02 Titan
Becher gleich wieder hin.
»Unter unseren Senatorenkollegen wird jetzt sicher Panik herrschen«, bemerkte Hortensius.
»Ich fühle mich wie erschlagen«, sagte Catulus.
»Vier Stimmen!«
»Ich werde mich um meine Fische kümmern, Philosophie studieren und auf den Tod vorbereiten. In dieser Republik ist kein Platz mehr für mich.«
Kurz darauf kam Quintus mit Neuigkeiten aus dem Gericht. Er habe mit den Anklagevertretern gesprochen, sagte er, und mit drei der Geschworenen, die für schuldig gestimmt hatten. »Sieht ganz so aus, als hätten wir es mit dem größten Fall von Bestechung in der Geschichte der römischen Justiz zu tun. Es gehen Gerüchte um, dass man einigen von den Wortführern der Geschworenen vierhunderttausend
Sesterze geboten haben soll, damit sie sich für Clodius stark machen.«
»Vierhunderttausend?« , wiederholte Hortensius ungläubig.
»Woher soll Clodius so viel Geld nehmen?«, fragte Lucullus. »Seine miese Schlampe von Ehefrau ist zwar reich, aber so reich …«
»Es heißt doch, dass das Geld von Crassus kommt«, sagte Quintus.
Zum zweiten Mal an diesem Tag schwankte der Boden unter meinen Füßen. Cicero warf mir einen kurzen Blick zu.
»Ich kann das einfach nicht glauben«, sagte Hortensius. »Warum sollte Crassus ein Vermögen ausgeben, um Clodius den Kopf zu retten, ausgerechnet ihm?«
»Ich kann euch nur berichten, was die Leute so erzählen«, erklärte Quintus. »Danach hätte Crassus gestern Abend in seinem Haus nacheinander mit zwanzig Geschworenen gesprochen und jeden Einzelnen gefragt, was er verlangen würde. Manche hätten sich offene Rechnungen bezahlen lassen, mit anderen hätte er geschäftliche Verträge gemacht, und der Rest hätte einfach Bargeld kassiert.«
»Aber das ist dann immer noch nicht die Mehrheit«, sagte Cicero.
»Richtig, aber auch Clodius und Fulvia sollen nicht untätig gewesen sein«, sagte Quintus. »Und zwar nicht nur mit ihrem Gold. In den Betten einiger hochnobler Häuser Roms soll es letzte Nacht hoch hergegangen sein. Einige der Geschworenen haben sich ihre Zustimmung wohl in anderer Münze auszahlen lassen – in männlicher oder weiblicher. Es heißt, für ein paar Stimmen hätte auch Clodia höchstpersönlich hart gearbeitet.«
»Cato hatte die ganze Zeit Recht«, sagte Lucullus. »Unsere Republik ist bis ins Mark verrottet. Wir sind am Ende. Und Clodius ist die Made, die uns alle vernichtet.«
»Könnt ihr euch vorstellen, dass ein Patrizier zu den Plebejern überläuft?«, fragte Hortensius fassungslos. »Könnt ihr euch vorstellen, dass jemand so etwas wollen kann?«
»Meine Herren, meine Herren«, sagte Cicero. »Wir haben einen Prozess verloren, das ist alles, wir dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren. Clodius ist nicht der erste Schuldige, der als freier Mann einen Gerichtssaal verlässt.«
»Er wird dich jetzt hetzen, mein Bruder«, sagte Quintus mit warnender Stimme. »Wenn er wirklich zu den Plebejern überläuft, dann wird er auch zum Volkstribun gewählt. Er ist jetzt so populär, dass ihn nichts mehr aufhalten kann. Und wenn er erst mal die Macht des Tribunats hat, dann kann er dir großen Ärger bereiten.«
»Das ist ausgeschlossen«, sagte Cicero. »Die staatlichen Behörden werden nie zulassen, dass er die Seiten wechselt. Und wenn es durch irgendein wahnwitziges Missgeschick doch dazu kommen sollte – glaubst du allen Ernstes, dass ich, der ich mit nichts angefangen und so viel in dieser Stadt erreicht habe, nicht mit einem grinsenden perversen Kindskopf wie unserem kleinen Schönling fertigwerden würde? Dem breche ich mit einer einzigen Rede das Kreuz.«
»Du hast Recht«, sagte Hortensius. »Und du kannst dich darauf verlassen, dass wir dich nicht im Stich lassen werden. Wenn er es wagen sollte, dich anzugreifen, kannst du dich jederzeit unserer Unterstützung sicher sein. Was sagst du, Lucullus?«
»Natürlich.«
»Catulus, einverstanden?« Aber Catulus reagierte nicht. »Catulus?« Wieder keine Antwort. Hortensius seufzte. »Er ist ziemlich alt geworden in letzter Zeit. Weck ihn auf, Tiro.«
Ich legte Catulus die Hand auf die Schulter und schüttelte ihn sanft. Sein Kopf kippte zur Seite, und ich musste fest zupacken, sonst wäre er vom Stuhl auf den Boden gestürzt. Sein Kopf fiel nach hinten, und sein ledriges altes Gesicht
blickte mich an. Die Augen standen offen. Die Mundwinkel hingen schlaff herunter, Speichel lief ihm übers Kinn. Erschrocken riss ich die Hand zurück. Quintus trat zu ihm,
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