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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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wußte, daß er weiterfragen mußte. Teddy Darrow hatte es ihn gelehrt.
    »Man kann die Kinder auf Dauer nicht vor der Wahrheit bewahren, auch wenn sie noch so schlimm ist, und auch wenn man es noch so sehr wünscht, Mrs. Sinclair. Durch Ihr Schweigen schützen Sie nur einen - den Mörder Ihrer Schwester.«
    »Er war es nicht. Er könnte so etwas nie tun. Ich traue ihm vieles zu, wirklich, aber das nicht. Nein, das nicht.«
    Lynley neigte sich näher zu ihr. »Aber gerade das fürchten Sie doch die ganze Zeit schon; daß er Ihre Schwester getötet hat. Sie haben nichts von Ihrem Verdacht gesagt, weil Sie Ihre Kinder schützen wollen, ihnen die Demütigung ersparen wollen, erfahren zu müssen, daß ihr Vater ein Mörder ist.«
    »Niemals hat er das getan. Das brächte er nicht fertig.«
    »Aber Sie fürchten dennoch, daß er es getan hat. Warum, Mrs. Sinclair?«
    Barbara Havers sagte: »Wenn Gabriel Ihre Schwester nicht getötet hat, dann kann alles, was Sie uns sagen, ihm nur helfen.«
    Irene Sinclair schüttelte den Kopf. Ihre Augen waren dunkl!Löcher der Angst. »Nein. Ich kann nicht.«
    Sie sah von einem zum anderen. Ihre Finger krallten sich um ihre Handtasche. Sie wirkte wie eine Gejagte, die nur fliehen wollte und doch erkennen mußte, daß weitere Flucht unmöglich war. Als sie endlich zu sprechen begann, schüttelte es sie am ganzen Körper, als hätte sie plötzlich Fieber überfallen.
    »Meine Schwester war an dem Abend mit Robert in seinem Zimmer. Ich habe sie beide gehört. Ich war auf dem Weg zu ihm. Ich war so dumm - Mein Gott, wie kann ein Mensch nur so erbärmlich dumm sein! Er und ich waren vorher, nach der Lesung, zusammen in der Bibliothek gewesen, und einen Moment lang hatte ich den Eindruck, als gäbe es eine Möglichkeit für uns, wieder zusammenzuleben. Wir hatten über die Kinder gesprochen, über - unser früheres Leben. Und darum bin ich später zu Robert gegangen. Ich wollte - ach, ich weiß gar nicht mehr, was ich eigentlich wollte.« Sie strich sich mit der Hand durch das dunkle Haar, packte es und riß daran, als verlange es sie danach, den Schmerz zu spüren. »Ich frage mich wirklich, wie ein Mensch so dumm sein kann. Beinahe hätte ich Robert und meine Schwester zum zweiten Mal überrascht. Und das Komische daran ist - ja, es wäre wirklich zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre -, daß er genau das gleiche sagte wie damals in Hampstead, als ich ihn mit Joy erwischte. ›Komm schon, Baby. Na komm schon, Joy. Komm! Komm!‹ Und dabei hat er zum Gotterbarmen gestöhnt und gekeucht.«
    Lynley sah sofort, daß diese Aussage den ganzen Fall in einem neuen Licht erscheinen ließ. »Um welche Zeit war das?« fragte er scharf.
    »Spät. Es war weit nach eins. Vielleicht fast zwei Uhr. Genau weiß ich es nicht.«
    »Aber Sie haben ihn gehört? Da sind Sie sicher?«
    »O ja. Ich habe ihn gehört.« Sie senkte den Kopf.
    Und dennoch, dachte Lynley, hatte sie auch danach noch versucht den Mann zu schützen. Soviel Selbstverleugnung war ihm unbegreiflich. Aber darauf wollte er jetzt nicht weiter eingehen, darum wechselte er das Thema.
    »Können Sie sich erinnern, wo Sie im März 1973 waren?«
    Im ersten Moment schien sie die Frage gar nicht zu verstehen. »1973? Wieso? Ich war - ja, ich war bestimmt zu Hause in London. Ich mußte mich um James kümmern, unseren Sohn. Er war erst im Januar zur Welt gekommen, und ich hatte mir Urlaub genommen.«
    »Aber Ihr Mann war nicht zu Hause?«
    Sie überlegte. »Nein, ich glaube nicht. Ich glaube, er reiste damals mit dem Tourneetheater. Warum? Was hat das mit dieser Geschichte hier zu tun?«
    Sehr viel, dachte Lynley. Er sprach konzentriert und eindringlich, als er ihr die Erklärung gab. »Ihre Schwester halte die Absicht, ein Buch über einen Mord zu schreiben, der im März 1973 verübt worden war. Der Mann, der diesen Mord beging, hat auch Ihre Schwester Joy und Gowan Kilbride getötet. Aber das, was wir bisher an Beweismaterial haben, ist praktisch unbrauchbar, Mrs. Sinclair. Wir brauchen Ihre Hilfe, wenn wir diesen Menschen überführen wollen.«
    Ihr Blick flehte darum, ihr die Wahrheit zu sagen. »Ist es Robert?«
    »Ich glaube es nicht. Trotz allem, was Sie uns berichtet haben, kann ich mir nicht vorstellen, wie er sich den Schlüssel zum Zimmer Ihrer Schwester beschafft haben soll.«
    »Aber wenn er an dem Abend bei ihr war, kann sie ihm den Schlüssel doch gegeben haben!«
    Das war in der Tat eine Möglichkeit, vor der Lynley die Augen nicht

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