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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Finger in die Höhe. »Aber kein Sterbenswörtchen zu irgendwem.«
    Cicero bedeutete ihm, sich zu setzen. »Du weißt, dass ich ein diskreter Mensch bin.«
    »Das wird dich köstlich amüsieren«, sagte Clodius und setzte sich. »Das ist deine Rettung.«
    »Ich hoffe, du versprichst nicht zu viel.«
    »Bestimmt nicht.« Clodius zupfte sich kichernd an einem Ohrläppchen. »Unser ›Herr über Land und Meer‹ lässt sich scheiden.«
    Cicero hatte sich – wie immer, wenn er an Clodius’ Geschichten
Gefallen fand – mit einem leichten Lächeln auf den Lippen in seinem Sessel zurückgelehnt. Jetzt aber richtete er sich langsam auf. »Bist du dir da absolut sicher?«
    »Ich habe es gerade von deiner Nachbarin erfahren, meiner allerliebsten Schwester – die dich übrigens herzlichst grüßen lässt. Sie selbst weiß es seit gestern Abend, von einem Sonderkurier ihres Mannes Celer. Offenbar hat Pompeius Mucia in einem Brief wissen lassen, dass er sie nicht mehr im Haus sehen will, wenn er nach Rom zurückkehrt.«
    »Wann wird das sein?«
    »In ein paar Wochen. Seine Flotte ist kurz vor Brundisium. Vielleicht ist er sogar schon an Land gegangen.«
    Cicero pfiff leise. »Dann kommt er also zu guter Letzt wieder nach Hause. Nach sechs Jahren. Fast habe ich geglaubt, dass ich ihn nie wiedersehe.«
    »Na, gehofft, dass du ihn nie wiedersiehst, trifft es wohl besser.«
    Das war eine unverschämte Bemerkung, aber Ciceros Gedanken waren so sehr mit Pompeius’ bevorstehender Rückkehr beschäftigt, dass ihm das gar nicht auffiel. »Wenn er sich scheiden lässt, dann heißt das wohl, dass er eine andere heiratet. Weiß Clodia, wen er da im Auge hat?«
    »Nein, nur dass Mucia ihre paar Sachen packen kann und die Kinder bei Pompeius bleiben. Obwohl er die kaum kennt. Mucias Brüder schäumen vor Wut, wie du dir vorstellen kannst. Celer tobt, dass man ihn betrogen hat. Nepos tobt noch mehr. Clodia findet das alles natürlich sehr amüsant. Trotzdem, eine ziemliche Kränkung. Ihre Schwester vor aller Augen wegen Ehebruchs vor die Tür zu setzen. Nach allem, was sie für ihn getan haben.«
    »Und? War sie eine Ehebrecherin?«
    »War sie eine Ehebrecherin?« Clodius verfiel in ein überraschend schrilles Kichern. »Seit dem Tag, als er die Stadt verlassen
hat, hat sich die Schlampe auf den Rücken geworfen und mit den Beinen in der Luft rumgestrampelt. Jetzt erzähl mir bloß nicht, dass du sie nicht auch gehabt hast? Wenn doch, warst du wahrscheinlich der Einzige in ganz Rom.«
    »Hast du getrunken?«, fragte Cicero. Er beugte sich vor, schnüffelte und rümpfte die Nase. »Verdammt, du hast getrunken. Ich schlage vor, du verschwindest jetzt und wirst wieder nüchtern. Und benimm dich in Zukunft.«
    Einen Augenblick lang dachte ich, Clodius würde ihn schlagen. Doch dann schüttelte er nur spöttisch grinsend den Kopf. »Was bin ich nur für ein schrecklicher Mensch. Ein schrecklicher, schrecklicher Mensch …«
    Er sah so komisch aus, dass Cicero seinen Zorn vergaß und anfing zu lachen. »Also los, verschwinde«, sagte Cicero. »Spiel deine bösen Spielchen woanders.«
    So war Clodius, bevor er ein anderer wurde: ein launischer Junge – ein launischer, verdorbener, liebenswürdiger Junge. »Der Bursche amüsiert mich«, sagte Cicero, nachdem der junge Patrizier gegangen war. »Und doch kann ich nicht gerade behaupten, dass ich ihn mag. Was soll’s?«, fügte er hinzu. »Wer mir derart faszinierende Neuigkeiten überbringt, dem verzeihe ich jede Rüpelhaftigkeit.« Er war jetzt so sehr damit beschäftigt, die möglichen Folgen von Pompeius’ Heimkehr und seiner Wiederverheiratung abzuwägen, dass er das Versepos völlig vergaß. Zumindest dafür war ich Clodius dankbar und dachte den ganzen Tag über nicht mehr an seinen Besuch.

    Ein paar Stunden später kam Terentia in die Bibliothek, um sich von ihrem Mann zu verabschieden. Sie ging zu den nächtlichen Kulthandlungen für die Bona Dea und würde erst am nächsten Morgen zurückkehren. Die Beziehung zwischen
ihr und Cicero hatte sich abgekühlt. Ihre privaten Gemächer im oberen Stockwerk waren zwar erlesen, trotzdem verabscheute sie das Haus noch immer. Vor allem verabscheute sie das späte Kommen und Gehen in Clodias verrufenem Salon nebenan sowie die Nähe zum lärmenden Forum, von wo die Leute sie anstarrten, wann immer sie mit ihren Mädchen hinaus auf die Terrasse ging. Um sie zu besänftigen, überschlug sich Cicero geradezu vor Freundlichkeit.
    »Und wo findet die

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