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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte einen Lanzenstich durch den Unterleib erhalten, von hinten her, also von einem Comanchen, als die Weißen auf uns eindrangen.
    Old Death kniete zu ihm nieder und untersuchte seine Wunde.
    „Mann“, sagte er, „Ihr habt vielleicht noch zehn Minuten zu leben. Macht Euer Herz leicht, und geht mit keiner Lüge in die Ewigkeit. Ihr habt es mit den Apachen gehalten?“
    „Ja“, antwortete der Gefragte wimmernd.
    „Ihr wußtet, daß wir in dieser Nacht überfallen werden sollten?“
    „Ja. Die beiden Topias hatten die Comanchen zu diesem Zwecke hierher geführt.“
    „Und Gibson sollte das Zeichen mit dem Feuer geben?“
    „Ja, Sir. Eigentlich mußte er so oft in das Feuer schlagen, als es hundert Comanchen waren. Dann hätte Winnetou sie nicht heute, sondern erst morgen an einem andern Ort angegriffen, weil er heute nur hundert Mann bei sich hatte. Morgen aber stoßen die übrigen zu ihm.“
    „Dachte es mir. Daß ich Gibson gehindert habe, noch viermal in das Feuer zu stöbern, hat die Apachen veranlaßt, uns jetzt schon zu überfallen. Nun aber haben sie die Ausgänge besetzt. Wir können nicht fort, und morgen wird sich dieses Tal zu einem offenen Grab gestalten, in welchem wir langsam abgeschlachtet werden.“
    „Wir werden uns wehren!“ knirschte der Häuptling, welcher dabei stand, grimmig. „Dieser Verräter hier aber soll als räudiger Hund in die Jagdgründe gehen, um dort von den Wölfen gejagt zu werden, daß ihm der Geifer in Ewigkeit von der Zunge trieft.“
    Er zog sein Messer und stieß es dem Verwundeten ins Herz.
    „Torheit!“ rief Old Death zornig. „Du brauchtest an ihm nicht zum Mörder werden.“
    „Ich habe ihn getötet, und nun ist seine Seele die Sklavin der meinigen. Wir aber wollen jetzt Kriegsrat halten. Die Krieger der Comanchen haben nicht Lust, zu warten, bis die Hunde der Apachen in Menge herbeigekommen sind. Wir können noch heut in der Nacht durch den Ausgang dringen.“
    Er setzte sich mit seinen Unteranführern an dem Feuer nieder. Old Death mußte auch teilnehmen. Ich saß mit Lange, dessen Sohn und dem Neger so weit vom Feuer entfernt, daß ich nichts hören konnte, da die Verhandlung in unterdrücktem Ton geführt wurde. Doch ersah ich aus den Zügen und lebhaften Handbewegungen des Scout, daß dieser nicht der Meinung der Indianer war. Er schien die seinige lebhaft zu verteidigen, doch ohne Erfolg. Endlich sprang er zornig auf, und ich hörte ihn sagen:
    „Nun so rennt in Euer Verderben! Ich habe Euch bereits wiederholt gewarnt, ohne gehört zu werden. Ich habe stets recht gehabt und werde es auch diesesmal haben. Macht, was ihr wollt. Ich aber und meine Gefährten, wir bleiben hier zurück.“
    „Bist du zu feig, um mit uns zu kämpfen?“ fragte einer der Unteranführer.
    Old Death machte eine heftige Bewegung gegen ihn und wollte ihm eine strenge Antwort geben, besann sich aber und sagte ruhig:
    „Mein Bruder muß erst seinen Mut beweisen, bevor er mich nach dem meinigen fragen darf. Ich heiße Old Death, und das ist genug gesagt.“
    Er kam zu uns und setzte sich da nieder, während die Roten noch eine Weile fortberieten. Endlich waren sie zu einem Entschlusse gekommen und standen von ihren Sitzen auf. Da ertönte von jenseits der das Lagerfeuer rund umgebenden Comanchen eine laute Stimme:
    „Der ‚Weiße Biber‘ mag hierher sehen. Meine Büchse ist sehr hungrig auf ihn.“
    Aller Augen wendeten sich nach der Stelle, von welcher aus die Worte ertönten. Dort stand Winnetou, hoch aufgerichtet mit angeschlagenem Gewehr. Die beiden Läufe desselben blitzten nacheinander auf. Der ‚Weiße Biber‘ stürzte getroffen nieder und neben ihm einer der Unterhäuptlinge.
    „So werden sterben alle Lügner und Verräter!“ erklang es noch. Dann war der Apache verschwunden. Das war so schnell geschehen, daß die Comanchen gar nicht auf den Gedanken gekommen waren, oder vielmehr gar nicht Zeit gefunden hatten, aufzuspringen. Nun aber fuhren sie alle empor und stürzten nach der Gegend, in welcher er verschwunden war. Nur wir vier blieben zurück. Old Death trat zu den beiden Häuptlingen. Sie waren tot.
    „Welch ein Wagnis!“ rief Lange. „Dieser Winnetou ist ein wahrer Teufel!“
    „Pah!“ lachte Old Death. „Das Richtige kommt noch. Paßt einmal auf!“
    Kaum hatte er die Worte gesagt, so hörten wir ein durchdringendes Geheul.
    „Da habt Ihr es!“ meinte er. „Er hat nicht nur die beiden Häuptlinge für ihre Verräterei bestraft, sondern auch die

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