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0203 - Die Geisterfrau

0203 - Die Geisterfrau

Titel: 0203 - Die Geisterfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sein, das Sie alle nicht wahrhaben wollen«, sagte Zamorra leise.
    Er schloß seine Hände um die bauchige Weinflasche und formulierte einen altlateinischen Zauberspruch. Kaum hatte er die letzte Silbe ausgesprochen, begann sich die Flasche stark zu erwärmen.
    »Was machen Sie da, Professor?« fragte Sir Winston überrascht.
    Zamorra hielt ihm die Flasche entgegen. Der Lord berührte sie und zuckte zurück. »Das kocht ja«, stieß er hervor.
    Seltsame Dämpfe stiegen aus dem offenen Flaschenhals. Dann ließ die Hitze überraschend nach. Als Zamorra die Flasche umdrehte, rann kein Tropfen mehr heraus.
    »Schade«, sagte er. »Ich hatte gehofft, den Wein mit meinem Zauber wieder zurückverwandeln zu können. Aber offenbar hat unser Gespenst einen anderen Zauberspruch verwendet, als ich dachte. Schade um den guten Tropfen.«
    Sir Winston schüttelte den Kopf. »Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte…«
    Zamorra lächelte.
    »Hier unten ist es doch ein wenig staubig«, sagte er. »Wir könnten die Weinprobe oben in der Bibliothek durchführen…«
    »Das ist eine gute Idee«, stellte Sir Winston fest. »Aber den Wein holt Patrick aus dem Keller. Dann habe ich wenigstens jemanden, den ich anschnauzen kann, falls sich wieder Blut in der Flasche befinden sollte.«
    ***
    Er ist gefährlich, wisperte es aus den Tapeten und den Falten der Vorhänge. Fast hätte er mich erwischt.
    Aber sie ist nicht ungefährlicher. Sie provoziert. Es muß etwas geschehen.
    Es wird etwas geschehen, knisterte Zeitungspapier die Erwiderung. Es könnte sein, daß wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen können.
    Dann laß uns nicht länger zögern. In der Nacht sind wir stärker, aber so lange sollten wir nicht warten. Wir müssen schnell sein.
    Schnell und stark. Vereint wird es gelingen.
    »Dieses Rabenaas«, murmelte Lady Beatrice verdrossen. »Diese Schlampe muß so schnell wie möglich aus dem Castle verschwinden, ehe sie Winston endgültig den Kopf verdreht!«
    ***
    »Und Sie sind wirklich sicher, daß es sich um ein Gespenst handelt?« fragte Sir Winston. Er saß in einem hochlehnigen Stuhl neben dem Kamin in der Bibliothek, in der eine Unmenge von Büchern ein ungelesenes Dasein fristete – sämtliche Werke durchzuschmökern, verlangte wahrscheinlich ein ganzes Menschenleben, vermutete Zamorra, der auch nicht alles restlos gelesen hatte, was sich im Château Montagne Buch schimpfte. Die meisten Werke kannte er nur vom Inhaltsverzeichnis oder kapitelweise her, und die Inhaltsverzeichnisse waren auf Stichwortabruf in seiner Computer-Anlage gespeichert.
    Nicole und Zamorra hatten sich dem ergrauten Lord gegenüber in Sesseln ausgestreckt.
    »Auf jeden Fall eine spukartige Erscheinung«, erklärte Zamorra und nippte an dem Wein, den Patrick aus dem Keller geholt hatte. Diesmal war es tatsächlich Wein, und Zamorra genoß ihn tropfenweise. »Sind Sie wirklich sicher, daß Sie kein Gespenst im Haus haben?«
    Sir Winston drehte den Kopf zu Patrick, der neben dem Lehnstuhl seines Herrn stand, als habe er einen Ladestock verschlungen und sei jetzt zum aufrechtesten aller Gänge verurteilt.
    »Patrick, sind wir sicher?«
    »Wir sind, Sir«, versicherte Patrick ernst. »Gestatten Sie mir eine Bemerkung?«
    »Nur zu«, ermunterte Sir Winston.
    »Nun, Sir, so möchte ich mich zu der Feststellung herablassen, daß es sich bei dem Vorfall im Weinkeller um einen Taschenspielertrick gehandelt haben könnte. Die Künste der Gaukler, Illusionisten und Scharlatane halten heutzutage sogar den Nachprüfungen modernster Technik stand, wie man hört. Vielleicht haben der Professor und seine Begleiterin Sie mit einem Trick abgelenkt, um die Flasche zu vertauschen und…«
    Nicole unterbrach ihn fingerschnipsend. Irritiert drehte Patrick den Kopf.
    »Patrick, kommen Sie doch bitte näher«, säuselte Nicole. »Ich möchte Ihnen in die Fresse hauen.«
    »Mademoiselle!« entfuhr es Patrick. »Ich bin empört! Sir Winston, ich möchte Sie ersuchen…«
    »Ich weiß schon, was ich zu tun habe«, sagte Winston Pendrake und winkte heftig ab. »Sie waren unhöflich, Patrick, wenngleich ich auch feststellen muß, daß die Wortwahl der jungen Dame etwas unangemessen erscheint.«
    »Sie entschuldigen mich bitte«, murmelte Patrick gepreßt. »Ich glaube, Mylady klingelte soeben nach mir.«
    Winston Pendrake sah ihm nach und schmunzelte. »Auch eine Methode, sich zu empfehlen«, sagte er und wurde sofort wieder ernst. »Ich bin mir nicht restlos sicher,

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