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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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brutal sein.«
    »Du hast meine Verteidigung übernommen«, sagte Hybrida und zeigte nun doch noch etwas von seinem alten Mumm. »Also will ich auch eine Verteidigung von dir, selbst wenn ich am Ende verliere.«
    »Sehr gut«, sagte Cicero und gab sich alle Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. »In diesem Fall müssen wir deine Aussage vorher durchspielen, und das wird einige Zeit dauern. Tiro, ich glaube, der Senator möchte einen Schluck Wein.«
    »Nein«, sagte Hybrida bestimmt. »Kein Wein. Nicht heute Abend. Ich war während meiner ganzen Laufbahn betrunken, dann kann ich sie wenigstens nüchtern zu Ende bringen.«
    Und so arbeiteten wir bis spät in die Nacht und studierten ein, was Cicero fragen und wie Hybrida antworten würde. Danach schlüpfte Cicero in die Rolle von Rufus, bombardierte seinen früheren Mitkonsul mit den unangenehmsten Fragen, die er sich ausdenken konnte, und arbeitete dann mit ihm zusammen die am wenigsten belastenden Antworten aus. Ich war überrascht, von welch rascher Auffassungsgabe Hybrida war, wenn er sich nur konzentrierte. Die beiden Männer gingen um Mitternacht zu Bett – Hybrida schlief im Haus – und standen bei Morgengrauen wieder auf, um mit ihren Vorbereitungen fortzufahren. Danach machten wir uns auf den Weg hinunter zum Forum. Hybrida und seine Bediensteten gingen ein Stück vor uns, als Cicero zu mir sagte: »Langsam begreife ich, warum er es überhaupt so weit gebracht hat. Wenn er sich nur schon früher zusammengerissen hätte, dann stünde er jetzt nicht vor dem Ruin.«
    Als wir das Comitium erreichten, rief Hybrida launig aus: »Das erinnert mich an die Zeit, als wir zusammen Konsuln waren, Cicero, wie wir Schulter an Schulter die Republik gerettet haben.« Dann stiegen die beiden Männer aufs Podium, wo das Gericht schon wartete. Als Cicero erklärte,
dass er nun Hybrida als seinen letzten Zeugen aufrufen würde, ging ein erwartungsvolles Raunen durch die Geschworenen. Ich sah, dass Rufus auf seiner Bank vorrutschte und seinem Sekretär etwas ins Ohr flüsterte, worauf dieser seinen Schreibgriffel zur Hand nahm.
    Hybrida wurde schnell vereidigt, und Cicero führte ihn durch die Fragen und Antworten, die sie zusammen einstudiert hatten. Er begann mit Fragen zu seinen militärischen Erfahrungen unter Sulla vor einem Vierteljahrhundert und ging später besonders eingehend auf seine Staatstreue zur Zeit von Catilinas Verschwörung ein.
    »Ist es richtig«, fragte Cicero, »dass du auf deine alte Freundschaft keine Rücksicht genommen hast, als es darum ging, das Kommando über die Legionen des Senats zu übernehmen, wodurch der Verräter schließlich bezwungen werden konnte?«
    »Das ist richtig.«
    »Und du hast dann zum Beweis deines Erfolges den Kopf des Monstrums an den Senat geschickt.«
    »Das ist richtig.«
    »Merkt euch diese Worte gut«, sagte Cicero, wobei er sich den Geschworenen zuwandte. »Sind das die Taten eines Verräters? Der junge Rufus da drüben, der war ein Anhänger von Catilina – er soll nur wagen, das zu bestreiten – und ist dann aus Rom geflohen, um nicht dessen Schicksal zu teilen. Und doch hat er jetzt die Dreistigkeit, sich zurück in unsere Stadt zu schleichen und genau den Mann des Hochverrats zu beschuldigen, der uns alle vor dem Untergang bewahrt hat.« Er wandte sich wieder an Hybrida. »Und nach der Niederwerfung Catilinas hast du mich von der Bürde entbunden, die Statthalterschaft von Macedonia zu übernehmen, damit ich mich ganz der Aufgabe widmen konnte, die letzten noch glühenden Funken der Verschwörung auszutreten?«
    »Das ist richtig.«
    Und in diesem Stil ging es weiter: Cicero führte seinen Mandanten durch die Zeugenaussage wie ein Vater, der sein Kind an die Hand nimmt. Er forderte ihn auf zu beschreiben, wie er mit vollkommen legalen Mitteln die Steuern in Macedonia eingezogen habe, wie er jeden eingenommenen Sesterz abgerechnet habe, wie er zwei Legionen ausgehoben, ausgerüstet und in östlicher Richtung durch die Berge auf einen höchst gefährlichen Feldzug bis ans Schwarze Meer geführt habe. Er zeichnete ein furchterregendes Bild von den kriegerischen Stämmen der Geten, Bastarner und Istrier, die immer wieder über die römische Kolonne auf ihrem Marsch durch das Donautal hergefallen seien.
    »Die Anklage behauptet, dass du auf die Nachricht hin, eine große gegnerische Streitkraft sei im Anmarsch, deine eigenen Truppen aufgeteilt hättest: Du selbst hättest dich mit der Reiterei in Sicherheit

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