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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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um die Griffe ihrer Schwerter krampften und in gnadenlose Blicke, die an Pfeilen entlang gerichtet waren, in grausame Klauen, die an gekrümmten Händen saßen, die nichts Menschliches hatten …
    Der Schrei eines Mannes vertrieb schlagartig alle Truggebilde. Es war ein gequälter Schrei, der unvermittelt abbrach. Gilly war erleichtert. Offenbar hatte Keren einen ihrer Verfolger erledigt. Der Schrei war von einer Stelle unmittelbar vor ihm gekommen, vielleicht fünfzig Meter hinter der Flanke einer schwarzen Masse, die einem kleinen Hügel ähnelte. Dann hörte er, wie der zweite Brigant furchtsam nach seinem Kameraden rief. Seine Schreie verwandelten sich jedoch in bösartige Versprechungen, was er mit Keren anstellen würde, falls er sie erwischte. Im nächsten Moment verstummte auch er, doch vorher hatte Gilly erkannt, dass er den Hügel auf der rechten Seite umging.
    Du hättest besser deinen Mund gehalten, Junge, dachte Gilly, während er behutsam den Hügel hinaufstieg. Nach kaum einem Dutzend Schritten wurde ihm übel und schwindlig, und sein Magen drohte zu revoltieren. Er musste stehen bleiben. Hatte er vielleicht etwas Verdorbenes gegessen, oder stiegen giftige Dämpfe aus dem vom Regen der Nacht aufgeweichten Boden auf? Gilly wollte sich nicht von seinem Kurs abbringen lassen, atmete tief durch, schluckte seinen Ärger herunter und stürmte weiter hügelan.
    Nach einigen Schritten überkam ihn das Gefühl, als müsste er sterben. Die Luft brannte in seinen Lungen, und er schlotterte an allen Gliedern, während ihn die Kraft zusehends verließ. Er taumelte im Dunklen gegen einen großen Baum, drückte sein Gesicht gegen die feuchte Borke und atmete tief die kühlen, feuchten Gerüche des Waldes und des Mooses ein. Schließlich sackte er zu Boden …
    … und fand sich am Rand einer von einem merkwürdigen Leuchten erhellten Lichtung wieder. Ein Leuchten überzog die Blüten der vielen Büsche und schien vom Mittelpunkt eines weiten Kreises aus großen Steinquadern auszugehen. Seine Übelkeit verflog beinahe augenblicklich, und seine aufgewühlten Sinne wurden von dem leisen Gesang vieler Stimmen besänftigt, die denselben Ton hielten. Der Klang schwebte in der Luft. Aber mit seiner Kraft verstärkte sich auch das Gefühl von Unbehagen.
    Der Hügel war eigentlich eine flache Anhöhe mitten zwischen den steilen Hängen, die Gronanvel flankierten. Alles außerhalb der Lichtung lag in tiefster Dunkelheit. In der Mitte des Steinkreises befand sich der Stumpf eines ehemals majestätischen Baumes, von dem das Leuchten ausging. Ein einzelner Ast ragte von ihm steil in die Luft. Die Wasser des kleinen Teichs daneben schimmerten golden und bläulich. Eine schlanke, in braune Roben gekleidete, alte Frau stand vollkommen in Andacht versunken daneben. Gilly verbarg sich hinter einen der großen Quader und beobachtete sie. Dabei streifte er einen der erleuchteten Büsche, aus dessen Blüten strahlende Funken in die reglose Luft emporstoben, von denen jeder ein leises Klingeln erzeugte, das allmählich verklang.
    Die alte Frau schien das jedoch nicht zu bemerken. Sie konzentrierte sich auf den zähen Wirbel aus Nebel, der aus dem Teich aufstieg. Gilly hatte Keren und ihren Verfolger vergessen und sah ihr gebannt zu. Ein tiefer Ton mischte sich in den gedämpften, geisterhaften Chor, als die alte Frau ihre Arme vor der undurchsichtigen Nebelsäule ausbreitete.
    »Große Weltenmähre, höre deine Dienerin Valysia!«, deklamierte sie mit brüchiger Stimme. »Zeige mir die dunklen Geheimnisse, entschleiere die geheimen Pfade und die Keime der Macht, schenke mir die uralten Worte des Schaffens und Vergehens …«
    Plötzlich stieß sie einen erschreckten Schrei aus, als in dem nebligen Strudel ein Licht aufflammte, aus dem glühende Fäden und Tentakel zuckten. Gilly stand wie angewurzelt da, während er fasziniert und ängstlich zusah. Die alte Frau hob eine zitternde Hand und deklamierte einige unverständliche Worte, bevor sie zurücktrat. Der schimmernde Strudel wurde langsamer und gewann an Form, bis er einen erkennbaren Umriss annahm. Es war eine Gestalt mit vier Beinen, viel massiger und größer als ein Mensch. Bald nahm Gilly mehr Einzelheiten war, die Kontur eines Pferdes, nur dass die Ohren runder waren und sich zwei kurze, starre Hörner auf seinem Kopf befanden …
    Er fuhr zusammen, als er die Gestalt erkannte. Eine Hexenmähre.
    Die fahle Erscheinung scheute, stieß ein merkwürdiges, verzweifeltes Wiehern aus,

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