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nicht das Kommando hätten, dann würden sogar sie den Rückzug antreten, wenn es hart auf hart kommt. Und sie werden die Flucht ergreifen, wenn der glorreiche Falco der Kämpfer in den Hinterhalt gerät, mit dem Sie und ich fest rechnen.«
Geary spielte gedankenverloren mit den Displaykontrollen. »Was glauben Sie, was geschehen wird? Was wird Falco machen?«
»Zusammenbrechen«, kam Duellos knappe Antwort. »Das ist mein Ernst. Nüchtern betrachtet war er ein recht fähiger, aber fantasieloser Befehlshaber. Allerdings ging Captain Falco davon aus, dass der Feind genauso von ihm beeindruckt ist wie er selbst. Der Feind wurde dieser Annahme aber nicht immer gerecht, sehr zum Leidwesen der Allianz-Streitkräfte, die Falcos Kommando unterstellt worden waren.«
Geary nickte und fand, dass diese Ausführungen sehr zutreffend das zusammenfassten, was er über Falcos Schlachten gelesen hatte. »Aber er war nicht völlig unfähig. Ich kann noch immer nicht fassen, dass er mit so wenigen Schiffen geradewegs in eine garantierte Falle der Syndiks fliegt. Allerdings ist es mir auch ein Rätsel, wie ihm so viele Commander freiwillig folgen können.«
Duellos verzog das Gesicht, als hätte er auf etwas Widerwärtiges gebissen. »Captain Falcos Überredungskunst hat nicht allzu sehr gelitten. Ich konnte an eine Kopie der Nachricht gelangen, die er über die Shuttles auf diejenigen Schiffe geschmuggelt hat, von deren Befehlshabern er den Eindruck hatte, sie würden ihm folgen. Ich muss ehrlich sagen, es ist eine mitreißende Nachricht, die einen in ihren Bann schlagen kann.«
»Zu schade, dass keiner dieser Captains es für nötig hielt, mich davon in Kenntnis zu setzen«, merkte Geary enttäuscht an. »Vielleicht hätte ich einige von ihnen mitsamt ihren Schiffen vor einer Dummheit bewahren können. Aber es überrascht mich nicht, wenn Sie sagen, die Nachricht war mitreißend. Ich hatte ohnehin den Eindruck, dass Captain Falco sich ernsthaft für den Einzigen hält, der die Allianz retten kann. In der Hinsicht spielt er niemandem etwas vor.«
»Oh, die Allianz ist ihm tatsächlich wichtig«, bestätigte Duellos. »Oder besser gesagt: das, was er für die Allianz hält. Seine Reden sind so überzeugend, weil sie von Herzen kommen. Aber weil Falco auch glaubt, dass nur er wirklich weiß, was getan werden muss, und dass niemand außer ihm das leisten kann, hat er sich vor langer Zeit selbst weisgemacht, die Allianz zu retten und seine Karriere voranzubringen seien ein und dasselbe.« Duellos atmete schwer durch. »Er hat zwanzig Jahre damit verbracht, sich das Gleiche immer und immer wieder einzureden, und dabei war er von vornherein davon überzeugt, der Erretter der Allianz zu sein.«
Geary dachte eine Zeit lang darüber nach, ehe er abermals nickte. »Seine Argumente sind so eindringlich, weil er sie selbst glaubt, aber sie haben inzwischen noch weniger Bezug zur Realität als vor zwanzig Jahren.«
»Sogar ganz erheblich weniger«, bekräftigte ein sichtlich unglücklicher Duellos. »Hinzu kommt, dass Falco lange Zeit in einem Arbeitslager gesessen hat, wo alles nach Routine abläuft. Ist Ihnen aufgefallen, welche Schwierigkeiten er hat, auf etwas Unerwartetes zu reagieren, und das allein schon bei einer Unterhaltung? Er ist nicht mehr mit Notsituationen konfrontiert worden, er hat keine Gefechte ausgetragen, er hat keinerlei Übung mehr darin, ein Schiff zu befehligen. Und das ist nur die geistige Seite. Körperlich ist er älter geworden, und er hat unter aufreibenden Bedingungen gelebt. Die Ernährung war schlecht, die medizinische Versorgung noch schlechter.«
»Als ich diese Flotte übernahm, lag mein letztes Kommando hundert Jahre zurück«, hielt er dagegen.
Diesmal grinste Duellos breit. »Aber nur aus unserer Sicht. Für Sie waren nur ein paar Wochen vergangen. Und verzeihen Sie, wenn ich es so geradeheraus sage, aber Captain Falco hat mit Ihnen nur eine einzige Sache gemeinsam, nämlich das Rangabzeichen.«
»Freut mich, das zu hören«, gab Geary zu und lächelte dabei, um erkennen zu lassen, dass er das indirekte Kompliment nicht allzu ernst nahm. »Dann glauben Sie, Falco wird überhaupt nicht in der Lage sein, ein funktionierendes Kommando zuführen?«
Duellos schüttelte grimmig den Kopf.
»Und was werden diese Schiffe dann machen? Zum glorreichen Sturm auf die Syndik-Flotte blasen, von der sie dann in Stücke gerissen werden?«
Einen Moment lang betrachtete Duellos mit ernster Miene die Sterne auf dem Display.
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