020 - Im Todesgriff der Schreckensmumie
Durch die Wucht
des Anlaufs flog der Amerikaner förmlich in die stickige Wohnung. Er vernahm
sofort die schwachen Geräusche hinter der Tür am anderen Ende des Flures, und
ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, riss er sie auf. Was sich seinen Augen
bot, würde er sein ganzes Leben nicht mehr vergessen.
Auf dem Boden lag rücklings die Schwester von Jonathan Wintersley. Der
Gelehrte hockte über ihr, und seine großen, adrigen Hände umspannten den
faltigen Hals der Frau.
Mit einem Griff riss Larry den Wissenschaftler herum. Es erstaunte ihn, mit
welcher Gewalt der Greis seine Finger um den Hals seines Opfers klammerte.
Dr. Fock stand bleich und stumm auf der Schwelle.
»Kümmern Sie sich um die Frau, Doktor!«, stieß X-RAY-3 hervor, während er
den tobenden und um sich schlagenden Wissenschaftler auf die Seite drängte, ihn
austoben ließ und die Schläge abblockte. Wintersley stöhnte, ächzte, seine
Haare hingen wirr in die Stirn, und in seinen Augen flackerte der helle
Wahnsinn.
Doch Larry bändigte den Gelehrten, legte ihn einfach auf den breiten,
weichen Diwan, stemmte beide Arme des Tobenden zurück und ließ ihn zappeln. Aus
den Augenwinkeln heraus nahm der Agent wahr, dass sich Dr. Fock um die
Schwester des Professors kümmerte. Sie sah aus, als wäre eine Horde Wilder über
sie hergefallen. Die Schürze hing nur noch in Fetzen an ihrem Körper, das Kleid
darunter war zerrissen, ihr Hals blutunterlaufen.
Sie atmete kaum.
»Wir hätten keine Minute später kommen dürfen«, sagte der Arzt benommen.
»Sie ist nur bewusstlos.« Er warf einen Blick hinüber zu Wintersley, der
langsam ruhiger wurde. Seine Bewegungen ermatteten und sein Kopf fiel auf die
Seite. Die Lippen des Gelehrten zitterten.
»Ann?«, fragte er mit dumpfer Stimme, und seine glänzenden Augen nahmen den
schlaffen und reglosen Körper auf dem Teppich nur verschwommen wahr. »Was ist
geschehen?« Er sprach so leise, dass Larry Mühe hatte, ihn zu verstehen.
Dr. Fock erhob sich, kam zum Diwan herüber und fühlte den Puls des
Patienten.
»Sie sind noch da, Doktor? Aber Ann hat doch die Tür hinter Ihnen
geschlossen und ...« Die Blicke des Arztes und Larry Brents trafen sich.
»Wie lange behandeln Sie ihn schon, Doktor?«, wollte X-RAY-3 wissen.
»Es ist ein Zeichen völliger Überarbeitung. Ich habe ihm empfohlen, einen Nervenarzt
zu konsultieren. Er hat es zwar eingesehen, aber bis zur Stunde nichts
unternommen. Angefangen hat es schon vor längerer Zeit – seit seiner Rückkehr
aus Ägypten. Aber diese bizarren Formen, diese Veränderungen seines Wesens,
zeigen sich erst seit drei oder vier Tagen.«
Professor Wintersley stöhnte. »Ich wollte Ann töten, nicht wahr?«,
stammelte er. »Gestern Abend war es ähnlich – ich habe es heute Morgen bei der
Untersuchung verschwiegen. Es kam ganz plötzlich über mich. Ich habe noch
niemals jemanden so abgrundtief gehasst und noch niemals jemand so hässlich und
abstoßend gefunden wie meine Schwester. Es kam ein Gefühl des Ekels über mich.
Ich glaubte zu ersticken, Doktor. Ich musste mir Luft schaffen, und ich glaubte
zu wissen, wie ich das bekommen konnte: Durch den Tod meiner Schwester. Ich
musste sie töten, um ...« Er brach abrupt ab und merkte, dass er zu viel
gesprochen hatte, dass außer dem Arzt ein Fremder im Raum war. »Wer ist das?
Wen haben Sie da in mein Haus gebracht?« Wintersleys Stirnader schwoll an.
Larry erhob sich. »Mein Auftrag ist es, Sie vor Schaden zu bewahren. Mir
scheint, ich bin zum rechten Zeitpunkt aufgetaucht. Sie stehen unter der Gewalt
von Mächten, denen schon vier Ihrer Kollegen zum Opfer fielen. Bis zur Stunde
wurde nicht geklärt, auf welche Weise der Tod wirklich eintrat. Ich bin hier,
um weiteres Unheil zu verhindern und muss mich mit Ihnen unterhalten. Wir
wissen, dass die Geschehnisse unmittelbar mit der Forschungsreise
zusammenhängen, die Sie im letzten Jahr mit Ihrem Kollegen Eldin Jameson
unternahmen. Wir wissen, dass das Buch der Schwarzen
Göttin ...«
»Schweigen Sie«, rief der Professor, dann sah er auf Dr. Fock. »Wie kann
ich Ihnen glauben, wie vertrauen? Ich muss jeden, den ich nicht kenne, als
meinen Feind ansehen. Ich ...«
Larry reichte ihm den Ausweis, der ihn als PSA-Agenten auswies. Das kleine
graue, mit einer kratz-, bruch- und feuerfesten Folie überzogene Kärtchen trug
sein Bild und die notwendigsten Hinweise, die einen Außenstehenden in das
Aufgabengebiet der PSA einweihten. Diese Identitätskarten sollten nur
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