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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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jeder verfügbaren Wandfläche hing ein Bild Shakespeares,
    ein Theaterplakat, ein Kupferstich oder eine Gedenktafel.
    Unsere Gastgeberin war offensichtlich ein ernst zu nehmender
    Fan. Nicht unbedingt rasend, aber doch kurz davor.
    »Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten?« fragte sie.
    »Nein danke, Ma'am. Sie hatten gesagt, Sie hätten eine Kopie
    des Cardenio in Ihrem Besitz?«
    »Ja, natürlich!« rief sie begeistert und fügte dann zwinkernd
    hinzu: »Das war bestimmt eine Überraschung für Sie, dass
    Willis verlorenes Stück plötzlich aufgetaucht ist, nicht wahr?«
    Ich hielt es für besser, ihr nicht zu sagen, dass beinahe jede
    Woche Fälschungen der verlorenen Shakespeare-Stücke auftauchten. »All unsere Tage sind überraschend, Mrs Hathaway34.«
    »Nennen Sie mich ruhig Anne34!« sagte sie, klappte ihren Sekretär auf, nahm ein in rosa Seidenpapier gewickeltes Buch aus
    der Schublade und legte es andächtig vor uns auf den Tisch.
    »Ich hab es letzte Woche auf einem Flohmarkt erworben«,
    vertraute sie uns mit gedämpfter Stimme an. »Ich glaube, der
    Besitzer wusste gar nicht, was er da in seinem Kofferraum hatte.
    Der Rest waren ungelesene Romane von Daphne Farquitt und
    alte Hefte von Toasten für Könner.«
    Sie beugte sich vor und kicherte: »Für 'n Appel und Ei hab
    ich es gekauft, wissen Sie?«
    Dann fuhr sie mit normaler Stimme fort: »Ich glaube, das ist
    der bedeutsamste Fund seit der Entdeckung des King LearFragments.« Sie presste eine Hand auf den Busen und starrte
    verzückt auf den Abguss der Shakespeare-Büste auf ihrem
    Kaminsims. »Das Lear-Fragment war natürlich von Willis
    eigener Hand, aber es umfasst nur zwei Zeilen Dialog zwischen
    Cordelia und Lear. Trotzdem erzielte es 1,8 Millionen bei der
    letzten Auktion! Stellen Sie sich mal vor, was ein Cardenio wert
    ist!«
    »Ein echter Cardenio wäre von unschätzbarem Wert,
    Ma'am«, sagte Bowden höflich, wobei er den Akzent auf das
    Wort »echt« legte.
    Ich hatte unterdessen ein bisschen gelesen und schlug das
    Buch jetzt wieder zu. »Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, Mrs Hathaway34 –«
    »Anne. Nennen Sie mich Anne.«
    »Anne. Es tut mir leid, Sie darauf hinweisen zu müssen, dass
    es sich um eine Fälschung handelt.«
    Mrs Hathaway34 ließ sich nicht aus der Fassung bringen.
    »Sind Sie sicher, meine Liebe? Sie haben nicht sehr viel gelesen.«
    »Ich fürchte schon. Rhythmus, Reim und Grammatik haben
    nicht viel mit den bekannten Werken Shakespeares zu tun.«
    »Willi war immer sehr anpassungsfähig, Miss Next. Ich glaube nicht, dass ein paar kleine Abweichungen von der Norm sehr
    relevant sind!«
    »Sie missverstehen mich«, sagte ich so taktvoll wie möglich.
    »Es ist nicht einmal eine besonders gute Fälschung.«
    »Nun ja!« sagte Anne indigniert. »So eine Beglaubigung ist
    bekanntlich nicht einfach. Wie es scheint, muss ich noch ein
    Zweitgutachten einholen.«
    »Das können Sie natürlich gern tun, Ma'am«, sagte ich langsam, »aber jeder Fachmann wird Ihnen bestätigen, dass es sich
    um kein Originalmanuskript handeln kann. Dabei geht es nicht
    nur um Text. Wissen Sie, Shakespeare hat nie mit Kugelschreiber auf liniertem Papier geschrieben, und selbst wenn er das
    getan hätte, wäre es höchst unwahrscheinlich, dass er Cardenio
    bei der Verfolgung Luscindas in einen Range Rover gesetzt
    hätte.«
    »Was bedeutet das schon?« warf Mrs Hathaway34 wütend ein.
    »In Julius Caesar gibt's massenhaft Uhren, obwohl die noch gar
    nicht erfunden waren, als Caesar gelebt hat. Ich glaube, der
    Range Rover ist ein ganz ähnlicher Fall: ein literarischer Ana-chronismus. Dichterische Freiheit, mehr nicht.«
    Wir gingen zum Ausgang.
    »Könnten Sie bitte in unser Büro kommen«, warf Bowden
    ein. »Wir hätten gern eine Zeugenaussage von Ihnen und
    würden Ihnen gern ein paar Fotos vorführen. Vielleicht können
    Sie uns helfen, den Fälscher zu finden.«
    »Unsinn!« sagte die Dame empört. »Ich finde es höchst bedauerlich, dass die LitAgs hier in Swindon offenbar nicht in der
    Lage sind, ein Meisterwerk zu erkennen. Ich werde ein Zweitgutachten einholen, und wenn nötig ein drittes oder viertes
    oder wie viele auch immer nötig sein werden. Guten Tag, die
    Herrschaften!«
    Damit öffnete sie die Haustür, schob uns hinaus und ließ die
    Tür krachend ins Schloss fallen. Das war nicht ungewöhnlich.
    Erst eine Woche zuvor war ich beinahe verprügelt worden, als
    ich erklärte, eine Schallplattenaufnahme mit William

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