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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Aber du sollst auch das Schlimmste wissen. Ich wollte unbedingt recht haben.«
    Er nickte ihnen zu und ging.

    Am Mittwoch morgen war der Himmel bleiern. Der Schnee auf den Bürgersteigen war gefroren, grau und schmutzig von Ruß und Abgasen.
    Als Lynley um dreiviertel neun vor dem Agincourt Theatre aus seinem Wagen stieg, erwartete ihn Barbara Havers schon, bis zum Kinn vermummt in ihren unvorteilhaften braunen Wollmantel, Seite an Seite mit einem jungen Constable. Sie hatte, wie Lynley bemerkte, bei der Wahl Bedacht walten lassen und sich den unter den jungen Beamten ausgesucht, von dem am wenigsten zu erwarten war, daß er sich durch Stinhursts Titel und Reichtum einschüchtern lassen würde: Winston Nkata. Früher einer der Anführer der Brixton Warriors, einer der gewalttätigsten schwarzen Banden der Stadt, war der fünfundzwanzigjährige Nkata jetzt dank der unerschütterlichen Freundschaft von drei hartgesottenen Beamten in A7, die ihm geduldig immer wieder aus der Patsche geholfen hatten, Anwärter auf eine erfolgreiche Laufbahn bei der Kriminalpolizei. Lebender Beweis dafür, wie er selbst gern sagte, daß sie einen, wenn sie einen schon nicht einbuchten können, wenigstens bekehren.
    Er sah Lynley mit einem breiten Grinsen entgegen. »Inspector«, rief er, »warum fahren Sie dieses Baby eigentlich nie in meinem Viertel? Solche Prachtkarossen verbrennen wir mit Wonne.«
    »Dann geben Sie mir beim nächsten Krawall Bescheid«, erwiderte Lynley trocken.
    »Klar, wir schicken Einladungen raus. Damit auch wirklich alle kommen können.«
    »Ah, ja. Steine bitte selbst mitbringen.«
    Der Schwarze warf den Kopf in den Nacken und lachte lauthals. »Sie gefallen mir, Inspector«, sagte er. »Geben Sie mir Ihre Privatadresse. Ich würd gern Ihre Schwester heiraten.«
    Lynley lächelte. »Sie sind zu gut für sie, Nkata. Und ungefähr sechzehn Jahre zu jung. Aber wenn Sie sich heute morgen gut benehmen, können wir sicher zu einer beiderseits befriedigenden Abmachung kommen.« Er sah Barbara an. »Is!Stinhurst schon da?«
    Sie nickte. »Er ist vor zehn Minuten gekommen.« Als Antwort auf seinen fragenden Blick sagte sie: »Er hat uns nicht gesehen. Wir haben drüben auf der anderen Seite einen Kaffee getrunken. Er kam mit seiner Frau, Inspector.«
    »Na, das nenne ich Glück«, meinte Lynley. »Kommen Sie, gehen wir.«
    Im Theater herrschte schon Hochbetrieb. Die Türen zum Zuschauerraum standen offen; Stimmengewirr und Gelächter mischten sich mit dem Poltern der Bühnenarbeiter. Produktionsassistenten, Agenda im Arm und Bleistift hinterm Ohr, eilten geschäftig herum. In einer Ecke bei der Bar standen zwei Männer über ein großes Blatt Papier gebeugt, auf dem der eine Entwürfe für Plakate skizzierte. Es war insgesamt ein Ort regen Tuns und Wirkens, aber Lynley bedauerte es an diesem Morgen überhaupt nicht, daß er derjenige sein würde, der dem Arbeitseifer ein jähes Ende bereiten würde, wenn er Stuart Stinhurst verhaftete.
    Sie näherten sich den Produktionsbüros auf der anderen Seite des Gebäudes, als Lord Stinhurst mit seiner Frau aus einem der Räume trat. Lady Stinhurst sprach schnell und erregt auf ihren Mann ein und gestikulierte so lebhaft dazu, daß der große Brillant an ihrer linken Hand Funken sprühte. Sie erstarrte mit einem Schlag, als sie die Polizeibeamten sah.
    Stinhurst war durchaus liebenswürdig, als Lynley um eine private Unterredung bat. »Kommen Sie mit in mein Büro«, sagte er. »Soll meine Frau ...« Er zögerte vielsagend.
    Lynley jedoch hatte sich bereits genau überlegt, wie sich aus Lady Stinhursts Anwesenheit Vorteil schlagen ließ. Einerseits hätte er sie gern unbehelligt gehen lassen und schreckte davor zurück, sie in diesem Spiel um Lüge und Wahrheit zur Schachfigur zu degradieren. Doch andererseits brauchte er sie als Instrument der Erpressung. Er haßte diese Methode, wußt!aber, daß er sie heute anwenden mußte.
    »Ich hätte Lady Stinhurst gern auch dabei«, sagte er kurz.
    Constable Nkata wurde vor der Tür postiert, die Sekretärin erhielt Anweisung, keine Gespräche durchzustellen, die nicht für die Polizei waren, dann folgten Lynley und Barbara Lord und Lady Stinhurst in das Büro des Produzenten. Es war ein Raum, der Stinhursts Persönlichkeit widerspiegelte, kühl ausgestattet in Grau und Schwarz, mit tiefen bequemen Sesseln und einem großen Schreibtisch, der so aufgeräumt war, daß es zwanghaft wirkte. In der Luft hing ein kaum wahrnehmbarer Geruch von

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