0201 - Im Zentrum des Schreckens
doch.«
»Lüg doch nicht. Sonst isst du immer mehr als heute. Du hast etwas, Suko.«
»Klar. Dir würde es auch nicht schmecken, und dir schmeckt es auch nicht, obwohl du dich zwingst, zu essen.«
Der Chinese schob seinen Teller zurück. »Ich war selten in meinem Leben so unruhig wie heute, das kannst du mir glauben.«
»Das Kreuz?«
»Ja. John hat es verloren. Sie haben es ihm abgenommen. Keiner weiß, wo es sich befindet. Ich glaube nicht daran, dass Costello es noch hat. Sicherlich befindet es sich bereits in den Händen von Solo Morasso. Jetzt hat er alle Trümpfe. Den Bumerang, den Würfel des Unheils und auch das Kreuz. Damit kann er sich zum Höllenherrscher aufschwingen.«
»Malst du da nicht zu schwarz?« fragte Shao.
»Kaum. Du weißt selbst über das Kreuz Bescheid und auch darüber, welche Macht und Kraft es besitzt. Zudem kann Morasso es anfassen, das darfst du nicht vergessen. Er ist ein Menschdämon, eine gefährliche Mischung, wie sie noch nie vorher erschaffen wurde.«
»Dann ist er unbesiegbar?«
Suko hob die Schultern und bemerkte, wie seine Partnerin fröstelte. Deshalb formulierte er die Antwort anders.
»Unbesiegbar ist wohl keiner. Es ist zumindest schwer, gegen Dr. Tod zu gewinnen, sagen wir mal so.«
»Ja, das sehe ich ein.« Auch Shao schob ihren Teller zur Seite. »Sollen wir John nicht zu uns holen?«
»Das wird kaum Zweck haben. Er wollte ja allein bleiben. Ich verstehe das auch. Er muss es erst einmal überwinden, ohne seine stärkste Waffe dazustehen.«
»Ja, da hast du recht.«
Einige Minuten vergingen schweigend. Als das Telefon schrillte, zuckte Shao zusammen. Suko stand blitzschnell auf und hatte den Hörer schon abgenommen, bevor es zum zweiten Mal klingelte. Er erwartete, John Sinclair zu hören, war allerdings überrascht, als Sir James Powells Stimme an sein Ohr drang.
»Wo befindet sich John Sinclair?« fragte der Superintendent sofort.
»In seiner Wohnung, Sir.«
»Nein, da ist er nicht.«
Suko lief es bei dieser Antwort kalt über den Rücken. »Da ist er nicht? Aber wir haben uns doch…«
»Jedenfalls meldet er sich nicht auf meinen Anruf. All right, dann sage ich es Ihnen. Durch Zufall sind von einem Nachtwächter drei Tote gefunden worden. Die Leichen lagen in einer leerstehenden Fabrikhalle in der Nähe des Hafens. Sie müssen etwas mit dem Überfall auf John Sinclair zu tun gehabt haben, denn bei einem der drei haben wir die Beretta des Oberinspektors gefunden.«
»Und die Männer sind tot?« fragte Suko entsetzt.
»Ja, sie wurden erschossen.«
»Costello löscht alle Spuren.«
»Genau. Jetzt aber zu Sinclair. Hat er Ihnen gesagt, wo er hingegangen ist?«
»Nein, Sir, er wollte allein bleiben und auf Ihren Anruf warten.«
»Ich mache mir Sorgen. Sehen Sie mal nach, Suko, und rufen Sie mich dann an.«
»Das geht in Ordnung, Sir.« Suko legte auf.
Shao hatte sich neben ihn gestellt und so einen Teil des Gesprächs mitbekommen.
»John ist nicht da?« Der Chinese nickte.
»Aber wo kann er nur sein?«
Da hob Suko die Schultern. »Ich weiß es nicht, wirklich nicht. Da ist irgendetwas passiert. Ich muss rüber.«
Suko drehte sich um und holte den Zweitschlüssel zur Wohnung seines Freundes. Es waren nur ein paar Schritte über den Gang. Shao wollte mit, doch Suko schüttelte den Kopf.
»Nein, bleib du lieber hier, es ist besser so. Wenn etwas passieren sollte, habe ich dich aus dem Gefahrenbereich.«
»Wenn du meinst…«
Suko nahm nicht nur den Schlüssel mit, sondern auch seine Waffen. Die Beretta hatte er schon gezogen. Er hielt sie in der rechten Hand, mit der linken hatte er die Tür aufgeschlossen. In der Wohnung war es still. Suko spürte, dass etwas geschehen war, denn ihm erschien die Stille nicht normal, sondern unheimlich. Er wagte kaum zu atmen, als er durch die schmale Diele schlich. Die Tür zum Wohnraum stand offen. Auf der Schwelle blieb Suko stehen und hatte einen freien Blick. Er sah sofort den Schrank, wo der Kelch des Feuers stand. Die Tür war geöffnet. Suko blickte auf den Kelch. Aus welchem Grunde hatte John Sinclair die Tür geöffnet? Wollte er an den Kelch?
Tief atmete der Chinese ein und ging langsam vor. Ein Kampf hatte nicht stattgefunden. Nichts wies darauf hin. Alles war normal. Auf dem Tisch stand noch ein Glas, an dessen Innenwand letzte Bierschaumreste klebten. Der Chinese verstand nichts. Es gab auch keine Spuren, aus denen er einen Tathergang hätte nachvollziehen können. Alles war so seltsam, so
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