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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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ausgerastet. Na ja, egal, jedenfalls auf dem Fest, da war er ziemlich wild und hat, um die Geschichte abzukürzen, uns alle einen Eid schwören lassen, einen heiligen Eid, der
ein Opfer erforderte, das der Vereinbarung angemessen sei. Er ließ meinen Jungen rufen und befahl ihm zu singen. Dann stellte er sich hinter ihn und …« Hybrida machte eine ausholende Bewegung und schlug mit der Faust zu. »… zack! Das war’s. Wenigstens ging es schnell. Was danach war, habe ich nicht mehr mitbekommen.«
    »Willst du damit sagen, dass Catilina den Jungen getötet hat?«
    »Er hat ihm den Schädel eingeschlagen.«
    »Bei allen Göttern! Ein römischer Senator! Wer war noch dabei?«
    »Na ja, wer schon? Longinus, Cethegus, Curius. Die übliche Bande eben.«
    »Also vier Mitglieder des Senats … mit dir fünf?«
    »Mich darfst du nicht zählen. Ich war dermaßen sauer. Der Bursche hat mich Tausende gekostet.«
    »Und was war das, worauf er euch hat schwören lassen und wofür so eine Gräueltat ›angemessen‹ war?«
    »Dass wir dich töten«, sagte Hybrida vergnügt und hob die Flasche. »Auf dein Wohl.« Und dann brach er in Gelächter aus. Er lachte so heftig, dass er sich mit Wein bekleckerte. Die Flüssigkeit lief von der zerschmetterten Nase über das stoppelige Kinn und tropfte auf die Toga. Er wischte sich fahrig die Brust ab. Die Bewegungen seiner Hand wurden langsamer, dann fiel sie nach unten, der Kopf kippte nach vorn, und kurz danach war er eingeschlafen.

    Das war das erste Mal, dass Cicero von einer Verschwörung gegen sich erfuhr. Zunächst wusste er nicht recht, wie er darauf reagieren sollte. Handelte es sich nur um die bestialische Ausgeburt einer Sauforgie, oder musste er sie als ernsthafte Bedrohung betrachten? Als Hybrida zu schnarchen
anfing, warf er mir einen grenzenlos angeekelten Blick zu und schwieg für den Rest der Fahrt, mit verschränkten Armen und brütendem Gesichtsausdruck. Hybrida schlief bis Rom durch, und zwar so fest, dass die Liktoren ihn aus der Kutsche hieven mussten und in der Vorhalle seines Hauses ablegten. Die Sklaven schienen mit dem Zustand, in dem sie ihren Herrn in Empfang nahmen, in jeder Hinsicht vertraut zu sein, als wir weiterfuhren, sahen wir nämlich noch, wie einer von ihnen einen Krug Wasser über dem Kopf des Konsuls auskippte.
    Quintus und Atticus warteten schon, als wir zu Hause eintrafen, und Cicero berichtete in knappen Worten, was er von Hybrida erfahren hatte. Quintus sprach sich entschieden dafür aus, die Geschichte sofort öffentlich zu machen, aber Cicero war unschlüssig. »Und was dann?«, fragte er.
    »Die Gerichte sollen sich darum kümmern. Die Täter müssen öffentlich angeklagt, bestraft und in Schande ins Exil geschickt werden.«
    »Nein«, sagte Cicero. »Eine Klage hätte keine Aussicht auf Erfolg. Erstens, wer wäre so wahnsinnig und würde sie einreichen? Und wenn sich durch irgendein Wunder doch jemand fände, der so unerschrocken und tollkühn wäre, es mit Catilina aufzunehmen, woher sollte er die Beweise für eine Verurteilung nehmen? Hybrida wird nicht aussagen, selbst wenn man ihm Immunität garantiert – da kannst du dir sicher sein. Er wird einfach abstreiten, dass die ganze Geschichte überhaupt passiert ist, und er wird das Bündnis mit mir aufkündigen. Außerdem gibt es keine Leiche, schon vergessen? Und es gibt Zeugen für eine Rede, in der ich dem Volk versichert habe, dass es keinen Ritualmord gegeben hat.«
    »Dann unternehmen wir also nichts?«
    »Genau. Wir halten die Augen offen und warten ab. Wir brauchen einen Spion in Catilinas Lager. Hybrida traut er nicht mehr.«
    »Wir sollten noch zusätzliche Vorkehrungen treffen«, schlug Atticus vor. »Wie lange stehen dir die Liktoren noch zur Verfügung?«
    »Bis Ende Januar, wenn Hybrida den Vorsitz im Senat übernimmt. Im März habe ich sie dann wieder.«
    »Für die Zeit ohne die Liktoren schlage ich vor, dass wir uns für deinen Schutz in der Öffentlichkeit um Freiwillige aus der Ritterschaft bemühen.«
    »Eine private Leibwache? Die Leute werden sagen, jetzt schnappt er völlig über. Wenn überhaupt, dann müsste das sehr diskret geschehen.«
    »Das wird es, keine Angst. Dafür sorge ich.«
    Damit war dieses Thema erledigt, und Cicero machte sich seinerseits auf die Suche nach einem Mittelsmann, der das Vertrauen Catilinas gewinnen und über seine Pläne berichten sollte. Der Erste, mit dem er die Angelegenheit ein paar Tage später besprach, war der junge Caelius

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