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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geraten und haben geerntet, wo sie nicht gesät haben, wenn ich nicht irre. Wartet, ihr Halunken, meine Liddy hier wird Euch sagen, wem die Eisen gehören und die Pelze!“
    Er nahm die Büchse langsam auf und machte sich schußfertig. Ich war von der Notwendigkeit, die beiden Rothäute ohne Lärm niederzustoßen, so sehr überzeugt, daß ich den alten Trapper am Arm faßte. Auf den ersten Blick hatte ich bemerkt, daß es Ponkas waren, und die Färbung des Gesichtes gab mir die Gewißheit, daß sie sich nicht auf einem Jagdzug, sondern auf dem Kriegspfad befanden. Sie waren also nicht allein in der Nähe, und jeder Schuß konnte ihnen Helfer oder doch wenigstens Rächer herbeirufen.
    „Nicht schießen, Sam! Nehmt das Messer. Sie haben den Kriegspfeil ausgegraben und sind also wohl nicht nur zu zweien.“
    Der kleine schießlustige Mann entgegnete:
    „Das sehe ich natürlich auch, sollte ich meinen, und freilich ist es besser, sie im stillen auszulöschen; aber mein altes Messer ist zu sehr abgeschliffen, als daß es sich durch zwei solcher Männer hindurchbeißen könnte.“
    „Pah! Ihr nehmt den einen und ich den andern; come on!“
    „Hm! Vier von unseren besten Fallen; kostet jede dreieinhalb Dollars. Würde mich freuen, wenn sie zu den gestohlenen noch ihre eigenen beiden Felle hergeben müßten!“
    „Vorwärts, Sam, ehe es zu spät ist!“
    Die beiden Indianer standen jetzt von uns abgewendet, gerade vor uns und suchten nach Fußspuren im Boden. Leise, leise schob ich mich, die Büchse zurücklassend und das Messer zwischen die Zähne nehmend, vorwärts. Da flüsterte es ängstlich ganz nahe an meinem Ohr:
    „Bleibt, Sir! Ich werde es an Eurer Stelle tun.“ Harry sprach diese Worte.
    „Danke, bringe es auch noch fertig!“
    Mit diesen leise geflüsterten Worten hatte ich auch schon den Rand des Gebüsches erreicht, sprang empor, hatte im nächsten Augenblick den mir am nächsten stehenden der Indianer mit der Linken beim Nacken und stieß ihm mit der Rechten das Messer zwischen die Schultern, daß er sofort lautlos zusammenbrach. Ich tat dies freilich nur notgedrungen; da es Ponkas waren, durften sie nicht geschont werden, denn wenn sie die ‚Festung‘ entdeckten, galt es unser Leben. Rasch drehte ich mich mit der zurückgezogenen Klinge zur Seite, um nötigenfalls den andern auch zu nehmen; aber auch dieser lag auf der Erde, und Sam stand mit ausgespreizten Beinen über ihm, hatte sich die lange Skalplocke um die Linke gewickelt, und zog ihm die losgeschnittene Kopfhaut vom Schädel.
    „So, mein Junge; nun kannst du in den ewigen Jagdgründen so viel Fallen stellen, wie es dir beliebt, aber die unsrigen wirst du dort nicht gebrauchen können.“
    Und den blutenden Skalp im Gras abwischend, fügte er mit kurzem Lachen hinzu:
    „Das eine Fell haben wir, und das andere wird sich Old Shatterhand nehmen.“
    „Nein“, antwortete ich. „Ihr wißt ja, wie ich über das Skalpieren denke. Es wundert mich sehr, zu sehen, daß Ihr Euch jetzt damit befaßt!“
    „Das hat seine guten Gründe, Sir. Seit wir uns zum letzen Mal sahen, nämlich Ihr und ich, habe ich viel Böses erlebt und mich in der Weise mit den Roten herumschlagen müssen, daß ich keine Schonung kenne. Sie haben mich auch nicht geschont. Da seht her!“
    Er riß sich den traurigen Filz vom Kopf und zog dabei die eigene, langhaarige Haut mit ab. Ich kannte den Anblick schon, welchen der kahle, blutrote Schädel bot.
    „Was sagt Ihr dazu, Sir, wenn ich mich nicht irre? Hatte meine Haube von Kindesbeinen an ehrlich und mit vollem Recht getragen und kein Lawyer hat es gewagt, sie mir streitig zu machen, bis so ein oder zwei Dutzend Pawnees um mich waren und mir die Haare nahmen. Bin dann nach Tekama gegangen und habe mir dort eine neue Haut gekauft. Nannten es eine Perücke, und kostet mich drei dicke Bündel Biberfelle, meine ich. Schadet aber nichts; denn die neue ist zuweilen praktischer als die alte, besonders im Sommer; kann sie abnehmen, wenn mich schwitzt. Aber trotzdem hat manche Rothaut dafür untergehen müssen, und ein Skalp macht mir mehr Vergnügen als der feinste Dickschwanz.“
    Während dieser Worte hatte er sich Hut und Perücke wieder aufgestülpt; aber es war jetzt keine Zeit zu solchen Erinnerungen und langen Reden, denn hinter jedem Baum konnte die Sehne eines Bogens schwirren oder der Hahn einer Büchse knacken, und es war vor allen Dingen notwendig, das Lager zu alarmieren und die Jäger auf die Nähe der Indianer

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