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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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wie Bürger auszuüben sowie das Oberkommando wie die Rechtsprechung im Inund Ausland zu übernehmen.«
    »Quintus Lutatius Catulus hat den Antrag gestellt, das Notstandsrecht anzuwenden«, sagte Hybrida. »Möchte jemand Einspruch erheben?«
    Sofort wandten alle den Kopf zu Caesar um, nicht zuletzt weil die Zulässigkeit des Notstandsrechts der zentrale Punkt bei der Anklage gegen Rabirius gewesen war. Zum ersten Mal erlebte ich, dass Caesar von den Ereignissen völlig überrollt wurde. Auffällig war, dass er mit dem neben ihm sitzenden Crassus weder ein Wort noch einen Blick wechselte – was selten vorkam, so nahe, wie die beiden sich normalerweise standen. Ich glaube, dass Caesar von Crassus’ Verrat an Catilina völlig überrascht wurde. Er zeigte aber keinerlei Reaktion, sondern schaute einfach geradeaus ins Nirgendwo und gab einigen von uns schon einmal einen Vorgeschmack auf die Marmorbüsten, die heute teilnahmslos und mit blinden Augen von jedem öffentlichen Gebäude in Italien auf uns herabblicken.
    »Falls niemand Einwände hat«, sagte Hybrida, »ist der Antrag hiermit angenommen, und das Wort hat Marcus Tullius Cicero.«
    Erst jetzt erhob sich Cicero – unter brummelnden Beifallsbekundungen genau jener Senatoren, die ihn noch wenige Wochen zuvor als Panikmacher verlacht hatten. »Senatoren Roms«, sagte er. »Ich möchte Antonius Hybrida für
die sehr souveräne Art, wie er die heutige Krise gehandhabt hat, meinen Dank aussprechen.« Die Senatoren antworteten mit beifälligem Gemurmel, und Hybrida strahlte. »Was mich anbelangt: Ich vertraue auf den Schutz durch Freunde und Mitstreiter, werde in Rom bleiben und, so wie ich es immer getan habe, diesem blutrünstigen Geisteskranken Catilina die Stirn bieten. Da niemand vorhersehen kann, wie lange diese Bedrohung andauern wird, bitte ich hiermit offiziell darum, die mir zugewiesene Provinz zurückgeben zu dürfen. Ich tue dies in Übereinstimmung mit meinem zu Amtsbeginn gegebenen Versprechen, einem Versprechen, das in dieser Stunde der Prüfung für unsere Republik umso dringlicher ist.«
    Ciceros patriotisches Opfer wurde wärmstens begrüßt, und Hybrida stellte daraufhin die heilige Urne auf. Er legte ein markiertes Täfelchen, das für Gallia Cisalpina stand, und sieben unmarkierte Täfelchen in die Urne – so schien es jedenfalls. In Wahrheit waren, wie ich später erfuhr, alle unmarkiert. Die acht Prätoren traten vor, und als Erster versuchte der hochmütige Lentulus Sura sein Glück, der, wie Cicero wusste, tief in Catilinas Komplott verstrickt war. Sura, einer der größten durch Inzucht entstandenen Trottel im Senat, stand auf jede nur erdenkliche Art in enger verwandtschaftlicher Beziehung zu Hybrida: Er hatte die Witwe von Hybridas Bruder geheiratet und den Sohn aus dieser Beziehung, Marcus Antonius, als seinen eigenen angenommen, der wiederum mit Hybridas eigener Tochter Antonia verlobt war. Ich beobachtete genau, ob Hybrida es schaffte, das Täuschungsmanöver wie abgesprochen über die Bühne zu bringen. Aber die Politik formt sich ihre eigenen Bindungen, die die zu angeheirateter Verwandtschaft weitgehend ersetzen. Sura steckte seinen Arm in die Urne, zog ein Täfelchen heraus und gab es Hybrida. Der verkündete, es sei unmarkiert, und zeigte es der Kammer, worauf
Sura nur mit den Achseln zuckte und sich abwandte. Auf irgendeine Provinz war er ohnehin nicht scharf, ihn interessierte nur Rom.
    Dann war Pomptinus an der Reihe, danach Flaccus, beide mit dem gleichen Ergebnis. Celer zog als Vierter. Er sah sehr gelassen aus, als er zum Podium ging und sein Täfelchen aus der Urne holte. Hybrida nahm es ihm aus der Hand und wandte sich etwas zur Seite, scheinbar zum Licht, um besser sehen zu können. Das muss der Augenblick gewesen sein, in dem er die Täfelchen vertauschte, denn als er es hoch hielt, konnten alle, die ganz vorn saßen, das Kreuz sehen. Es wurde geklatscht, dann war die Zeremonie beendet, und sofort stand Cicero wieder auf.
    »Ich stelle hiermit den Antrag, Quintus Caecilius Metellus Celer das volle militärische imperium zu übertragen und ihm die Vollmacht zu erteilen, zur Verteidigung seiner Provinz eine Armee aufzustellen.«
    »Irgendwelche Einwände?«, fragte Hybrida.
    Eine Augenblick lang glaubte ich, Crassus würde sich erheben. Halb vorgebeugt saß er da, unschlüssig, und sich dann doch eines Besseren besinnend.
    »Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.«

    Nachdem der Senat sich vertagt hatte, beriefen

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