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02 - Von dir kann ich nicht lassen

02 - Von dir kann ich nicht lassen

Titel: 02 - Von dir kann ich nicht lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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viele Farbflecke.
    Er
wollte sie das Bild nicht ansehen lassen, bevor es fertig wäre.
    »Ich
habe dich auch meine Stickarbeit ansehen lassen«, erinnerte sie ihn.
    »Ich
habe gefragt und du hast ja gesagt«, erwiderte er. »Du hast gefragt und ich
habe nein gesagt.«
    Dieser
Logik gab es nichts entgegenzusetzen.
    Sie
arbeitete an ihrer Stickerei, aber sie beobachtete ihn auch. Natürlich
heimlich. Wenn sie zu direkt hinsah oder zu lange in ihrer Arbeit innehielt,
runzelte er die Stirn, wirkte abgelenkt und brummte ihr etwas zu. Es war
manchmal schwer zu erkennen, ob dieser Mann, der ihren persönlichsten Raum mit
solch gegenseitiger Unbefangenheit mit ihr teilte, derselbe Mann war, der ihr
einst gesagt hatte, er würde sie sich fragen lassen, ob der Tod durch
Verhungern nicht besser wäre als für ihn zu arbeiten. Der berüchtigte Duke of
Tresham.
    Er
besaß eine Künstlerseele. Die Musik war den größten Teil seines Lebens in ihm
gefangen gewesen. Sie hatte noch kein Gemälde von ihm gesehen, aber sie
erkannte die vollkommene Vereinigung des wahren Künstlers mit seinem Werk.
Seine ganze Härte und sein Zynismus schwanden dann aus seinen Zügen. Er wirkte jünger,
im herkömmlicheren Sinne gut aussehend.
    Und
ganz und gar liebenswert.
    Aber
erst am vierten Abend begann er zu reden, in seinen Worten den Menschen zu
offenbaren, der verborgen geblieben war hinter der hochmütigen, selbstsicheren,
rastlosen, verruchten Fassade, die er der Welt sein ganzes Erwachsenenleben lang
gezeigt hatte.
    Er genoss das
ungewohnte Gefühl, verliebt zu sein, obwohl er sich ständig daran erinnerte,
dass es eben nur ein ungewohntes Gefühl war, dass es bald vorüber wäre
und er sich wieder auf sicherem, vertrautem Boden befände. Aber es machte ihn
gleichzeitig ebenso traurig, wie es ihn tröstete, dass Jane für ihn irgendwann
einfach nur eine weitere wunderschöne Frau sein würde, die er einst genossen
und derer er müde geworden war, dass die Zeit käme, und der Gedanke an sie, an
das Zusammensein mit ihr, sowohl im Bett als auch außerhalb, ihn nicht
mehr mit einem solchen Aufwallen von Freude erfüllen würde, dass es ihm schien,
als habe er allen Sonnenschein in sich aufgenommen.
    Seine
sexuelle Leidenschaft für sie nahm im Laufe dieser Woche noch zu. Er konnte
sich mit den fast keuschen Begegnungen ihrer ersten beiden gemeinsamen Male
nicht zufrieden geben, sondern nahm sich vor, sie und sich selbst
verschiedene, sinnlichere, anhaltendere Wonnen zu lehren. In der
vorangegangenen Woche hätte er vielleicht freudig mit seiner neuen Mätresse im
Bett bleiben und sein übriges Leben wie gewöhnlich weiterführen können. Aber es
war nicht die vorangegangene Woche. Es war diese Woche. Und in dieser
Woche war es so viel mehr als nur Sex. Tatsächlich vermutete er, dass es
zwischen ihnen im Bett so gut klappte, gerade weil da so viel mehr war.
    Er
wagte sich an Dinge, nach denen er sich schon als Junge gesehnt hatte
das Pianoforte spielen, malen, träumen, seine Gedanken in Sphären jenseits des
rein Praktischen treiben lassen. Seine Malerei enttäuschte und belebte ihn. Er
konnte Janes Wesen nicht einfangen, vielleicht weil er zu intensiv danach
suchte und zu viel darüber nachdachte, wie er schließlich erkannte. Und so
lernte er neu, was er einst instinktiv gewusst hatte nicht so sehr mit
seinen Sinnen oder sogar dem Verstand zu beobachten, sondern mit dem
unbeschwerten, schweigsamen Aspekt seines Selbst, der selbst Teil des Wesens
war, das er suchte. Er lernte, die Kunst nicht mehr seinem Willen zu unterwerfen.
Er lernte, dass er, um erschaffen zu können, zulassen musste, dass sich das zu
Erschaffende durch ihn selbst gestaltete.
    Er
hätte das Konzept nicht verstanden, wenn er es jemals in Worte gefasst hätte.
Aber er lernte, dass Worte für das, was er auszudrücken ersehnte, nicht immer
genügten Er lernte, sich ohne Worte auszudrücken.
    Allmählich
nahm die Frau, die zur großen Besessenheit seines Lebens geworden war, auf der
Leinwand Gestalt an.
    Aber
letztendlich waren es doch Worte, die ihn am vierten Abend in eine neue
Dimension der Beziehung zu seiner Mätresse führten. Er hatte das Pianoforte
gespielt und sie hatte gesungen. Dann hatte sie nach dem Teetablett geschickt,
und sie hatten in geselligem Schweigen ihren Tee getrunken. Schließlich saßen
sie beide müßig und entspannt beiderseits des Kamins, sie blickte ins Feuer und
er beobachtete sie.
    »In
Acton Park gab es Wälder«, sagte er plötzlich

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