02 - Geheimagent Lennets erster Auftrag
persönliche Bitten anschließen... Töchter verstehen sich sehr gut auf so etwas!«
Silvia dachte ein Weilchen nach. - »Sie verlangen also, daß ich Ihnen dabei helfen soll, Papa sozusagen gefangenzusetzen?«
»Im Interesse seiner eigenen Sicherheit.«
Sie schüttelte bekümmert den Kopf. »Nein, Herr Lennet. Ich würde ihn schrecklich gern begleiten, ich würde schrecklich gern das Abenteuer mitmachen, aber... Papas Vertrauen zu täuschen, das kann ich nicht über mich bringen.« Lennet sah sie nachdenklich an. Sie hatte mit erstickter Stimme gesprochen.
Sie weigerte sich aus Anständigkeit, nicht aus Feigheit. Er sagte:
»Also nichts zu machen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Na schön.«
Plötzlich wechselte er den Ton: »Da Plan A nicht verfangen hat, sofortige Anwendung des Plans B. Betrachten Sie sich als meine Gefangene.«
»Was, als Ihre Gefangene? Ich werde die Polizei zu Hilfe rufen!«
Halb im Zweifel, ob er es überhaupt ernst meinte, eilte sie auf die Tür zu. Er hielt sie mit einer Handbewegung zurück.
»Moment mal, Fräulein Marais. In diesem Augenblick habe ich einen Auftrag. Dieser Auftrag besteht darin, Sie, ob Sie nun wollen oder nicht, an einen bestimmten Ort zu bringen.
Entweder Sie geben mir Ihr Ehrenwort, mir ohne weitere Fragen zu folgen, oder Sie leisten Widerstand. Daraus müßte ich natürlich meine Folgen ziehen.«
Sie gab klein bei, nicht ohne ein verächtliches Lächeln zu zeigen.
»Und was wären das für Folgen?« Lennet zog einen kleinen Zerstäuber aus seiner Tasche. »Ich habe hier ein Betäubungsmittel", erklärte er. »Ich lade Sie mir auf den Rücken und trage Sie davon.«
»Am Haustor wird Sie die Polizei schon festnehmen.«
Lennet lächelte. »Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, daß ich mit der Polizei zu verhandeln weiß?«
Sie seufzte. Was konnte sie schon gegen den FND ausrichten?
Immerhin würde das, was sie tat, zum Schutz ihres Vaters geschehen. Außerdem machte es eigentlich Spaß, einmal ein richtiges Spionageabenteuer mitzuerleben. »Ich weiche der Gewalt", sagte sie.
Die Falle
Als die beiden jungen Leute das Haus verließen, herrschte bereits Finsternis. Noch immer rieselte der Regen unvermindert und pausenlos herab, die großen Blocks der Siedlung B spiegelten sich in den Wasserlachen.
»Dort ist der Ausgang", sagte Silvia zu ihrem Begleiter, der sie in die entgegengesetzte Richtung zog.
»Ich habe meinen eigenen Ausgang", erwiderte er und zwinkerte mit den Augen.
Die eine Seite der Siedlung lag Feldern zugewandt, den wenigen, die sich noch in der Umgebung Tillons gehalten hatten. Nachdem die beiden über einen Drahtzaun gestiegen waren, befanden sie sich auf einem Feldweg.
»Mein Wagen steht in etwa hundert Meter Entfernung", sagte Lennet. Sie gingen schweigend weiter.
»Dort, der große Wagen unter dem Baum, ist das Ihrer?« fragte Silvia.
Er schüttelte mißmutig den Kopf. »Mein Wagen ist ein 2 CV und steht weiter drüben.« Sie näherten sich dem Wagen, es war ein Fiat. Was hatte dieses leere Fahrzeug mit abgeschalteter Beleuchtung hier zu suchen? Vor einer Stunde hatte es noch nicht hier gestanden. Silvia sah Lennet an. Der schnitt eine Grimasse. »Vorwärts, Trotzkopf!«
Sie ließen den Fiat hinter sich. Von nun an war der Weg zu beiden Seiten mit Sträuchern gesäumt und wurde immer finsterer. Wasser füllte die Wagen- und Trittspuren. »Da ist er.«
Halb hinter einer Hecke verborgen stand der 2 CV.
Lennet hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen, als er zur hinteren Wagentür ging. Er trommelte auf die Scheibe.
»Mein Herr, steigen Sie aus. Ich bin überzeugt, daß Sie ganz verkrümmt unter der Sitzbank liegen.«
»Wer ist das?« fragte Silvia. »Ich hab Angst!«
»Das ist einer meiner fremdländischen Kollegen", erklärte Lennet. »Vorwärts, beeilen Sie sich, mein Guter.«
Ein zerzauster Schwarzkopf erschien hinter der Scheibe. Der Mann stieg aus dem Wagen. Er war nicht größer als Lennet, aber sichtlich älter. Zwei schwarze Äuglein funkelten aus seinem blassen, schlecht rasierten Gesicht. Um seinen Hals war ein dunkelroter Schal gewickelt.
»Hören Sie", sagte er, »wir wollen mit offenen Karten spielen. Ich vertrete hier mein Land und habe zwei Worte mit Fräulein Marais zu sprechen.«
»Ich hingegen", erwiderte Lennet liebenswürdig, »vertrete mich selbst, Pierre Bris, der mit Fräulein Marais ins Kino gehen möchte. Nicht wahr, Silvia?«
»Gewiß", bestätigte Silvia eifrig.
»Ich glaube Ihnen kein Wort",
Weitere Kostenlose Bücher