02 - Schatten-Götter
er eine geformte Ledermaske, aber seine war größer und kunstvoller gearbeitet und hatte eine gerippte Halskrause, die an seinem Nacken in einem gefiederten Schwanz endete. Das schwere, dunkelbraune Leder der Maske glänzte stumpf, ebenso wie sein Brustharnisch. Er hatte hinter dem Eingang der Kaiserlichen Kaserne gewartet, als Nerek dort eintraf. Seinen rotgesäumten, schwarzen Umhang hatte er abgelegt, und von der Klinge seines gezückten Langschwertes tropfte Blut auf die großen Pflastersteine.
Jetzt umkreiste er Nerek ebenso langsam wie sie ihn, beobachtete jede ihrer Bewegung, wie sie die seinen. Sie hatte die zerstückelten Leichen auf dem Korridor hinter dem Eingang gesehen und wusste, dass seine Gefährten vermutlich mittlerweile längst den Hohen Turm erreicht hatten. Die Vorstellung, dass Bardow oder Alael in Gefahr waren, entfachte ihre Wut.
Dann griff der Maskierte mit einem Wirbel aus Hieben an, der Funken von Nereks Schwert schlug und sie zwang, zurückzuweichen. Sie knurrte und formte einen Strom von Quellfeuer zu einem langen Handschuh um ihre Linke, mit der sie das Langschwert des Mannes hoch oben an der Klinge packte. Mit einer kurzen Drehung ihres Handgelenks entwand sie ihm die Waffe, schwang sie herum und trennte dem Feind den Kopf von den Schultern. Als der Leichnam zu Boden stürzte, drang eine ihr nur zu vertraute, spöttische Stimme in ihre Gedanken.
Immer noch weist du mich ab und bekämpfst mich, teuerste Nerek,
sagte Byrnak.
So lange jedoch der Brunn-Quell in deinen Adern fließt, gehört ein Teil von dir mir. Ich würde dir ja Schutz und Vergebung gewähren, nur hast du, wie ich weiß, längst deine Entscheidung gefällt. Was für eine ruhmreiche und vergebliche Tat! Sei unbesorgt, denn ich werde diese Schlacht schon bald zu einem Ende bringen …
Sie achtete nicht auf die Stimme in ihren Gedanken und bemühte sich, Byrnaks Gegenwart vollkommen aus ihrem Bewusstsein zu verdrängen. Dann warf sie das Langschwert weg, das klappernd zu Boden fiel, marschierte durch die Eingangshalle und blieb an der Schwelle der Doppeltüren stehen, die auf den Exerzierplatz der Kaserne führten. Die Leichen von etwa einem Dutzend Ritter lagen vor der Tür. Der Anblick war fürchterlich. Einige Leichen wiesen grässliche Wunden auf, die noch schwelten. Das bedeutete, es war mindestens ein Brunn-Quell-Meister hier.
Ein tiefes, bestialisches Kreischen veranlasste Nerek, sich umzudrehen. Aus einem geöffneten Fenster sah sie in dem fallenden Schnee die dunkle, kauernde Gestalt eines Nachtjägers, der auf dem Spitzdach eines Gebäudes neben der Kaserne hockte. Was jeden Versuch, die Kaserne auf diesem Weg zu verlassen, ziemlich riskant machte.
Doch für Nerek gab es ohnehin nur eine Richtung: Vorwärts.
Yasgurs Laune hob sich, als die grauen Schneeschleier vom Norden heranwehten und sich über die Stadt legten. Seine Truppen warteten in dem zum Meer gerichteten Türmen der nördlichen und südlichen Mauer und waren mit Masken und Uniformen verkleidet, die sie gefallenen Feinden abgenommen hatten. Eigentlich hatte Yasgur vorgehabt, sie unter den Feind zu mischen, wo sie für Verwirrung sorgen und möglichst großen Schaden anrichten sollten, doch mittlerweile hatte sich ein lohnenderes Ziel angeboten.
Der Lordregent und sein Stab waren in einem runden, getarnten Turm verborgen, der zu einem Teil der Mauer gehörte, die von den Bastionen des Gallaro-Tores stadteinwärts führte. Von hier aus hatte er einen ausgezeichneten Blick über die nördliche und westliche Mauer wie auch auf die feindlichen Streitkräfte. Sein neues Ziel war diese lange, niedrige Kriegsmaschine, die langsam gegen die Stadt vorrückte, und über die er sich seit einer halben Stunde den Kopf zerbrach. Diese Maschine war von hunderten von Wachsoldaten umringt, also wäre es sinnlos, seine verkleideten Krieger gegen sie zu schicken. Nein, stattdessen sollten sie eines der feindlichen Katapulte erbeuten, die weit schwerer waren als die in der Stadt, und seine Feuerkraft gegen diese gewaltige Kriegsmaschine einsetzen.
Für diesen Zweck eignete sich das Katapult am besten, das hinter der Schmugglerklamm stationiert war. Seinen Männern drohte Gefahr von Kavallerie und Fußtruppen, die in Sichtweite der Klamm warteten, aber er hoffte, dass der Schneefall seinen Männer Deckung gewähren würde, wenn sie zu ihrer Aufgabe ausrückten.
Yasgur ließ ihnen den Befehl von seinem Fahnenoffizier überbringen, und während der Mann in die Kuppel
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