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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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verwandelt. So sehr wir uns nach monatelanger Trockenheit über den Beginn der Regenzeit auch freuten, so unpassend war das Zusammentreffen mit meiner Hochzeit.
    Mit den stelzenhaften, unbequemen Schuhen konnte ich kaum einen Schritt tun, der viele Stoff behinderte mich obendrein am Gehen. Und dann dieser Matsch!
    Bis ich vom „Hühnerhaus“ zum Gemeinschaftshaus gelangte, wäre das so mühsam gefertigte Hochzeitskleid eine einzige Schmutzfahne gewesen. Die eilig ausgelegten langen Holzbohlen glänzten bald schmierig. Mit diesen Schuhen konnte ich die Rutschbahnen keinesfalls betreten.
    Ratlos betrachtete ich mich in dem körperhohen Spiegel Mama Ulomas: Ich sah eine Kleiderpuppe. Obwohl meine Haare unter dem Schleier verborgen lagen, waren sie zuvor stundenlang kunstvoll geölt, gekämmt, geflochten und mit weißen Bändchen verziert worden. Alle freuten sich, dass ich eine so hübsche Braut sei. Ich dachte an den Matsch draußen, sah mich bereits stolpern und der Länge nach in den Dreck fallen. Wenn Papa Felix - ich weigerte mich, an ihn als
    „meinen Mann“ zu denken - den Schleier anhob, so stellte ich mir vor, würde er in das Gesicht einer Schlammfrau blicken. Dieser Gedanke allerdings erfüllte mich mit echter Heiterkeit. Ich kicherte.
    In diesem Augenblick tauchte hinter mir im Spiegel Mama Idu auf. Ich hielt sie zunächst für eine Traumgestalt. Papa Felix könne sich glücklich schätzen, eine so hübsche und gut gelaunte Braut zu bekommen, flötete sie. Mit ihren gewiss 35 Jahren galt Idu selbst nicht mehr als jung; viele Frauen haben in meinem Land mit Mitte 30 bereits Enkel. Trotzdem fühlte ich mich neben ihr wie ein plumper Klotz. Idu hatte sich zurechtgemacht, als würde sie selbst an diesem Tag heiraten: Kleid und Schleier waren aus federleichtem, sanft fallendem Stoff genäht, in dessen Weiß sich ein Hauch von Rosa gemischt hatte, das durch die lila Schärpe um ihre Hüfte betont wurde. Den Schleier trug sie so anmutig, dass er ihren schönen Schwanenhals zur Geltung brachte.
    „Du bist wunderschön“, stellte ich neidlos fest.
    Mama Idu drehte sich vor dem Spiegel, ihr süßliches Parfüm erfüllte den ganzen Raum. Ich stand wacklig auf meinen Stelzenschuhen daneben und dachte: Mit ihr sollte ich die Rollen tauschen, sie sieht viel eher aus wie eine Braut! Aber Idu war nicht die Braut; sie sollte meine Trauzeugin sein!
    Nach und nach fanden sich meine Lieblingsmamas im „Hühnerhaus“ ein. Mama Ada kam als Erste. Ihre Augen wanderten von Idu zu mir und zurück.
    „Hoffentlich weiß Papa Felix, wen von euch beiden er heiraten muss“, kommentierte sie die Situation.
    Mama Idu warf der hageren Mama Ada einen eisigen Blick zu.
    Die aber legte ihre Hand auf meine Schulter und antwortete mit einem Zitat aus der Bergpredigt: „Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.“

    Schließlich fanden sich auch meine Mutter und die gemütliche Mama Bisi ein, die die angespannte Stimmung sofort intuitiv erfasste. Auf ein Zeichen hin nahmen mich meine Mamas in ihre Mitte, hoben mich schwungvoll hoch und trugen mich hinaus, hinweg über den vielen Matsch, vorbei an den geschmückten queens und Schwestern. Einige lachten bei unserem Anblick, andere begannen zu klatschen.
    Als wir das bereits zum Bersten mit Menschen gefüllte Gemeinschaftshaus erreichten, hatte sich eine kleine Gruppe gebildet, die rhythmisch klatschend und singend meinen Geleitzug stellte. Inmitten der vielen weiß gekleideten queens durfte
    ich mich wie eine Königin fühlen, die im Triumphzug durch die Menge geführt wird. Es war ein wundervoller Augenblick, wahrscheinlich der schönste des ganzen Tages, mit Sicherheit aber der beste meiner gesamten Ehe. Eine warme Dankbarkeit zu Mutter, Mama Ada und Mama Bisi erfüllte mich, überschwemmte mich wie der Regen das ausgetrocknete Land. Ich heulte. Nun würde ich also auch eine queen werden.
    Vater erwartete mich auf seinem Stuhl sitzend. In der ersten Reihe stand der Mann, der mich heiraten sollte. Papa David und Papa Felix trugen weite, weiße Baba-Riga-Gewänder, bodenlang, durchbrochen und goldbestickt, dazu hohe, an einer Seite heruntergeklappte Mützen. Sie sahen aus wie zwei Könige. Mein Vater schritt langsam und würdevoll durch die Gemeinde direkt auf mich zu.
    Ich hatte genügend Hochzeitszeremonien gesehen, um zu wissen, dass er mich an seinem Arm zum Altar geleiten würde. Durch die ganzen Menschen, die alle ihn und mich ansahen, auch wenn sie nichts

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