02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
sein warmer Duft und begleitete sie sanft in ihre Träume.
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IHRE WAFFE ZU SEINEN FÜSSEN
Portland, Oregon · 23./24. März
Caterina schloss hinter sich das Zimmer des Motels ab und warf ihre Reisetasche auf das Bett. Sie war nach der langen, stressigen Nacht erschöpft und freute sich auf eine heiße Dusche und einige Stunden Schlaf. Sie roch nach Erde, Schweiß und Verfall; der Geruch der Toten hing an ihr wie ein fauliges Parfüm.
Nach einem Augenblick des Innehaltens stellte sie ihren Laptop auf den lackierten Schreibtisch und klappte ihn auf. Sie musste dringend einen Bericht über ihre Fortschritte schicken, um fürs Erste Zeit zu gewinnen. Nachdem sie die Minibar aufgeschlossen hatte, nahm sie eine Flasche eiskalten grünen SoBe-Eistee heraus, öffnete den Drehverschluss und nahm einen erfrischenden Schluck.
Dann ließ sie sich auf den Schreibtischstuhl fallen, klickte auf NEUE NACHRICHT und schrieb: Wells-Auftrag befriedigend abgeschlossen. Da uns Wallace nicht länger betrifft, holen wir jetzt etwas Schlaf nach und fliegen dann zurück.
Sie klickte auf SENDEN und klappte den Rechner wieder zu. Erschöpft schloss sie die Augen und drückte die kalte Flasche Eistee an ihre Stirn. Beck und Mrs. Wells zu begraben hatte sie mehr Kraft gekostet, als sie erwartet hatte – Kraft, die sie nicht hatte aufbringen wollen.
Der Mord an Mrs. Wells tat ihr leid. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, Athena könne ihre unheilbar kranke Mutter tot sehen wollen. Bei ihrem Vater hatte es sie nicht gewundert, vor allem, wenn man ihre offene Feindseligkeit ihm gegenüber bedachte. Aber da Athena wild entschlossen war, ihn Dante auszuliefern, hatte Caterina es für unbedenklich gehalten, sie eine Weile mit ihren Eltern allein zu lassen, während sie sich um Beck kümmerte.
Ein Fehler.
Da sie wusste, wie enthusiastisch Wells Dante von Geburt an gequält hatte, war sie davon ausgegangen, dass diesem Mann jegliche normale menschliche Regung, jedes Gefühl fremd sein musste.
Aber Wells’ maßloser Zorn nach Glorias Tod hatte ihr gezeigt, dass sie sich geirrt hatte – zumindest was seine Frau betraf.
Ich werde S dazu bringen, dich aus diesem Körper zu reißen und stattdessen deine Mutter hineinzugießen! Ich hätte dich ermorden lassen sollen, wie es deine Mutter vorgeschlagen hat! Du bist nichts anderes als ein schrecklicher, ekelhafter Fehler. Alexander wird dich mit Freuden umbringen! Er kann es schon kaum mehr erwarten!
Wells’ Drohungen hatten erst ein Ende gefunden, als Caterina ihm mehrere Schichten Isolierband über den Mund geklebt hatte.
Kein Wunder, dass Athena Wells irgendwann den Verstand verloren hatte.
Als Caterina diese Frau, die sich jetzt Hades nannte, beobachtet und ihr zugehört hatte, war ihr klargeworden, dass sie eine Hellseherin sein musste. Eine ungewöhnliche Begabung für eine Sterbliche, aber nicht einmalig. Doch war Athenas Blick in die Zukunft durch ihren Wahnsinn verstellt und die Klarheit ihrer Visionen von dem Müll durchsetzt, den der Sturm in ihrem Gehirn aufwirbelte?
Caterina hatte das Gefühl, dass die Antwort auf diese Frage sowohl Ja als auch Nein lautete.
Später hatte sie Athena ins Nebenhaus begleitet und ins Bett gebracht, wie Lyons sie gebeten hatte. Sie waren zu einer Vereinbarung gekommen: Sie würde sich um seine Schwester kümmern und um Dantes willen Wells beschützen, während er sicherstellte, dass Dante wohlbehalten bei ihnen eintraf. Außerdem sollte er sich darum bemühen, dass das Team, das auf Wallace angesetzt war, keinen Erfolg hatte.
Dante hatte Wallace das Leben gerettet und sie in seinen Armen aus dem Bush-Center getragen. Soweit Caterina das einschätzen konnte, bedeutete das, dass Wallace Dantes Geliebte war. Er hatte einen guten Grund, sie zu retten und zu beschützen.
»Zeit, ins Bett zu gehen«, sagt Caterina. »Ich habe es Ihrem Bruder versprochen.«
Athena zieht sich bis auf ihren BH und ihren Slip aus und schlüpft dann wie ein Kind ins Bett und unter die Decke. Sie starrt nach oben, während sich ihre Lippen flüsternd bewegen. Dunkle Schatten zeigen sich unter ihren Augen und lassen ihre Wangen wie eingefallen aussehen.
In Caterina breitete sich innerlich eine eisige Kälte aus, als sie sich umsieht. An jeder Wand hängen Bilder von Dante – Aufnahmen mit der Nachtkamera aus dem Bush-Center – sein blasses Gesicht versunken, seine Augen geschlossen, Lichtstrahlen umgeben ihn, dringen aus seinem Inneren.
Caterina beugt sich nach
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