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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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anfühlten. Es war ein angenehmes Gefühl, sie an den Füßen zu spüren. Ich reichte der Frau die Schuhe zurück. Sie zog sie wortlos an und ging mit ihrem Mann fort. Ich habe die Fremde nie wieder gesehen. Ihr Mann kam noch drei Mal mit seinem Bediensteten, kaufte immer fast alle unsere Waren und bezahlte sehr gut.
    Ich hatte stets den vierten Teil der Einnahmen vom Markt in den Bund meiner Unterhose geklemmt. Nachdem ich Mutter den Rest gegeben hatte, verdrückte ich mich unauffällig zu meinem Versteck und legte alles in die Blechdose.
    Leider kamen weder der Deutsche noch seine Frau wieder zum Einkaufen und ich konnte nur noch die übliche Summe bei Mutter abliefern.
    „Schade, das Geld hat uns gut getan“, sagte sie.
    Wann immer sich die Gelegenheit bot, holte ich meine Schatzdose aus dem Versteck und zählte die vielen bunten Scheine. Monatelang hätte ich zum Markt fahren müssen, um so viel einzunehmen. Aber mir bereitete ein ganz anderes Problem Kopfzerbrechen: Wie konnte ich Jo das Geld zukommen lassen? Er würde mich ohne Zweifel fragen, woher ich es hatte! Da lag nun dieses viele Geld in meinen Händen und war doch wertlos. Eines Sonntag saß ich in der Kirche und blickte zu dem schwarzen Jesus empor, den Jo geschnitzt hatte.
    „Es ist eine Sünde“, schien er zu sagen.
    Von da an lief ich vor jeder Fahrt zum Markt zum Bougainvilleabusch, holte ein paar Scheine aus der Dose und steckte sie in meinen Hosenbund. Lieferte ich abends den Marktverdienst bei Mutter ab, mogelte ich stets das einbehaltene Geld unter.
    Ich wusste, dass wir das Geld gut gebrauchen konnten, dennoch ermahnte Mutter mich, als sie die ungewohnt hohen Einnahmen bemerkte, die Marktpreise nicht weiter heraufzusetzen. „Die Menschen sind arm, Choga Regina. Denke daran
    und handle christlich. Verlange stets nur das, was du wirklich für die Ware berechnen musst, und übervorteile niemanden.“ Folglich traute ich mich nicht mehr, das Geld aus meinem Versteck zurückzugeben. Ich blieb regelrecht darauf sitzen.
    Dann erregte eines Tages eine Händlerin auf dem Markt meine Aufmerksamkeit: Sie verkaufte Schuhe, die jenen der Weißen recht ähnlich waren. Als ich neugierig um ihren Stand herumschlich, forderte sie mich auf, die Sandalen anzuprobieren. Und sie passten. Dennoch kaufte ich sie nicht, obwohl mein Geld sogar für drei Paar gereicht hätte. Schließlich wusste ich nicht, wann ich sie hätte anziehen sollen. Niemand in meiner Umgebung trug Schuhe, außer Mutter, wenn sie die Pedale des schweren Traktors bedienen musste, mit dem sie auf die Felder fuhr.

    Für mich war das Erlebnis mit den Weißen somit zu einer Lehre im Umgang mit Geld geworden: Es nutzt nichts, welches zu besitzen. Es kommt darauf an, wie man es verwendet. Diese Erfahrung prägt mich heute noch; deshalb ist es mir völlig unverständlich, wenn ich zum Beispiel Menschen mit teuren Autos herumfahren sehe und andere müssen zu Fuß gehen, weil sie zu arm sind. Immer werden sie mit einem gewissen Neid auf die Autofahrer blicken. Dabei sollte Neid in unserer Welt keinen Platz haben.
    Ein unerfüllter Wunsch
    In jener Zeit hatte ich einen ziemlichen Wachstumsschub gehabt. Mit meinen fast 13 Jahren war ich annähernd so groß wie Mutter geworden. Mein Beinproblem hatte sich dadurch allerdings verschlimmert. Dennoch blühte ich durch das Farmleben auf. „Du wirst mal eine hübsche junge Frau“, sagte Mama Bisi. Mutter stimmte ihr zu.
    Da meinte Mama Ada: „Papa David wird dir bestimmt bald einen jungen Mann aussuchen.“
    Entsetzt sah ich sie an. „Mich wird niemand heiraten. Ich bin ein Krüppel.“
    Darauf wusste keine meiner Mamas etwas zu erwidern. Dann stand Mutter auf, strich mir sanft übers Haar und sagte mit ungewohnt weicher Stimme: „Was redest du da, Choga Regina? Wer hat dir denn den Floh ins Ohr gesetzt?“
    Ich zuckte mit den Schultern: „Irgendwer.“ Mutter versuchte, mich auszufragen, aber ich gab nichts preis.
    Inzwischen hatte Jo mit einer neuen Madonnenfigur angefangen. Sie war größer als jene, die wir auf dem Markt verkauften. Mein Bruder ließ sich mit der Arbeit viel Zeit und oft kam es mir so vor, als wollte er nicht, dass ich ihm dabei zusah.
    Erst zu Weihnachten sah ich die Madonna wieder. Mama Ada und Mama Bisi hatten ihr einen kleinen Altar an der Längsseite der neuen Kirche gebaut. Die Madonna trug ein langes weißes Kleid und meine Lieblingsmamas sagten, dass alle junge Frauen, die ein Kind erwarteten, die „weiße Madonna“ um

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