02 Titan
Zeremonie für die Bona Dea heute Nacht statt? Falls …«, fügte er mit einem Lächeln hinzu, »… eine derart heilige Information etwas so Minderem wie einem Mann überhaupt anvertraut werden darf?« (Die Riten fanden jedes Jahr im Haus eines anderen hohen Würdenträgers statt, dessen Frau für die Organisation verantwortlich war.)
»Im Haus von Caesar.«
»Und Aurelia führt den Vorsitz?«
»Pompeia.«
»Kommt Mucia auch?«
»Nehme ich an. Warum sollte sie nicht?«
»Aus Scham vielleicht.«
»Warum das?«
»Anscheinend lässt sich Pompeius von ihr scheiden.«
»Ach?« Gegen ihren Willen konnte Terentia ihr Interesse nicht verbergen. »Woher weißt du das?«
»Clodius war vorhin da, er hat es mir erzählt.«
Sofort presste sie missbilligend die Lippen zusammen. »Dann ist wahrscheinlich nichts dran. Du solltest wirklich auf deinen Umgang achten.«
»Ich pflege Umgang, mit wem ich will.«
»Das tust du zweifellos, aber musst du uns auch da mit hineinziehen? Es ist schon schlimm genug, dass wir Tür an Tür mit seiner Schwester leben, da brauchen wir nicht auch noch den Bruder unter unserem Dach.«
Ohne ein weiteres Wort des Abschieds drehte sie sich um und stolzierte über den Marmorboden davon. Beim Anblick ihres schmalen Rückens verzog Cicero das Gesicht. »Erst war das alte Haus zu weit weg von allem. Und jetzt ist das neue zu nah dran an allem. Sei froh, Tiro, dass du nicht verheiratet bist.«
Mir lag die Antwort auf der Zunge, dass ich in der Hinsicht wohl kaum eine Wahl gehabt hatte.
Schon seit Wochen hatte er für diesen Abend eine Einladung zum Abendessen bei Atticus. Quintus war auch eingeladen und merkwürdigerweise auch ich: Unser Gastgeber wollte, dass wir vier an exakt dem gleichen Ort und exakt um die gleiche Zeit wie letztes Jahr darauf anstießen, dass wir und Rom überlebt hatten. Cicero und ich trafen bei Einbruch der Dunkelheit ein. Quintus war schon da. Aber obwohl Essen und Wein gut waren, das Thema Pompeius ausreichend Stoff zum Plaudern bot und die Atmosphäre in der Bibliothek der Unterhaltung förderlich war, war das Treffen doch kein Erfolg. Wir waren alle nicht gut aufgelegt. Cicero war nach seiner Begegnung mit Terentia schlechter Laune und machte sich außerdem Sorgen wegen Pompeius’ Rückkehr. Quintus’ Amtszeit als Prätor neigte sich ihrem Ende zu, er war hoch verschuldet und besorgt, welche Provinz ihm bei der bevorstehenden Verlosung zufallen würde. Sogar Atticus, dessen epikureische Lebenshaltung normalerweise von der Außenwelt unberührt blieb, lag irgendetwas auf der Seele. Wie üblich passte ich mich ihren Launen an und sprach nur, wenn ich gefragt wurde. Wir tranken auf den ruhmreichen vierten Dezember, aber ausnahmsweise war selbst Cicero nicht in der Stimmung für erinnerungsselige Schwelgereien. Plötzlich erschien es ihnen unpassend, den Tod von fünf Männern zu feiern, so niederträchtig diese auch gewesen sein mochten. Die Vergangenheit senkte sich wie ein feuchtkalter Schatten auf
uns herab und erstickte alle Gespräche. Schließlich sagte Atticus: »Ich überlege, ob ich nicht wieder nach Epirus zurückgehen soll.«
Kurz herrschte Schweigen.
»Wann?«, fragte Cicero ruhig.
»Sofort nach den Saturnalien.«
»Du überlegst doch schon gar nicht mehr«, sagte Quintus mit leicht gehässigem Unterton. »Du hättest doch gar nicht davon angefangen, wenn du dich nicht schon entschieden hättest.«
»Warum willst du denn gerade jetzt wieder zurück?«, fragte Cicero.
Atticus spielte mit dem Stiel seines Glases herum. »Ich bin vor zwei Jahren nach Rom zurückgekommen, weil ich dir helfen wollte, die Wahl zu gewinnen. Seitdem habe ich dich immer unterstützt. Aber jetzt scheinen die Dinge zur Ruhe gekommen zu sein. Ich glaube nicht, dass du mich noch brauchst.«
»Und ob ich dich brauche«, sagte Cicero beharrlich.
»Außerdem habe ich mich dort um geschäftliche Angelegenheiten zu kümmern.«
»Ah so«, sagte Quintus in sein Glas. »Geschäftliche Angelegenheiten. Jetzt kommen wir der Sache schon näher.«
»Was meinst du damit?«, fragte Atticus.
»Nichts.«
»Nein, nein, so nicht … was liegt dir auf der Seele?«
»Lass ihn in Ruhe, Quintus«, sagte Cicero mit warnender Stimme.
»Na ja«, sagte Quintus. »Ich meine nur, dass Marcus und ich uns mit den Gefahren des öffentlichen Lebens herumschlagen und die harte Arbeit erledigen müssen, während du zwischen deinen Gütern hin- und herpendelst und dich ganz nach Belieben um deine
Weitere Kostenlose Bücher