02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
nächsten Morgen brachen wir nach Jeba auf. Der Abschied von meinen Mamas und Mutter tat weh. Künftig sollte ich ohne ihre Liebe, ihre Ratschläge und ihren Schutz zurechtkommen.
„Du bist stärker, als du glaubst“, sagte Mama Bisi, als sie mich ein letztes Mal umarmte. „Vertrau dir selbst, meine Kleine, dann wird Gott bei dir sein.“ Sie drückte mich ganz fest an sich und gab mir Segenswünsche für ihren Sohn Jo mit. Mutter versprach, mich bald zu besuchen, irgendwie würde sie es schon einrichten können, sagte sie. Dann drehte sie sich um und ging eilig davon. Sie wollte nicht, dass ich ihre Abschiedstränen sah, sondern sie als starke Frau in Erinnerung behielt.
Während Papa Felix in seinem weißen Mercedes samt unseren Hochzeitsgeschenken vorausfuhr, kletterte ich gemeinsam mit den drei anderen Frauen auf die Ladefläche seines Lastwagens, der von einem Leibwächter gelenkt wurde. In zwei Pappkisten führte ich meine wenigen Habseligkeiten mit.
Die Plane des LKWs schützte uns vor dem wieder einsetzenden Regen. Mama Idu kletterte in die Fahrerkabine auf den Beifahrersitz; schließlich war sie ja keine Ehefrau. Sie wurde von den anderen Frauen voller Ehrfurcht behandelt.
Eingeklemmt saß ich dort, wo ich hingehörte - bei den queens - und versuchte, einen letzten Blick auf die Mauern des Harems zu erhaschen. Dort gab es für mich keine Zukunft. Was würde mir Jeba jetzt bieten?
Das Kichern der anderen riss mich aus meinen trüben Gedanken. Eine von ihnen hatte etwas erzählt, das die anderen sehr amüsierte. Ich sah in drei Paar lachende Augen und kam mir dabei unendlich einsam vor. Da legte meine Nachbarin mir den Arm um die Schultern und sagte: „Deine Trauzeugin Idu wird dir schon beibringen, wie du eine gute Ehefrau wirst.“
Dann lachten die drei queens wieder, als ob sie einen wirklich guten Witz gehört hätten.
Eine gute Ehe
Nach der Regenperiode bricht die schönste Jahreszeit von allen an. Die Saat keimt und man kann förmlich zusehen, wie die Natur einen neuen Anfang nimmt. Ich erinnerte mich, dass ich früher immer wieder zur selben Stelle gelaufen war, um einer bestimmten Pflanze beim Wachsen zuzusehen. Auf vielen Feldern, an denen wir auf unserer Fahrt nach Jeba vorbeifuhren, sah ich das erste Grün aus dem Boden sprießen.
Und dennoch machte sich in meinem Magen ein mulmiges Gefühl breit. Ich hatte mich zwar fast zwei Jahre lang nach der Farm gesehnt, doch je näher wir ihr kamen, desto weniger freute ich mich auf meine Rückkehr. Ich wusste ja nicht, ob meine alten Vertrauten noch dort lebten. Falls nicht, wäre ich ausschließlich von vollkommen fremden Menschen umgeben. Und mit dem unangenehmsten von ihnen war ich verheiratet. Würde Mutters „Abkommen“
mit Felix auch wirklich halten? Sicher, da waren auch noch Jo und Corn, die mich erwarteten. Aber wie würde mein geliebter Bruder mich als die Ehefrau von Felix behandeln?
Der Lastwagen rumpelte über den ausgewaschenen Weg, der zur Farm führt. Ich blickte unter der Plane hinweg auf die Felder, die zu unserem Land gehörten. Es kam mir vor, als ob die Zeit rückwärts liefe. Doch schon als der LKW vor dem Haus stoppte und ich im Herabklettern von der Ladefläche den weißen Wagen von Felix entdeckte, wusste ich, dass nichts mehr wie früher sein würde.
Suchend sah ich mich nach meinem Corn um, doch ich konnte den Hund nirgends entdecken. Ich würde Papa Felix später nach ihm fragen.
Mit dem ersten Schritt, den Mama Idu in das Haus tat, übernahm sie das Kommando. Ehrlich gesagt wunderte mich das auch nicht sonderlich, da sie schon während der Fahrt eine Sonderrolle beansprucht hatte. Ebenso wie die anderen Frauen akzeptierte ich ihre herausgehobene Stellung. Während wir unser Gepäck nebst einigen Mitbringseln ins Haus geschafft hatten, hatte Idu bereits einen Rundgang gemacht und ausgekundschaftet, welches Zimmer das ihre sein sollte. Sie entschied sich für das Erdgeschoss, und zwar jenen Flügel, der Mutters und meinem ehemaligen Zimmer gegenüberlag. Mit größter Selbstverständlichkeit wies sie anschließend mir mein Zimmer zu.
Zu meiner Überraschung war es mein altes. Felix bewohnte natürlich Mutters Raum, die ehemalige Bibliothek. Somit waren wir Zimmernachbarn. Beruhigt stellte ich fest, dass eine von Felix' Frauen den Raum mit mir teilte. Nicht, weil ich die Freundschaft von Mama Rhoda suchte, sondern weil ich mich dann sicherer fühlte. Sicherer vor dem mir angetrauten Mann. Sie hatte in dem Raum
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