020 - Zug der Verlorenen
der Nähe der Karawane aufgehalten zu haben. Je weiter sich Matt und seine Begleiter also entfernten, desto sicherer war es für sie.
Matt hörte Aruulas Keuchen, das heisere Schnauben von Arzak, die pfeifenden Laute, die Chip und Dale von sich gaben. Grath und sein Kumpel Nerk bildeten das Schlusslicht.
Die beiden blieben ein Problem. Es würde nicht lange dauern, bis Grath wieder Ärger machte…
***
»Grath«, presste Nerk hervor, während sie Hals über Kopf durch den Wald rann- ten. »Ich…kann…nicht…mehr…«
»Blödsinn«, stieß Grath keuchend hervor, ohne sich nach ihm umzudrehen. »Reiß dich zusammen, Mann!«
»Es…geht…nicht…Seitenstechen…kann nicht…«
»Was soll das? Willst du als Fischfutter enden?«
»B…bitte hilf mir, Grath…!«
Nerk konnte fühlen, wie seine Beine schwer und schwerer wurden. In seiner Seite pulsierte der Schmerz, und sein Herz pochte so heftig, dass er das Gefühl hatte, es wollte seinen Brustkorb sprengen. Heftiger Schwindel überkam ihn.
Er wurde langsamer, fiel zurück.
»Grath! Bitte…!«, keuchte er - doch sein ehemaliger Anführer drehte sich nicht einmal nach ihm um.
Aus dem Augenwinkel heraus sah Grath, wie Nerk langsamer wurde und den Kontakt zur Gruppe verlor - doch er dachte nicht daran, umzukehren und ihm zu helfen. Wenn er Nerk durch den Wald schleppte, würde er dabei nur seine eigene Kraft verbrauchen - und die brauchte er nun mal zum Überleben.
Für Grath lagen die Dinge denkbar einfach. Er hatte Nerk eine Chance verschafft, seinen Hals zu retten. Wenn der Idiot zu träge war, diese Chance zu nutzen, war das allein sein Problem. Für Grath war der Fall damit erledigt. Er hatte getan, was er konnte.
Mit unvermindertem Tempo rannte der Hüne weiter - sein Kamerad blieb hinter ihm zurück.
»Grath!«, rief ihm Nerk mit keuchender, halb erstickter Stimme hinterher. »Bitte hilf mir…« Doch schon im nächsten Moment war Grath im hohen Buschwerk verschwunden und nicht mehr zu sehen.
Nerk verlangsamte seinen schleppenden Schritt, blieb keuchend stehen.
Er sank vornüber, stützte sich auf seine Knie, rang keuchend nach Atem. Alles was er brauchte, war eine kleine Pause. Danach würde es ihm gleich besser gehen, und er würde die anderen wieder einholen. Im weichen Boden war ihre Spur leicht zu verfolgen.
Nerk riss einen Streifen von der zer- schlissenen Tunika ab, die er trug, und band ihn sich um den Kopf, um den Schweiß zurückzuhalten, der ihm in Strömen herab rann. Sein Pulsschlag beruhigte sich etwas, und auch der Schwindel legte sich ein wenig.
Jetzt erst wurde Nerk bewusst, dass er allein war - allein in einem fremden, feindseligen Wald, in dem mörderische Bestien hausten.
Er fühlte, wie sich seine Nackenhaare sträubten, und blickte sich furchtsam um. Im selben Moment glaubte er etwas zu hören - ein leises Zischen, das aus dem nahen Dickicht zu kommen schien.
Instinktiv wich Nerk zurück. Die grüne Blätterwand, die ihn zu allen Seiten umgab, erschien ihm mit einem Mal unheimlich und bedrohlich. Er hatte das Gefühl, dass tausend Augen ihn daraus anstarrten.
Von jäher Furcht ergriffen fuhr er herum und begann zu laufen, dorthin wo Grath und die anderen verschwunden waren. Mit fliegenden Schritten rannte er durch das Unterholz, folgte dem Pfad, den die anderen Flüchtlinge hinterlassen hatten - um schon nach wenigen Metern verwirrt stehen zu bleiben.
Vor ihm lag eine von Farn überwucherte Lichtung, auf der es keine Spuren gab - das dichte Meer der Blätter hatte sich wieder geschlossen, nachdem Grath und die anderen es passiert hatten.
Nerk spürte, wie Panik in ihm hochkam. Gehetzt hielt er Umschau, versuchte herauszufinden, welchen Weg die anderen genommen hatten.
Plötzlich hörte er wieder das Geräusch hinter sich und rannte los, kopflos, blindlings, getrieben von nackter Angst.
Er hatte plötzlich das Gefühl, etwas sei ihm dicht auf den Fersen.
Nerk durchpflügte das Blätterwerk, das ihm bis an die Hüften reichte - und trat plötzlich ins Leere. Der Boden unter seinen Füßen gab nach, es gab ein markiges Knirschen - und mit einem dumpfen Aufschrei des Entsetzens kippte Nerk in die Tiefe.
Das Grün des Waldes flog an ihm vorbei, wich feuchter Dunkelheit. Nerk merkte, wie er stürzte, riss instinktiv die Hände vors Gesicht - um einen Herzschlag später hart aufzuschlagen. Fluchend und jammernd raffte sich der geflohene Sklave auf die Beine.
Seine Erleichterung darüber, dass er sich bei dem Sturz
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