02 Titan
Beherrschung.
»Die Regierung dieser Republik ist zu einem Zerrbild verkommen«, brüllte er. »Dafür werde ich mich nicht mehr hergeben. Ihr habt euch des Namens des römischen Senats als unwürdig erwiesen. Solange ich präsidierender Konsul bin, werde ich den Senat an keinem Tag mehr einberufen. Bleibt zu Hause, meine Herren, und tut, was auch ich tun werde. Befragt euer Herz, ob ihr eure Rolle mit Würde gespielt habt.«
Viele der Anwesenden senkten beschämt den Kopf. Caesar jedoch, der zwischen Pompeius und Crassus saß und Bibulus’ Worten mit einem leichten Lächeln auf den Lippen zugehört hatte, stand sofort auf und sagte: »Bevor Marcus Bibulus zur Befragung seines Herzens nach Hause geht und diese Kammer für einen Monat vertagt, möchte ich euch daran erinnern, dass dieses neue Gesetz uns alle zu dem Schwur verpflichtet, es auch einzuhalten. Ich beantrage deshalb, dass wir uns alle zusammen, als versammelte Senatorenschaft, zur Area Capitolina begeben und diesen Schwur leisten, um vor aller Augen unsere Einheit mit dem Volk zu demonstrieren.«
Cato sprang auf. Er trug einen Arm in der Schlinge. »Das ist ein Skandal!«, protestierte er. Zweifellos nagte es an ihm, dass er sich auf seinem ureigenen Feld der moralischen Überlegenheit vorübergehend von Bibulus hatte überflügeln lassen müssen. »Ich werde dein rechtswidriges Gesetz nicht unterzeichnen!«
»Ich auch nicht«, rief Celer, der seine Abreise nach Gallia Transalpina verschoben hatte, um Caesar Widerstand zu leisten. Noch mehrere andere schlossen sich an – darunter der junge Marcus Favonius, ein Jünger Catos, und der ehemalige Konsul Lucius Gellius, der schon weit über siebzig war.
»Tja, das müsst ihr selbst wissen«, sagte Caesar achselzuckend. »Aber vergesst nicht: Der Verstoß gegen die Bestimmungen des Gesetzes kann mit dem Tod bestraft werden.«
Ich hatte nicht erwartet, dass Cicero sich auch zu Wort melden würde, aber nun stand er sehr langsam auf, und es war wohl ein Tribut an seine Autorität, dass es in der Kammer schlagartig ruhig wurde. »Ich habe nichts gegen das Gesetz dieses Mannes«, sagte er und schaute Caesar offen ins Gesicht. »Auch wenn ich die Methoden, mit denen er es uns aufgezwungen hat, gänzlich missbillige und verurteile. Und dennoch«, fuhr er fort und wandte sich dabei zur Kammer um, »es ist Gesetz, das Volk will es, und es verlangt von uns, dass wir diesen Eid leisten. Deshalb sage ich zu Cato und Celer und allen meinen anderen Freunden, die daran denken, sich zu toten Helden zu machen: Das Volk wird euer Verhalten nicht verstehen, denn man kann nicht Unrecht mit Unrecht bekämpfen und dann Respekt dafür verlangen. Es liegen harte Zeiten vor uns, ehrenwerte Senatoren, und auch wenn ihr das Gefühl haben solltet, ihr brauchtet Rom nicht mehr – Rom braucht euch. Spart eure Kräfte auf für die Kämpfe, die noch kommen werden, anstatt euch sinnlos in einem Gefecht zu opfern, das schon verloren ist.«
Es war eine höchst wirkungsvolle Rede, und als die Senatoren die Kammer verließen, folgten fast alle dem Vater des Vaterlandes hinauf zum Kapitol, um ihren Eid zu leisten. Als Pompeius’ Soldaten erkannten, was der Senat im Begriff war zu tun, brachen sie in lauten Jubel aus. (Bibulus, Cato und Celer kamen später nach, als sie keiner mehr sah.) Der heilige Stein des Jupiter, der vor vielen Jahrhunderten vom Himmel gefallen war, wurde aus dem großen Tempel geholt, die Senatoren zogen in einer langen Schlange daran vorbei, legten ihre Hand darauf und versprachen dem Gesetz Gehorsam. Obwohl alle das taten, was Caesar von ihnen
verlangt hatte, war er doch unübersehbar beunruhigt. Ich beobachtete, wie er zu Cicero ging, ihn zur Seite nahm und mit ernster Miene auf ihn einredete. Hinterher fragte ich Cicero, was er zu ihm gesagt habe. »Er dankte mir für meine Führungsrolle im Senat«, antwortete Cicero. »Aber er hat auch gesagt, dass ihm der Ton meiner Ausführungen nicht gefallen habe, er hoffe, ich hätte nicht vor, ihm, Pompeius und Crassus irgendwelchen Ärger zu machen, dann hätte er nämlich keine andere Wahl als zurückzuschlagen, und das würde ihn sehr schmerzen. Er hätte mir Gelegenheit gegeben, sich seiner Regierung anzuschließen, das hätte ich ausgeschlagen, und jetzt müsste ich eben die Folgen tragen. Ein starkes Stück Dreistigkeit, was?« Er fluchte ohne Umschweife drauflos, was ziemlich ungewöhnlich für Cicero war, und sagte dann noch: »Catulus hatte Recht, ich hätte
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