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020 - Zug der Verlorenen

020 - Zug der Verlorenen

Titel: 020 - Zug der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Parrish
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Wulfanen zu. »Ich kann etwas spüren. Es ist dieses fremde kalte Gefühl, das ich auch beim Zug gespürt habe. Und es kommt langsam näher.«
    »Verdammt«, knurrte Grath. »Seht ihr? Uns bleibt nicht viel Zeit. Wir müssen weiter, wenn wir nicht massakriert werden wollen.«
    Matt bedachte den Hünen mit einem eisigen Blick. Zu gerne hätte er widersprochen, aber er konnte nicht. So ungern er es sich eingestand - Grath hatte Recht.
    Rasch beugten sie sich noch einmal zur Quelle hinab und tranken in kleinen, beherrschten Schlucken. Niemand wusste zu sagen, wann sie wieder auf Süßwasser stoßen würden. Dann gingen sie daran, sich armdicke Knüppel zu suchen, mit denen sie sich notfalls verteidigen konnten - keine sehr ausgefeilten Waffen, aber immerhin besser als gar nichts.
    Die beiden Taratzen verzichteten darauf, sich mit Knüppeln auszustatten - im Ernstfall würden ihre Zähne und Krallen die besseren Waffen abgeben.
    Der Marsch wurde beschwerlicher, als sie es sich vorgestellt hatten. Nicht nur, dass sie sich ihren Weg durch wucherndes Unterholz bahnen mussten - das ständige Gefühl verfolgt zu werden nagte zusätzlich an ihren Nerven.
    Dazu kam schon bald quälender Hunger. Seit Tagen hatten sie nichts Vernünftiges mehr gegessen, ihre letzte karge Mahlzeit, die nur aus Wasser und Brot bestanden hatte, lag fast einen ganzen Tag zurück. Ihre Mägen begannen zu knurren, ihre Beine wurden schwach - doch unbeirrt gingen sie weiter, getrieben vom Drang zu Überleben.
    Aruula hatte die Führung der Gruppe übernommen. Ihre Fähigkeiten als Scout, die sie sich während ihrer Zeit bei Sorbans Horde erworben hatte, leisteten der Gruppe wertvolle Dienste.
    Ihr folgte Chip, dann kam Grath, dicht gefolgt von Matt, der den Hünen keinen Moment aus den Augen ließ. Hinter ihm ging Arzak. Dale schließlich bildete die Nachhut.
    Sie waren etwa zwei Stunden marschiert, als Dales feine Nase etwas witterte - allerdings nichts, das seine Vorsicht alarmiert hätte. Dafür brachte es seine Magensäfte zum Brodeln. Denn die Taratze roch frischen Fisch.
    Obgleich Dale ein vernunftbegabtes Wesen und vielen seiner Artgenossen in mancher Hinsicht überlegen war, gewannen in diesem Augenblick seine Instinkte die Kontrolle über ihn. Der quälende Hunger ließ in seinem Gehirn nur ein Bild entstehen: Fressen.
    Die Taratze ließ den Abstand zu den anderen größer werden. Es war nicht wirklich Futterneid, was sie dazu brachte, den Anderen nichts von ihrer Wahrnehmung zu berichten, eher die typischen Verhaltensmuster der Taratzen. Obwohl sie in Rudeln lebten, verfügten sie über einen ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb - und der ergriff in diesem Moment von Dale Besitz.
    Lautlos, um den Wulfanen nicht zu alar- mieren, wartete die Taratze ab, bis sich die anderen entfernt hatten. Dann schlüpfte sie ins dichte Unterholz, der Quelle des ver- führerischen Geruchs entgegen.
    Es dauerte nicht lange, bis sie auf eine kleine Lichtung stieß, in deren Mitte tatsächlich mehrere Fische lagen. Die meisten von ihnen zuckten noch, schnappten lautlos mit ihren Mäulern - offenbar waren sie eben erst gefangen worden.
    Wäre Dales Verhalten weniger in- stinktgesteuert gewesen, hätte er sich vielleicht gefragt, woher die Fische kamen. Vielleicht hätte ihm sein Gehirn Vorsicht signalisiert, vielleicht wäre er misstrauisch gewesen.
    So aber stürzte er sich blindlings und heißhungrig auf die leichte Beute, nur von dem Gedanken beseelt, seinen hungrigen Magen zu füllen.
    Seine Gier wurde ihm zum Verhängnis.
    In dem Moment, als die Taratze ihre scharfen Reißzähne in den klammen kalten Körper des ersten Fisches schlug, fiel ein dunkler Schatten aus dem Baum über ihr herab.
    Im letzten Moment nahm sie ihn wahr, fuhr kreischend herum und fuhr seine Krallen aus - zu spät.
    Im fahlen Licht der Sonne sah Dale etwas aufblitzen, das blitzschnell auf ihn zustach und ihm im nächsten Moment die Kehle durchschnitt.
    Ein roter Schwall brach aus der klaffenden Wunde hervor. Dale ächzte, würgte an seinem eigenen Blut, rang verzweifelt nach Atem - doch sein furchtbarer Gegner ließ nicht von ihm ab.
    Wieder und wieder stieß die blitzende Klinge herab…
    ***
    Dale war verschwunden.
    Niemand wusste zu sagen, wo die Taratze abgeblieben war - plötzlich war Dale nicht mehr da gewesen. Auch Arzak war ratlos. Der Wulfane war sicher, dass er das Verschwinden der Taratze hätte bemerken müssen.
    Sie standen vor einem Rätsel - und vor einem Problem.
    Nach Dale

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