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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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empfundene Furcht flackerte in ihm auf, und er wollte sich zur Seite drehen, ausweichen…
    Zu spät.
    Die doppelschneidige Klinge durchdrang das mit Ketten gepanzerte Leder seines Harnischs, das Futter, durchbohrte ohne jeden Laut oder den geringsten Widerstand seine Brust und trat aus seinem Rücken wieder aus. Nerek ließ den Griff los und machte einen Schritt zurück. Im gleichen Moment hörte er tausende von Seelengebundenen Stimmen voller Todesqualen aufschreien, während eine dunkle, jubelnde Gottheit in seinem Bewusstsein bellte:
    …ja … Ja … JA!…
    Seine Glieder versagten ihm den Dienst. Er fiel auf die Knie und griff in dem Tumult in seinem Inneren mit seinem Bewusstsein nach dem Geist seiner Leibwache. Er fühlte, wie sie ihm entglitten, ebenso wie die Macht des Brunn-Quell. Das irre Gelächter des Fragments des Herrn des Zwielichts tobte in seinen Gedanken, lotete seine Grenzen aus, und er hörte es jubilieren:
stirb … Stirb … STIRB …
Er schien in zwei Teile zu zerbrechen. Durch einen grauen Schleier sah er, wie Nerek sich zu ihm herabbeugte und den Griff des Schwertes packte, vielleicht, um es aus ihm herauszuziehen. In seinem Inneren rauschte das Wesen des Herrn des Zwielichts herauf wie eine schwarze Woge, triumphierend, unersättlich und unaufhaltsam.
    …
endlich … Endlich … ENDLICH FREI!
    Er fühlte, wie sich der dunkle Geist von ihm trennte, als würde eine Myriade von winzigen Wurzeln ruckartig herausgerissen, und dabei ganze Schichten von ihm mit ausgelöscht…
    Er fühlte, wie das vereinte Schwert aus seiner Brust gezogen wurde, wie von Eis gesäumtes Feuer, das ihn glatt und sauber und betäubend durchschnitt…
    Er hörte, wie Nerek kreischte, aber er konnte durch den grauen Nebel des Vergessens, der vor ihm wirbelte und ihn völlig umhüllte, fast nichts erkennen. Dann löste sich das Grau auf, teilte sich, und ein blassblaues Licht schien aus einem Auge in ihn hinein. Das Auge hatte keine Pupille und schien den Kern anzustarren, der von ihm übrig war, jede Tiefe und Höhe zu prüfen, jeden Schleier und jedes Versteck zu erkennen. Dann wandte sich dieser Beobachter einen Herzschlag lang ab und kehrte mit der einzigen Eigenschaft zurück, die in seinem inneren Selbst fehlte.
    Dem Schmerz.
    Dem Schmerz der anderen.
    Bardow war vollkommen ausgebrannt, aber er weigerte sich, der bleiernen Erschöpfung nachzugeben, die ihn überkam, während er rücklings auf dem Absatz der geschwungenen Treppe lag und das fürchterliche Drama verfolgte, das sich unter ihm abspielte. Als Nerek Byrnak mit dem doppelschneidigen Schwert durchbohrte, stöhnten die maskierten Leibwächter hinter ihm wie aus einem Munde auf und taumelten zurück. Einige torkelten sogar durch die offene Tür hinaus. Die Energie des Brunn-Quell flackerte und waberte scheinbar ziellos um den knienden Schattenkönig wie ein erschüttertes Netz aus smaragdgrünen Blitzen.
    Die wenigen verbliebenen Paladine nutzten die Gelegenheit und streckten die Leibwächter nieder, die nicht geflohen waren und die keinen Widerstand leisteten. Währenddessen beugte sich Nerek dichter zu dem reglosen Byrnak hinab, der im Mittelpunkt dieses wogenden Netzes des Brunn-Quell kniete, auf das Schwert starrte, das ihn durchbohrte, und am ganzen Körper zitterte.
    Eine düstere Vorahnung durchzuckte Bardow, aber bevor er ihr eine Warnung zurufen konnte, packte Nerek den Schwertgriff und riss das Schwert aus Byrnaks Brust.
    Byrnak verkrampfte sich, warf den Kopf zurück und breitete die Arme weit aus. Ein dunkler Nebel quoll aus seinem gepanzerten Körper, und formte sich zu einer geisterhaften Gestalt, die an ihm zerrte, bis sie sich schließlich von ihm losriss. Während sie emporstieg, ging eine geisterhafte, schwarze Strahlung von ihr aus, die alles und jeden in ein tödliches Grau tauchte. Doch nur für einen Augenblick. Im nächsten Moment verzerrte sich ihre Fratze zu einem lautlosen Knurren, sie zuckte direkt auf Nerek hinab und drang in sie ein. Nerek stieß einen gequälten Schrei aus und stürzte schlaff zu Boden. Das Schwert fiel aus ihren kraftlosen Fingern. Entsetzt wuchtete Bardow sich hoch, keuchte und verwünschte seine Schwäche. Ich muss schlafen, dachte er, als er die Treppe hinunterstieg. Bald.
    »Erzmagier«, sagte einer der Paladine, der mit einem gezückten Dolch neben Byrnak stand. »Der hier lebt noch. Soll ich ihn töten?«
    Alle sahen Bardow an. Er hätte sich am liebsten zu Boden sinken lassen und wäre eingeschlafen,

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