigen Kampf erzählt, den du in deinem Leben bisher verloren hast. Und ich werde nicht aufhören zu schreiben, ganz egal, wie oft deine Artgenossen
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