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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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großen Bogen um die Kasse
    machst und vorsichtig unter dem Tisch mit den frechen Frauenbüchern durchkrabbelst, liegen nur noch zwei Meter vor dir,
    wo es Mann-gegen-Mann geht. Sämtliche Werke von Farquitt!
    Eine limitierte Kassettenausgabe! Walnussholz! Handsigniert!
    So eine Chance krieg ich nie wieder!«
    »Das ist doch Wahnsinn, Miss Havisham!« erklärte ich indigniert. »Ich begebe mich doch nicht in Lebensgefahr wegen
    einer Gesamtausgabe von Daphne Farquitt!«
    Miss Havisham warf mir einen scharfen Blick zu. Man hörte
    einen Schuss fallen, irgendwo ging jemand zu Boden.
    »Ich hätte es mir denken können !« sagte Miss Havisham voller Verachtung. »Feige bist du, das ist es! Wie willst du denn mit
    dem ganz Anderen in der Jurisfiktion fertig werden, wenn du
    schon vor ein paar irren Schnäppchenjägern im Buchhandel
    Angst hast? Deine Lehre ist beendet. Guten Tag, Miss Next!«
    »Warten Sie! Stellen Sie mich vielleicht auf die Probe?«
    »Allerdings! Denkst du vielleicht, einer wohlhabenden Frau
    wie mir macht es Spaß, hier um Bücher zu kämpfen, die ich in
    der Bibliothek umsonst lesen kann?«
    Ich widerstand der Versuchung, ihr zu sagen, dass ich genau
    diesen Verdacht hatte, und sagte: »Kann ich Sie denn allein
    lassen, Ma'am?«
    »Ach, ich komme schon durch«, sagte sie und stellte, ohne
    dass ich erkennen konnte, warum, einem Mann, der gerade
    vorbeiging, ein Bein. »Und jetzt los, Mädel!«
    Ich drehte mich um und kroch eilig über den Teppich, überwand die Barriere der Polizeivorschriften und warf einen vorsichtigen Blick auf die Kasse, wo eine Verkäuferin mit geradezu
    messianischem Eifer die stark herabgesetzten Preise eintippte.
    Die menschenleere Abteilung mit den Remissionen durchquerte ich ohne Mühe und tauchte dann unter den Tisch mit der
    frechen Frauenliteratur, was mich bis auf zwei Meter an den
    Farquitt-Verkaufsstand heranbrachte. Wie durch ein Wunder
    hatte sich bisher niemand der edlen Kassette bemächtigt. Dabei
    war sie wirklich sehr stark herabgesetzt – von £ 300 auf nur
    noch £ 50. Ich warf einen Blick nach links und sah, wie die
    Herzkönigin sich einen Weg durch die Menge bahnte. Sie fing
    meinen Blick auf und hob das Kinn, um mir zu zeigen, dass ich
    es ja nicht wagen sollte, ihr zuvorzukommen.
    Ich nahm die Fäuste hoch und watete in den Mahlstrom der
    von Trivialliteratur erzeugten Gewalt. Fast augenblicklich
    erhielt ich einen Kinnhaken und einen Schlag in die Nieren. Ich
    schrie laut vor Schmerz und zog mich zurück. Die Herzkönigin
    bahnte sich mit eiserner Faust einen Weg durch die Menge.
    Einer Frau, die ihr mit einem silbernen Lesezeichen ins Auge zu
    stechen versuchte, versetzte sie einen Kopfstoß und lächelte
    triumphierend, als ihre Widersacherin umfiel. Erneut machte
    ich einen Schritt vorwärts, dachte dann aber plötzlich an meinen Zustand und beschloss, dass schwangere Frauen sich besser
    nicht in Buchhandelsschlägereien verwickeln lassen sollten.
    Stattdessen holte ich tief Luft, stellte mich auf einen Hocker
    und schrie: »Ms Farquitt signiert jetzt ihre Bücher im Untergeschoss!«
    Einen Augenblick lang wurde es still, dann setzte ein allgemeines Gedränge und Geschiebe in Richtung der Treppen und
    Aufzüge ein. Die Herzkönigin wurde von der Menge erfasst und
    unsanft mit weggespült. Innerhalb von einer halben Minute war
    der Raum leer. Daphne Farquitt war notorisch publikumsscheu,
    und es gab kaum einen Fan, der die Gelegenheit, sie persönlich
    kennen zu lernen, nicht sofort ergriffen hätte. Gelassen trat ich
    an den Verkaufsstand, nahm die Kassette und trug sie zur
    Kasse. Dann brachte ich sie Miss Havisham, die immer noch
    hinter den herabgesetzten Du Mauriers hockte und in einer
    Taschenbuchausgabe von Rebecca herumblätterte. Ich zeigte ihr
    meine Beute.
    »Nicht schlecht«, musste sie grummelnd zugeben. »Hast du
    eine Quittung erhalten?«
    »Ja, Ma'am.«
    »Und was ist mit der Herzkönigin?«
    »Die ist irgendwo auf der Treppe verschollen.«
    Ein dünnes Lächeln kreuzte Miss Havishams Lippen, und ich
    half ihr auf die Füße. Zusammen gingen wir langsam zum
    Ausgang.
    »Wie hast du es geschafft, dass sie alle weggerannt sind?«
    fragte Miss Havisham.
    »Ich habe ihnen gesagt, dass Ms Farquett im Untergeschoss
    ihre Bücher signiert.«
    »Ist das wahr?« rief Miss Havisham und beschleunigte ihre
    Schritte.
    »Nein, nein«, beruhigte ich sie und lenkte sie behutsam zum
    Ausgang. »Das habe ich nur so gesagt.«
    »Ah, ich verstehe!«

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