02_In einem anderen Buch
wollen,
also gelangte ich mit einiger Verspätung doch noch in unser
LitAg-Büro, das mit seinen hohen Wänden und zahllosen
Bücherregalen mehr wie eine Bibliothek aussah. Im Lauf der
Jahre hatten wir so viele Raubdrucke und Fälschungen sichergestellt, dass es kaum Bücher gab, die wir nicht hatten. Bowden
Cable, mein Partner, saß schon an seinem Schreibtisch, der wie
immer tadellos aufgeräumt war. Bowden war ein paar Jahre
jünger als ich, hatte aber einen höheren Rang, weil er schon
länger bei SpecOps war als ich. Wie immer war er sehr konservativ gekleidet. Seine stille, systematische Arbeitsweise stand in
9 »Das ist gut, Thursday. Ich darf Sie doch Thursday nennen? Bleiben Sie
bei Ihrer blauäugigen Rolle als Unschuldslamm, dann haben wir Sie
schneller vom Haken, als Sie verrucca sagen können.«
10 »Ich werde Ihnen alles bei unserer Besprechung erklären. Tut mir leid,
dass ich vorerst in Fußnoten mit Ihnen kommunizieren muss, aber in zehn
Minuten muss ich im Gericht sein. Sprechen Sie mit absolut niemandem
über den Fall, und wir sehen uns am Donnerstag, Thursday. Lustig: Donnerstag … Thursday. Na ja, vielleicht auch wieder nicht. Ich muss los.
Vergessen Sie nicht: Sie dürfen mit niemandem über die Angelegenheit
reden. Und wenn Sie irgendwas über die häuslichen Verhältnisse dieses
Flakk-Mädchens herausfinden könnten, wäre ich Ihnen äußerst verbunden.
Also, tschüsschen und tüdelioo!«
deutlichem Gegensatz zu meiner eigenen Direktheit. Vielleicht
funktionierte unsere Zusammenarbeit deshalb so gut.
»Morgen, Bowden.«
»Guten Morgen, Thursday. Ich hab Sie gestern im Fernsehen
gesehen.«
»Und? Wie hab ich ausgesehen?«
»Gut. Aber über Jane Eyre hat man Sie nicht sehr viel sagen
lassen, nicht wahr?«
Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu, und er verstand.
»Macht nichts. Irgendwann wird die ganze Wahrheit schon
ans Licht kommen. Geht's Ihnen gut? Sie sehen ein bisschen rot
aus.«
»Alles in Ordnung«, sagte ich und fügte dann etwas leiser
hinzu: »Nein, eigentlich nicht. Ich hab gerade Stimmen gehört.«
»Das ist Stress, Thursday. Nichts Ungewöhnliches. War es
jemand Bestimmtes?«
Ich holte mir die Kaffeekanne und eine Tasse. »Ein Rechtsanwalt namens Snell. Akrid Snell. Er sagte, er wäre mit meiner
Vertretung beauftragt. Wollen Sie auch noch einen Schluck
haben?«
»Nein, danke. – In welcher Angelegenheit will er Sie denn
vertreten?«
»Das wollte er nicht sagen. Er sagte, es ginge um eine Anklage.«
»Das klingt wie ein innerer Schuldkonflikt, Thursday. Bei der
Polizeiarbeit müssen wir oft unsere Gefühle ausschalten. Oder
hätten Sie Hades töten können, wenn Sie bei klarem Verstand
gewesen wären?«
»Ganz im Gegenteil, wenn ich das nicht gewesen wäre, hätte
ich ihn bestimmt nicht umbringen können. Nein, wegen Hades
habe ich keine schlaflosen Nächte, nur die arme Bertha Rochester tut mir ein bisschen leid.«
»Vielleicht ist es das«, sagte Bowden. »Vielleicht möchten Sie
sich insgeheim für ihren Tod verantworten müssen. Als Crometty ermordet wurde, habe ich noch wochenlang seine Stimme gehört: Ich dachte, ich hätte da sein müssen, um ihm zu
helfen.«
Das beruhigte mich etwas, und ich dankte Bowden dafür.
»Ach, da sind Sie ja!« rief eine dröhnende Stimme, und Victor Analogy, der Chef der Swindoner LitAgs, trat in den Raum.
Er war Mitte siebzig, sah aus wie der Weihnachtsmann und
hatte einen messerscharfen Verstand. Er war der natürliche
Puffer zwischen uns und Commander Hicks und sicherte den
LitAgs eine gewisse Unabhängigkeit, auf die wir großen Wert
legten.
»Was macht die PR-Arbeit?« fragte er und setzte sich auf
meinen Schreibtisch.
»Langweiliger als Spenser und Dryden zusammen, Sir.«
»Ach, wirklich? Ich habe Sie gestern im Fernsehen gesehen.
Alles manipuliert, was?«
»Nur ein bisschen.«
»Ich will euch nicht langweilen«, sagte Victor. »Aber sehen
Sie sich doch mal dieses Fax an.« Er reichte mir ein Blatt Papier,
und Bowden sah mir über die Schulter, als ich es las.
»Lächerlich«, sagte ich und gab Victor das Fax zurück. »Was
für ein Interesse soll die Nationale Toast-Kommission daran
haben, ausgerechnet die LitAgs zu sponsern?«
Victor zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Aber wenn die
Geld verschenken wollen … wir können es brauchen.«
»Und was heißt das genau?«
»Keine Ahnung. Hicks spricht heute Nachmittag mit ihnen.
Er ist ganz begeistert von der
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