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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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benetzte den eisigen Boden, und Leichen von Männern und Pferden lagen überall in der Schlucht verstreut. Sie verblassten, als der Schnee sie gnädig bedeckte. Die tödlich Verwundeten wurden rasch von ihren Leiden erlöst, während diejenigen, die sich ergaben, entwaffnet und gezwungen wurden, zu Fuß zu gehen. Mazaret war abgestiegen und schritt zu einer Stelle, wo ein Haufen seiner Leute gemeinsam mit Domas' Männern etwas umringte, das er nicht erkennen konnte. Einige sahen ihn kommen, und ihre Mienen waren besorgt, als sie zur Seite traten und ihm Platz machten. Schließlich stand Mazaret vor einem Feind, den er bereits zweimal geschlagen hatte. Azurech war ein großer Mann mit einem kantigen Kinn. Er lag ausgestreckt auf dem Boden und stützte den Kopf gegen ein totes Pferd. Seine Wunden waren schrecklich. Ein Bein war zerschmettert und lag in einem unmöglichen Winkel da. Sämtliche Knochen mussten gebrochen sein. An einem Arm fehlte ihm die Hand, während ihm der andere an der Schulter abgetrennt worden war.
    Und immer noch lebte er. Schwarzes Blut durchtränkte seine Rüstung und den Boden unter ihm, aber die Blutungen schienen von selbst zum Stillstand gekommen zu sein. Er lebte und atmete. Sein Gesicht in dem schwarzen Helm war eine wächserne Maske, und von einem graurosa Farbton überzogen. Aus rotgeränderten, lebendigen Augen starrte er Mazaret an und lächelte kalt.
    »Eure Gedanken stehen Euch ins Gesicht geschrieben, Mylord.« Azurechs Stimme war unerwartet tief und deutlich. »Ihr hegt Gedanken wie: ›Wie kann das sein?‹ und ›Kann man ihn überhaupt töten?‹ oder gar: ›Soll ich ihn zur Verurteilung mitnehmen?‹«
    »Nur der dritte Eurer verwirrten Gedanken trifft zu«, erwiderte Mazaret. »Ihr werdet mit uns zurückkehren und Euch für Eure hinterhältigen Taten verantworten.«
    Azurech warf ihm unter gesenkten Lidern einen spöttischen Blick zu. »Hmm, Besh-Darok. Eine lohnende Beute, nach allem, was ich gehört habe. Falls Ihr mich dorthin schafft, werdet Ihr Euch vielleicht bald wünschen, Ihr hättet es nicht getan.«
    Mit einer geschmeidigen Bewegung zog Mazaret sein Schwert und richtete die Spitze auf die Kehle des Kriegsherrn.
    »Dann setze ich Eurem Leben vielleicht gleich hier ein Ende«, sagte er. »Ein Stoß, und es gibt keinen Untoten mehr.«
    Die Soldaten nickten und murmelten zustimmend. Mazaret sah, wie Domas von der Seite zusah und den Männern beipflichtete.
    Azurech schnaubte verächtlich.
    »Mein Gebieter ist der große Schattenkönig Byrnak, Ihr Narr. Er hat mir versprochen, dass mein Leben niemals endet. Ihr habt keine Vorstellung von den Mächten, gegen die Ihr Euch stellt. Metzelt mich ruhig nieder. Mein Gebieter ruft meinen Geist aus den schwächlichen Banden des Reichs der Erden-Mutter zurück und kleidet mich in neues Fleisch. Dann werden wir unseren Strauß weiter ausfechten, Ihr und ich.«
    Furchtsames Gemurmel erhob sich unter den Zuschauern, und einige machten abwehrende Gesten gegen das Böse, doch jetzt grinste Mazaret.
    »Es gibt andere Gefängnisse«, erklärte er. »Die Mine und die Zisternenverliese von Roharka, zum Beispiel. Möglicherweise fühlt Ihr Euch mit Eurem zerschlagenen Körper dort ja behaglich.«
    Azurechs Blick verhärtete sich vor Hass. »Es gibt Wege und Möglichkeiten. Ich habe vielleicht kein Talent zur Hexerei, aber die Macht meines Gebieters reicht bis in die tiefsten Gruben und zu den höchsten Gipfeln. Ich werde nicht lange gefangen sein.«
    »Ein Jammer«, sagte Mazaret zu den Herumstehenden. »Er ist ebenso uneinsichtig wie untot. Bringt einen der Wagen her, damit wir unseren unglücklichen Gast transportieren …«
    Ein Geräusch durchdrang das hohle Ächzen des Schneesturms. Es war ein gellender Schrei, der vom Himmel herab ertönte. Die Männer spähten ängstlich hinauf. Mazaret packte den Griff seines Schwertes fester und wollte gerade nach Terzis rufen, als der Schrei wieder ertönte, diesmal lauter und näher. Ihm antwortete ein ähnlicher Schrei aus einer anderen Richtung. Die hohen, schrillen Rufe kamen schnell näher und näher. »Erlösung«, murmelte Azurech, als eine große, geflügelte Gestalt aus dem grauen Schleier des Schneesturms auftauchte. Peitschenartige Tentakel und scharfe Flügelspitzen schnitten durch die Luft. Die Gelenke ihrer Hinterbeine und die Knöchel ihrer mit Klauen bewehrten Vorderbeine waren mit Stacheln gespickt. Der schmale, gepanzerte Kopf hatte einen gewaltigen Kiefer, der mit gezackten

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