02 Winter am Ende der Welt
besser nicht rein, aber herrliche Pfannkuchen, nicht wahr, Joana?“
„Super lecker“, sagt Joana.
Die beiden sehen erfrischt und zufrieden aus. Das machen wahrscheinlich der Spaziergang an der guten Luft hier und die leckeren Pfannkuchen in der Kirche. Während ich hier immer noch wie durch den Schrank geschmissen aussehe. Ungekämmt, im Schlafanzug mit dicker Strickjacke drüber. Ich habe wirklich super schlecht geschlafen, der ganze Alkohol, dann dieser wirre Traum mit den schlafenden Hunden, und so bin ich erst in den Morgenstunden richtig eingeschlafen, da gurrten draußen schon die ersten Tauben.
„Wir sollen dich von dieser netten Lehrerin mit den rot-lila Haaren grüßen“, sagt Maria Teresa, „die war auch zum Frühstück, allerdings hat sie keine Pfannkuchen gegessen, sondern Waffeln.“
„April Green“, sagt Joana.
„Genau, April“, sagt meine Schwiegermutter. „Und dann haben wir noch zwei reizende Herren getroffen. Einen Mr Thompson und einen Mr Lawrence. Sie lassen dich auch ganz herzlich grüßen.“
Ich brauche eine Weile, bis mir klar wird, mit den reizenden Herren Thompson und Lawrence sind Jeff und Carl gemeint.
„Die waren auch zum Frühstück?“, frage ich.
„Nein“, sagt meine Schwiegermutter, „ich habe Herrn Thompson aufgesucht, weil Kathleen meinte, dort könnte ich vielleicht die Zutaten für meine Kekse bekommen.“
Erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit meine Schwiegermutter an einem Vormittag das halbe Dorf kennenlernt.
„Jeff verkauft Mehl?“, frage ich.
„Nicht das Mehl“, sagt meine Schwiegermutter, „das haben wir im Supermarkt geholt, bei dem netten Mann, der uns gestern mit dem Laster mitgenommen hat. Nein, die andere Zutat.“
„Oh“, sage ich. „Diese Zutat.“
„Leider hatte Mr Thompson nichts“, sagt meine Schwiegermutter. „Aber er lässt dich schön grüßen und er schickt dir das hier.“
Und mit diesen Worten drückt sie mir das Päckchen mit den Präsern in die Hand, das Jeff in der Stadt gekauft hat. An denen sich April beteiligen sollte. Der Auslöser der Missstimmung, sozusagen.
„Und was will er dafür haben?“, frage ich.
„Ach, Jasmin“, sagt meine Schwiegermutter, stellt ihre Einkäufe auf den Tisch und setzt sich auf das Sofa. „Das ist ein ganz furchtbares Missverständnis. Garnichts will er dafür haben.“
„Aber ...“, sage ich.
„Aber nichts“, sagt die Schwiegermutter. „Herr Thompson hat mir erklärt, wie das Missverständnis zustande gekommen ist. Es war ein Witz.“
„Was war ein Witz?“, frage ich und ganz ehrlich, ich verstehe hier überhaupt nichts.
„Er hat zu April gesagt, dass er will, dass sie sich an dem Einkauf beteiligt“, sagt Maria Teresa. „Aber das war natürlich als Witz gemeint. Mr Thompson hat sich einen Scherz erlaubt. Bloß – April hat das nicht als Witz verstanden, sondern ernst genommen. Und Mr Thompson war daraufhin verletzt, weil April ihm zugetraut hat, dass er so ein Geizkragen ist. Und das ist ja auch sehr verletzend, nicht wahr.“
„Aber er ist ein Geizkragen“, sage ich. „Hinterher im Café, und auch später die ganze Zeit.“
„Weil er verletzt war“, sagt Maria Teresa. „Da hat er die Rolle natürlich weiter durchgezogen.“
„Aber was macht das denn für einen Sinn?“, sage ich.
„Manchmal ist man verletzt und reagiert irgendwie und zieht die Rolle dann durch, obwohl es keinen Sinn macht“, sagt meine Schwiegermutter. Und weiter sagt sie nichts dazu, denn das war deutlich genug und jeder von uns darf sich seinen Teil dazu denken.
„Und dieser andere Herr ist übrigens auch reizend“, sagt Maria Teresa. „Dieser Mr Lawrence. Und wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann warst du gestern Abend dort zum Abendessen eingeladen und bist nicht hingegangen.“
„Äh – ja“, sage ich.
„Vermutlich sind wir daran schuld, die Joana und ich“, sagt meine Schwiegermutter. „Das tut mir jetzt wirklich leid. Aber mal ganz ehrlich – wenn ich noch so jung wäre wie du und mich lädt so ein attraktiver Mann wie dieser Mr Lawrence zum Abendessen ein, dann würde ich da wirklich hingehen und mich nicht von irgendwelchen unangemeldeten Besuchern davon abhalten lassen. Man ist ja schließlich nicht ewig jung.“
„Äh – ja“, sage ich.
Sieh an, meine Schwiegermutter. Wer hätte das gedacht. Meine Schwiegermutter ist wie ausgewechselt. Was doch so eine kleine Zutaten-Änderung in den Weihnachtskeksen ausmacht, sieh an, sieh an.
„Und heute Abend
Weitere Kostenlose Bücher