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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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als doppelt manneshoch loderndes Feuerband dem Fluß zu, dessen ganze Breite sofort einnehmend.
    So blieb es bis zum Morgen, und so mußte es bleiben und brennen, so lange noch Öl aus dem Bohrloch floß, wenn es nicht gelang, den Brand zu löschen. Das Tageslicht milderte die Intensivität der Flammen; als ich jetzt wieder hinunterblickte, sah ich, daß außer einem kleinen Häuschen, welches ganz oben an der höchsten Stelle des Tales lag, wohin das Feuer nicht hatte kommen können, alles, alles verschwunden war. Das Wohnhaus, die Fabrikanlagen und alle sonst dagewesenen Gebäude waren samt den Vorräten ein Raub der Flammen geworden. Der ganze Bluff sah bis hinauf zur obersten Felsenkante schwarz aus und bot den Anblick einer riesigen, rußüberzogenen Pfanne, deren Inhalt ein unaufmerksamer Koch verkohlen ließ.
    Vor dem erwähnten, allein geretteten Häuschen standen einige Menschen, bei denen ich Harry sah. Der verwegene Knabe hatte es also gewagt, während der Nacht hinunterzusteigen. Jetzt, am Tage, war es kinderleicht, dies zu tun. Ich hatte den Pfad vor mir, welcher uns gestern bei unserm Kommen hinabgeführt hatte, und folgte ihm auch heute. Dabei sah ich, daß Harry, nach mir herzeigend, die anderen auf mich aufmerksam machte. Ein Mann ging in das Häuschen und kam nach wenigen Augenblicken mit einem Gewehr wieder heraus. Er ging mir bis an das jenseitige Ufer des Flusses, wo er stehenblieb, entgegen, wartete da, bis ich an dem diesseitigen angekommen war, und rief dann zu mir herüber:
    „Halloo, Mann, was treibt Ihr noch hier in unserem Orte? Macht Euch fort, wenn Ihr nicht eine Kugel zwischen die Rippen haben wollt!“
    „Ich bin dageblieben, um Euch zu helfen, soviel es möglich ist“, antwortete ich hinüber.
    „Weiß schon!“ lachte er höhnisch. „Solche Hilfe kennt man ja!“
    „Auch muß ich mit dem Knaben Harry reden.“
    „Das dürfte Euch schwerfallen.“
    „Ich habe ihm etwas zu geben.“
    „Macht mir nichts weis! Möchte wissen, was so ein Kerl zu geben hätte! Erst feig und ehrlos zum Erbarmen, und dann steckt er aus Rache das Petroleum in Brand!“
    Ich war für den Augenblick nicht eines Wortes fähig; ich ein Mordbrenner! Er mochte mein Schweigen für eine Folge des bösen Gewissens halten, denn er fuhr fort:
    „Seht, wie Ihr erschreckt! Ja, wir wissen gar wohl, woran wir sind. Wenn Ihr nicht augenblicklich geht, bekommt Ihr eine Kugel!“
    Er legte das Gewehr auf mich an. Da rief ich zornig hinüber:
    „Was fällt Euch ein, Mann! Von einer Brandstiftung kann keine Rede sein; die Ölgase haben sich an Euren Lampen und Lichtern entzündet: das furchtbare Unglück ist eine Folge Eurer eigenen Nachlässigkeit.“
    „Weiß schon, weiß! Fort mit Euch! Oder soll ich schießen?“
    „Hätte ich denn mit eigener Lebensgefahr den Knaben gerettet, wenn ich der Täter wäre?“
    „Ausrede! Wenn Ihr gewollt hättet und nicht geflohen wäret, wären sie alle gerettet worden; nun aber sind sie alle verbrannt, elendiglich verbrannt! Hier habt Ihr Euren Lohn!“
    Er schoß nach mir. Die Entrüstung hielt mich an der Stelle fest, wo ich stand; ich machte keine Bewegung, der Kugel zu entgehen, und das war gut, denn er hatte schlecht gezielt; ich wurde nicht getroffen. Meine Finger zuckten, ihm eine sichere Kugel als Antwort zu geben; ich tat dies aber natürlich nicht, drehte mich um und stieg langsam wieder empor, ohne mich ein einziges Mal nach dem Mann umzusehen. Oben angekommen, setzte ich mich auf das Pferd und ritt fort. Wenn man, anstatt als Lebensretter Dank zu erhalten, eines Verbrechens beschuldigt wird, so schüttelt man den Staub von den Füßen.
    Einige Tage später erreichte ich die Gravel-Prärie, wo ich eine ganze Woche auf Winnetou zu warten hatte. Not zu leiden hatte ich während dieser Zeit nicht, denn es gab Wild in Menge. Und einsam und langweilig konnte mir die Gegend auch nicht vorkommen, denn es tummelten sich mehrere Trupps von Sioux da herum, so daß ich mich fortwährend auf dem Quivive befand, nicht von ihnen entdeckt zu werden. Als dann Winnetou kam und ich ihm die Anwesenheit der Roten meldete, war er mit mir einverstanden, sogleich weiterzureiten.
    Ich freute mich außerordentlich darauf, Old Firehand, diesen berühmten Westmann zu sehen, und war bereit, von ihm noch viel, sehr viel zu lernen. Der Weg zu ihm war kein ungefährlicher; das bemerkten wir schon am nächsten Tag, als wir auf die Fährte eines Indianers trafen, der wohl kaum etwas anderes als ein

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