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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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verhalten, und mied eher den Kontakt mit anderen. Doch zumindest äußerlich war ich alles andere als unauffällig. Durch meine weiße Kleidung stach ich aus der Menge der bunt gekleideten Händlerinnen heraus.
    Meistens lockerte ich den Schleier, so dass nur noch meine Haare bedeckt waren. So ließ sich die Hitze unter freiem Himmel besser ertragen.
    Dieser Markt wird sehr selten von Europäern besucht, da die touristisch attraktiven Ziele des Jos-Plateaus (die sehenswerten Felsformationen, der Yankaripark oder das berühmte Freilichtmuseum in Jos) rund 60 Kilometer entfernt liegen. Aber ausgerechnet an diesem Tag kam ein Weißer vorbei, der an meinem Stand stehen blieb. Ich starrte den Mann unverblümt an, obwohl meine Erziehung mir das untersagte. Der Weiße bückte sich herab zu meinen ausgebreiteten Waren und nahm sie nacheinander in die Hand.
    „Das sieht aber nicht aus, als käme es aus dieser Gegend“, sagte der Mann auf Englisch.
    „Das machen wir alles selbst“, antwortete ich.
    Der Fremde nahm eines der tönernen Einmachgefäße in die Hand: „Hat das deine Mutter gemacht?“ Ich nickte. „Wo kommt sie denn her?“
    „Aus Deutschland. Es ist nach einem deutschen Rezept hergestellt und schmeckt sehr lecker.“ Ich nannte den Preis.
    „Wie heißt du denn?“, fragte er mich nun auf Deutsch. Ohne zu überlegen, gab ich Antwort. „Dann sprichst du meine Sprache?“, fuhr der Mann fort. Nun wollte er alles ganz genau wissen und hockte sich zu mir auf den Boden.
    Obwohl ich sonst immer sehr gute Geschäfte machte, traute sich nun keine meiner Stammkundinnen mehr zu mir hin. Mir wurde unbehaglich. Was sollte ich zu Hause erzählen, wenn ich ohne Einnahmen zurückkam? Und dann auch noch das kaputte Motorrad, für das gewiss eine Menge Geld gebraucht würde!
    Schließlich kam der weiße Mann auf die Madonnen zu sprechen, von denen noch vier übrig waren. Warum ich ausgerechnet „so etwas“ verkaufte und keine traditionellen afrikanischen Sachen?
    „Weil die Madonna so schön ist“, antwortete ich ehrlich.
    „Aber sie ist schwarz“, meinte der Fremde.
    Ich sah den Weißen verwirrt an. „Ja“, sagte ich schließlich. Darüber hatte ich nie nachgedacht. Für mich war auch Jesus Christus schwarz. Etwas anderes kam gar nicht infrage.
    „Weißt du, was?“, meinte der Mann, „ich kaufe dir alle deine Madonnen ab.
    Und das ganze eingemachte Gemüse.“
    „Die Tontöpfe brauche ich aber wieder. Mutter muss darin neues Gemüse einmachen.“ Alle meine Kundinnen brachten die kostbaren Gefäße nämlich nach Gebrauch zurück.
    Der Weiße dachte kurz nach. „Okay. Bist du nächsten Samstag wieder hier?“
    Ich nickte. Der Mann legte ohne zu fragen einige Scheine vor mich hin. „Ist das genug?“ Reflexartig griff ich nach dem Geld, zählte, nickte. „Also, bis nächsten Samstag“, sagte der Fremde. „Und wenn du kannst, bring mehr mit.“ Dann sammelte er seine Einkäufe ein und ging. Ich saß sprachlos vor meinem abgeräumten Tuch, auf dem nur zwei
    leere Tontöpfe übrig geblieben waren, die eine Frau bereits am Morgen zurückgegeben hatte.
    Als Jo irgendwann zurückkam, zählte ich zum ich-weiß-nicht-wie-vielten-Mal das Geld des weißen Mannes. Die Summe, die er mir gegeben hatte, war so hoch wie der Erlös aus sieben Samstagen. Ich berichtete meinem fassungslosen Bruder von dem Erlebnis. Dann gingen wir zu Fuß zurück zur Farm. Es war glühend heiß und die Luft staubtrocken, meine Beine schmerzten von dem langen Marsch.
    „Was ist eigentlich mit dem Motorrad?“, fragte ich Jo. Ich hatte schon gar nicht mehr daran gedacht.
    „Der Mann aus der Werkstatt sagt, es braucht einen neuen Motor. Aber der ist sehr teuer.“
    „Wie viel kostet der denn?“ Als Jo die Summe nannte, rechnete ich schnell nach. Wenn der Weiße drei Mal käme, würde das Geld reichen. Und ich müsste nicht laufen. Erschöpft setzte ich mich auf die staubige Erde. „Mama Lisa erwartet nicht so viel Geld“, sagte ich schließlich. „Wir könnten einen Teil behalten. Und die nächsten Male auch“, überlegte ich laut, blickte meinen Bruder aber nicht an. „Dann könntest du das Motorrad reparieren lassen.“
    „Das ist eine Sünde, Choga. So etwas darf man nicht einmal denken. Das Geld gehört der Familie, wir können es nicht behalten. „
    „Ja, ich weiß“, sagte ich. Ich stand auf und schleppte mich weiter, musste jedoch nach einer Weile wieder Halt machen.
    „Ich werde dich tragen“, meinte Jo. Er nahm mich auf

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