02 Titan
märchenhaften goldenen Brustpanzer und zudem einen
prachtvollen Umhang, der einst Alexander dem Großen geh ört hatte. Tausende seiner Veteranen standen bereit, um mit Hunderten von Wagen voller Kriegsbeute mit ihm in die Stadt zu ziehen.
Bis zu jenem Augenblick hatte Cicero das Ausmaß von Pompeius’ Reichtum nicht wirklich begriffen. Wie er einmal zu mir sagte: »Eine Million, zehn Millionen, hundert Millionen, was ist das? Nichts als Worte. Was das bedeutet, sprengt jede Vorstellungskraft.« Pompeius hatte allerdings diese Reichtümer an einen Ort herangeschafft und demonstrierte auf diese Weise seine Macht. Im Rom jener Zeit bekam zum Beispiel ein geschickter Mann für einen ganzen Tag Arbeit eine Silberdrachme – wenn er Glück hatte. An jenem Morgen hatte Pompeius offene Truhen aufgestellt, in denen vor aller Augen fünfundsiebzig Millionen Silbermünzen funkelten: mehr als die jährlichen Steuereinnahmen des gesamten Römischen Reiches. Und das war nur das Bargeld. Die Parade überragte eine zwölf Fuß hohe Statue von Mithridates aus massivem Gold, deren Wagen von vier Ochsen gezogen wurde. Außerdem gab es zu bestaunen: den Thron und das Zepter von Mithridates, ebenfalls aus Gold, sowie dreiunddreißig seiner aus Perlen hergestellten Kronen; drei goldene Statuen von Apollo, Minerva und Mars; einen Berg aus Gold in der Form einer Pyramide mit Hirschen, Löwen und allen Arten von Früchten, der von goldenen Weinblättern umrankt wurde; ein kariertes, etwa drei Fuß langes und vier Fuß breites Spielbrett aus wertvollen grünen und blauen Edelsteinen, auf dem ein dreißig Pfund schwerer massivgoldener Mond thronte; eine Sonnenuhr aus Perlen; fünf Wagen mit den wertvollsten Büchern aus der königlichen Bibliothek. Das Ganze machte einen tiefen Eindruck auf Cicero, der erkannte, dass ein derartiger Reichtum unabsehbare Folgen für Rom und dessen Politik haben würde. Es bereitete ihm das größte Vergnügen, Crassus damit
zu ärgern. »Tja, Crassus, du hattest ja mal den Ruf, der reichste Mann Roms zu sein. Damit ist es wohl vorbei, könnte ich mir vorstellen. Sollte mich nicht wundern, wenn du Pompeius demnächst mal um einen Kredit bitten würdest.« Crassus lächelte verkniffen, aber es war nicht zu übersehen, dass ihm der Anblick den Atem raubte.
Pompeius schickte all das am ersten Tag in die Stadt, hielt sich selbst aber weiterhin außerhalb der Stadtmauern auf. Am zweiten Tag, seinem Geburtstag, begann die triumphale Parade mit den Gefangenen, die er aus dem Osten mitgebracht hatte: zuerst die Heerführer, dann die Beamten von Mithridates’ Hofstaat, dann eine Gruppe gefangener Piratenkapitäne, dann der König der Juden, gefolgt vom König von Armenia mit Frau und Sohn, und schließlich, als Höhepunkt dieses Teils der Prozession, sieben von Mithridates’ Kindern und eine seiner Schwestern. Auf dem Forum Boarium und im Circus Maximus wurden sie von Tausenden von Zuschauern verhöhnt und mit Kot und Dreck beworfen, so dass sie, als sie schließlich über die Via Sacra dem Carcer entgegenstolperten, wie zum Leben erweckte Tonfiguren aussahen. Unter den Augen des Carnifex und seiner Helfer mussten sie zitternd auf ihr Schicksal warten, während das vom Triumphbogen kommende, noch weit entfernte Grollen ihnen signalisierte, dass ihr Bezwinger nun endlich in die Stadt eingezogen war.
Cicero wartete ebenfalls, zusammen mit seinen Kollegen, vor dem Senatsgebäude, ich stand auf der anderen Seite des Forums. Als die Parade zwischen uns hindurchzog, verlor ich ihn inmitten des Siegestaumels immer wieder aus den Augen. Ich sah Wagen mit farbenprächtigen Tafeln, die jede Nation darstellten, die Pompeius unterworfen hatte, Albania, Syria, Palaestina, Arabia und so weiter, Wagen mit einigen der achthundert bronzenen Rammsporne der Piratenschiffe, die er gekapert hatte, Wagen mit glitzernden Haufen aus
Rüstungen, Schilden und Schwertern, die er von Mithridates’ Armeen erbeutet hatte. Dazwischen marschierten Pompeius’ Soldaten, die zotige Gesänge auf ihren Kriegsherrn zum Besten gaben, der schließlich als Letzter selbst ins Forum einzog. Er stand auf seinem juwelenbesetzten Triumphwagen, trug eine purpurfarbene Toga, die mit goldenen Sternen bestickt war, und natürlich den Umhang von Alexander. Direkt hinter ihm stand der Sklave, dem traditionell die Aufgabe zukam, ihm ins Ohr zu flüstern, dass er nur ein Mensch sei. Ich beneidete den armen Burschen nicht um seine Arbeit, und er ging Pompeius
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