0201 - Sternstation im Nichts
reagieren.
Unter irgendeinem fremdartigen Einfluß hatten sich hier jedoch die Verhältnisse geändert. Zur Sättigung der innersten Schale bedurfte es jetzt nicht mehr zweier, sondern nur eines Elektrons.
Wasserstoff besaß dieses Elektron. Seine Elektronenbahn war besetzt, und zur chemischen Reaktion besaß er nicht mehr Triebkraft als das irdische Helium. Er konnte sich nicht mehr mit Sauerstoff verbinden, um Wasser zu erzeugen, ja, er machte die schon vollzogene Verbindung zunichte, indem er sich verflüchtigte und durch die Wände solider Behälter diffundierte. Conrad war völlig sicher, daß man an Bord der CREST II den Tank überprüft hatte, bevor er mit dem Flugwagen aufbrach.
Während er über der niederschmetternden Erkenntnis grübelte, kam ihm plötzlich ein erschreckender Gedanke. Er sprang auf und fing an, sich zu betasten. Ein paar Minuten lang war er vollauf damit beschäftigt, mit Zeigefinger und Daumen seine Haut zu zwicken und die Druckstellen zu beobachten, die dabei entstanden. Erst als die Panik verflog, erkannte er den Unsinn seines Verdachts und fing ärgerlich an zu lachen. Wenn sein Körper kein Wasser mehr enthielt, wäre er aus der Bewußtlosigkeit nicht erwacht.
Er setzte sich wieder hin und dachte darüber nach, wie dieses Phänomen zu erklären sei. Das Wasser im Tank war verschwunden. Die Flüssigkeit in seinem Körper war dagegen noch vorhanden. Es galt zunächst zu bedenken, daß fast aller Wasserstoff eines organischen Körpers in großen Molekülen gebunden ist. Es erschien durchaus möglich, daß die merkwürdige Veränderung die den freien und den im Wasser gebundenen Wasserstoff betroffen hatte, den in organischen Verbindungen enthaltenen nicht betraf.
Es gab auch die Möglichkeit, daß Einflüsse, die von der lebenden Materie ausgingen, dem zerstörerischen Fremdeinfluß entgegen wirkten und ihn zunichte machten. Conrad konnte darüber wenig sagen, dazu verstand er von der Materie nicht genug. Vorläufig jedoch genügte es ihm zu wissen, daß er trotz der merkwürdigen Umwandlung noch am Leben war und außer einem brennenden Durstgefühl, das er sich womöglich nur einbildete, keinerlei Beschwerden empfand, ob das so bleiben würde, wußte er nicht zu sagen.
Er schaute in die Höhe und sah, daß der Sturm an Kraft verloren hatte.
Die Nachricht vom Verschwinden allen Wassers hatte an Bord der CREST II wie eine Bombe eingeschlagen. Aber die Erkenntnis, daß sich der Verlust mit den an Bord befindlichen Mitteln nicht beheben ließ, traf die zweitausend Mann mit noch viel nachhaltigerer Wucht.
Die wissenschaftliche Abteilung hatte den Versuch unternommen, Wasser aus seinen - Bestandteilen herzustellen und die leeren Tanks wieder zu fühlen. Sauerstoff und Wasserstoff gab es an Bord in Hülle und Fülle. Es erschien ein Kinderspiel, den Mangel zu beheben. Der Versuch mißlang jedoch. Eine hastige Analyse zeigte, daß es sich bei dem verwendeten Wasserstoff um eine bislang unbekannte Version jenes einfachsten aller Grundstoffe handelte, die die Reaktionsträgheit eines Edelgases besaß.
Neunhunderttausend Lichtjahre von der Heimat entfernt, ein Erzeugnis modernster Technologie, hatte die CREST II mit demselben Problem zu kämpfen, das Jahrhunderte zuvor so manchem irdischen Segler zum Verhängnis geworden war.
Bert Hefrich war der erste, der vom Fehlschlag des Experiments erfuhr. Er leitete die Nachricht sofort an den Kommandostand weiter, und während er noch darüber grübelte, welcher Effekt das Wasserstoffatom in ein so widerspenstiges Gebilde verwandelt haben könnte, erreichte ihn über Interkom ein Befehl des Administrators. Perry Rhodan forderte den Chefingenieur auf, zum Kommandostand zu kommen. Dort wurde Hefrich mitgeteilt, daß Icho Tolot, der Haluter, in der Angelegenheit um Rat gefragt werden sollte. Der Administrator hatte sich seinen Chefingenieur als Begleiter. Für dieses Unternehmen ausgesucht.
Icho Tolot bewohnte eine Reihe von Räumen in einem Winkel des Kommandostanddecks. Man hatte sie eigens für ihn hergerichtet und so ausstaffiert, daß er die Abwesenheit von seiner Heimatwelt nicht allzu deutlich zu spüren bekam.
Die beiden Besucher waren angemeldet. Die Tür zu Tolots Empfangsraum, so hoch und breit wie das Hauptportal einer Kathedrale, stand offen. Bert Hefrich sah den Haluter im Hintergrund des gewaltigen Raumes stehen und unterdrückte das Gefühl instinktiven Unbehagens, das ihn jedesmal befiel, wenn er Icho Tolot zu sehen bekam.
Icho
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