02_In einem anderen Buch
Nakijimas
allein in Osaka. Ich rief eine davon an, und eine sehr liebenswürdige Frau Nakijima unterhielt sich über zehn Minuten auf
das freundlichste mit mir. Ich dankte ihr ausgiebig und hängte
dann ein, ohne auch nur ein Wort, von dem was sie sagte,
verstanden zu haben. Ich seufzte, bestellte mir eine Kanne
Kaffee aufs Zimmer und begann mit der Arbeit.
351 Nakijimas später kam ich müde und ärgerlich zu dem
Ergebnis, dass meine Bemühungen sinnlos waren. Diejenigen
Nakijimas, die mich verstanden hatten, gehörten nicht zur
bücherspringenden Sorte, und wenn Mrs Nakijima ihren Ruhestand wirklich in Jane Eyre verlebte, wie sie angekündigt hatte,
konnte ich kaum hoffen, sie in der Nähe eines Telefons anzutreffen.
Ich seufzte und streckte mich auf meiner automatischen
Massagebank aus. Dann trank ich den Rest des mittlerweile
kalten Kaffees und beschloss, einen kurzen Spaziergang zu
machen. Während ich die Straße hinunterschlenderte, hielt ich
immer noch die fotokopierten Seiten aus dem Telefonbuch in
der Hand und überlegte, wie ich die Suche eingrenzen könnte.
Plötzlich fiel mein Blick auf die Jacke eines jungen Mannes, der
vor mir herging.
Im Fernen Osten tragen viele T-Shirts und Jacken englische
Aufschriften. Manche davon sind verständlich und witzig,
andere scheinen nur aus einer zufälligen Aneinanderreihung
»modischer« Wörter zu bestehen, die für die japanische Jugend
ähnlich attraktiv sein dürften wie die Schrift der Japaner für
uns. Ich hatte Aufschriften wie 100% Chevrolet OK Fly-boy oder
Pratt & Whitney squadron movie gesehen und hätte dementsprechend auf alles vorbereitet sein sollen. Aber diese spezifische Aufschrift verblüffte mich doch. Sie war mit farbiger Seide
auf den Rücken einer schicken Lederjacke gestickt: Follow me,
Next Girl!
Ich befolgte die Anweisung. Ich folgte dem jungen Mann die
Straße hinunter, his mir eine zweite Jacke auffiel, die genauso
war wie die erste. Als ich den Kanal überquerte entdeckte ich
noch eine weitere Stickerei: SpecOps this way! Und dann eine
Jacke mit der Aufschrift: Jane Eyre forever! – rasch gefolgt von
Bad Boy Goliath.
Aber das war noch nicht alles. Wie es schien, folgten die Leute mit diesen Jacken, T-Shirts und Mützen alle demselben
Lockruf, denn sie gingen alle in eine Richtung. Ich musste an
den Hispano-Suiza und den Skyrail mit den sieben Irma Cohens denken und wühlte hastig das Entroposkop aus der Tasche. Ich schüttelte es, und bemerkte, dass sich der Reis und die
Linsen zu trennen begannen. Die Entropie verringerte sich mit
jeder Sekunde. Ich drehte mich um und begann in die entgegengesetzte Richtung zu laufen.
Aber nach drei, vier Schritten kam mir eine tollkühne Idee.
Warum sollte ich die verringerte Entropie nicht einfach für
mich arbeiten lassen?
Ich machte abermals kehrt und folgte den Thursday-NextLogos zu einem kleinen Marktplatz, wo sich der Reis und die
Linsen trotz wiederholtem Schütteln des Entrosposkops zu
einem stabilen Bandmuster formten. Die Zufallsdichte war jetzt
so groß, dass praktisch jeder, den ich sah, eine Jacke, eine
Mütze, einen Schirm oder eine Plastiktasche mit ThursdayNext-Logo trug: MycroTech Developments, Charlotte Brontë,
Hispano-Suiza, Goliath oder Skyrail.
Verzweifelt irrten meine Blicke über den Platz, um das Zufalls-Epizentrum zu finden. Und dann entdeckte ich es! Mitten
auf dem geschäftigen Marktplatz gab es einen Bereich, dem die
Passanten auswichen. Dort saß ein alter Mann mit runzliger
brauner Haut vor einem Klapptisch. Ihm gegenüber saß eine
junge Frau, die sich eben jetzt von ihrem Stuhl erhob und
davonging. An einem abgeschabten Koffer lehnte ein Plakat in
acht Sprachen, das verkündete, hier gehe ein Wahrsager seinem
Beruf nach. »Ich habe die Antwort, nach der du suchst!« hieß
es.
Ich hatte keinen Zweifel, dass dem so sein würde, aber angesichts der verschiedenen Attacken, denen ich kürzlich ausgesetzt gewesen war, musste ich befürchten, dass die »Antwort«
mit meinem Ableben einhergehen würde. Wer konnte wissen,
was mein unbekannter Widersacher sich diesmal ausgedacht
hatte? Vorsichtig trat ich zwei Schritte näher heran und schüttelte das Entroposkop. Das Muster wurde noch deutlicher, aber
eine eindeutige Zweiteilung unterblieb. Der alte Mann sah mich
zögern und winkte mich näher zu sich heran.
»Bitte«, sagte er. »Bitte kommen. Ich sag Ihnen alles!«
Ich zögerte immer noch und suchte nach Anzeichen
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