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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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Beistand bitten sollten. So knieten in der Zeit danach oft schwangere Frauen aus der Umgebung davor und beteten.
    Jo hatte eine wunderschöne Madonna geschaffen. Er hatte ziemlich helles Holz verwendet. Mama Bisi meinte, dass die Figur Ähnlichkeit mit mir habe, aber das konnte ich ganz und gar nicht finden. Während ich die helle Mutter Gottes ansah, fiel mir der Satz der deutschen Frau vom Markt ein: dass Mutter nicht immer an einen dunklen Jesus Christus geglaubt haben könne.
    Kurz darauf stellte ich Mutter die Frage, die mir schon so lange im Kopf herumspukte: „Sind Jesus und Maria eigentlich Schwarze gewesen? Oder Weiße? Oder waren sie so wie ich?“
    Anstatt zu antworten, stellte mir Mutter die Gegenfrage: Wieso ich das wissen wolle? Ich berichtete nun endlich die Geschichte mit den Deutschen.
    „In Deutschland glauben die Menschen an einen weißen Jesus“, gab Mutter zu.
    „Aber er war doch schwarz“, sagte ich.
    Daraufhin erzählte sie mir die Geschichte von Vaters Rauswurf aus der Schule, der ihm den grundlegenden Anstoß für die Gründung der Family Of The Black Jesus gegeben hatte. „Eigentlich“, meinte Mutter, „sollte es aber keine Rolle spielen, welche Hautfarbe jemand hat. Wichtig ist nur, dass er ein guter Mensch ist.“
    „Und wenn ich einmal Kinder bekomme, welche Farbe wird ihre Haut haben?“, fragte ich.
    „Gott sieht nicht die Farbe der Haut, sondern die Reinheit des Herzens“, entgegnete Mutter.
    Dieses Gespräch beschäftigte mich noch lange. Gerne hätte ich auch eine meiner Schwestern oder Jo zu diesem Thema befragt, doch dann traute ich mich nicht.
    Ich befürchtete, sie würden mich auslachen. Als ich eines frühen Morgens wieder einmal vor der weißen Madonna kniete, wusste ich nicht, ob ich sie um ein helles oder dunkles Kind bitten sollte. Dann hatte ich eine Idee. „Wenn du dich nicht entscheiden kannst“, sagte ich, „schenke mir ein Baby, das so aussieht wie meine kleine Schwester Sue.“ Aber auch das war nicht richtig. Etwas anderes war viel wichtiger: Mein Kind müsste gesund sein. Also betete ich, dass mein Baby nicht sterben müsse, bevor es selbst einmal Mutter würde.
    Als ich die Kirche verließ, wusste ich plötzlich, was ich mit dem Ersparten vom Markt anfangen könnte. Ich ging zum Bougainvilleabusch, grub meine Blechdose aus und zählte das verbliebene Geld. Dann buddelte ich das Loch ein wenig tiefer und legte die Dose wieder hinein.
    Als ich anschließend der Madonna meinen Entschluss mitteilte, fand ich endlich die richtigen Worte für meine Bitte an sie: „Hilf mir bitte einen Arzt zu finden, der mein Kind gesund macht, wenn es einmal krank wird.“ Den Rest würde ich dann schon allein schaffen. Denn ich war überzeugt, dass mir das Geld in Wirklichkeit aus diesem Grund zugefallen war; ich sollte damit einen anderen unterstützen können, der selbst hilflos war. Ich war beruhigt: Dann konnte es auch keine Sünde mehr sein, das Geld aufzuheben, anstatt es bei Mutter abzuliefern.
    So dachte ich mit knapp 13. Meine Welt war klein. Ich wusste nicht, dass das Leben als Erwachsene viel komplizierter war.
    Unsere Farm in Jeba hatte sich zu Papa Davids erfolgreichster entwickelt. Und er kam uns nun alle paar Monate besuchen. Wenn er sich auf der Farm aufhielt, fanden große Feste statt, zu denen auch die einflussreichsten Männer aus Jeba eingeladen wurden. Denn Vater wollte zeigen, dass er, der Mann aus dem fernen Lagos, hier auf dem Land das Sagen hatte. Der Compound war dann voller fremder Menschen, die wir freigiebig bewirteten. Es wurde viel gesungen und getanzt. Die Sonntagsspeisung der armen Kinder hatte Mutter zwar all die Jahre durchgeführt, aber längst nicht in dem Umfang, wie Vater das nun tat. In seinen Ansprachen betonte er stets, dass es unserer Farm so gut gehe, weil wir gottesfürchtige Menschen seien. Mir kam nie in den Sinn zu sagen, dass alle viel arbeiteten, um eine gute Ernte einbringen zu können.
    Einmal belauschte ich ein Gespräch zwischen meiner Mutter und Papa David.
    Es ging um den alten Traktor, mit dem wir auf den Markt fuhren.
    „Er ist ständig kaputt“, klagte Mutter, „die Reparaturen verschlingen mehr Geld, als der Traktor wert ist. Der Händler in Jeba kann mir einen fast neuen verkaufen, zu einem wirklich guten Preis. Das nötige Geld habe ich bereits gespart.“
    „Ihr besitzt doch noch einen anderen Traktor, der noch fährt. Andere haben nur alte Maschinen, Lisa. Glaubst du nicht, es wäre richtig, zunächst an

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